Es war der große Skandal bzw. das, was man halt in Österreich für einen Skandal hält: Gerald Gross veröffentlichte auf Instagram ein Foto von Vizekanzler Werner Kogler bei McDonalds.

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Daraus entsprangen zahlreiche Debatten:

Ich möchte jetzt noch einiges ergänzen, was in der ganzen Debatte unterging:

1.) Darf ein Politiker zu einem Gastro-Unternehmen gehen, das sich am Steuerumgehungsmodell Double-Irish-with-a-Dutch-Sandwich beteiligte wie eben McDonalds ? Meiner Meinung nach ja, weil es sich eben um Steuerumgehung handelt, also legale Steuerminimierung, und nicht um illegale Steuerhinterziehung. Wenn Länder wie Irland und Holland Steuerschlupflöcher aufmachen, dann muss man damit rechnen, dass Konzerne sie nutzen, alleine schon aus Konkurrenzgründen: wer derartige Steuerumgehungsmodelle nicht nutzt, kann in einen gefährlichen Konkurrenznachteil kommen im Vergleich zu Konzerne, die sie nutzen.

Ein verschwiegener weiterer Aspekt ist die Frage der Weitergabe: nutzte McDonalds die niedrigen Steuersätze, um den Konsumenten niedrige Preise zu bieten, bzw. die Preise niedrig zu halten, was ohne Steuerumgehung nicht möglich gewesen wäre ? So gesehen wären dann die europäischen Konsumenten die Profiteure der Steuerumgehung von McDonalds, und nicht der Konzern.

Natürlich gibt es bei den Grünen einen antikapitalistischen und einen antiamerikanischen Flügel, die in Konzernen wie McDonalds prinzipiell das allerschlimmste Über der Welt erblicken. Aber ich glaube nicht, dass Kogler dazugehört.

2.) McDonalds haben fast standardmäßig WLAN. Für privilegierte Minister und Parlamentarier mag das keine Rolle spielen, und für privilegierte Journalisten auch nicht, aber es gibt tatsächlich Leute, für die das Gratis-WLAN bei McDonalds eine der wenigen WLAN-Möglichkeiten ist, insbesondere am Wochenende.

3.) McDonalds ist so eine Art fordistische Gastronomie: in vielen McDonalds gibt es kein oder kaum Bedienungspersonal, man muss sich (oft) die Sachen selbst abholen, was auf der anderen Seite niedrige Preise ermöglicht. Das war einer der Konkurrenzvorteile, die McDonalds ermöglichte, den Marktanteil zu erreichen, den sie erreichten. Weiters ist McDonalds eine Lizenz- bzw. Franchise-Unternehmen, das Lizenzen an österreichische Gastronomen vergibt, die sie an Erscheinungsform und Produktpalette bindet, ihnen aber sonst freie Hand läßt (Öffnungszeiten, Jobs, Maximalkonsumationszeiten, etc.). Manche McDonalds bzw. manche McDonalds-Angestellte sind sehr obdachlosenfreundlich, manche sehr freeganerfreundlich (erlauben also, die Essenreste anderer zu essen).

Der niedrige Preis ist auch der Grund, warum es bei McDonalds im Unterschied zu vielen einheimischen Gastro-Unternehmen kein Verbot gibt, mitgebrachte Ware zu essen.

4.) Darf eine Partei wie die Grünen, deren große Teile sich sehr für Vegetarismus einsetzen, Fleischprodukte wie Burger essen ? Ich finde, schon, aber es kommt wohl auf die Menge an. Der Mensch hat einen gewissen Bedarf an Vitamin B, bzw. B12, den man nicht durch vegane Ernährung decken kann, sondern entweder nur durch Fleisch. Wurst, Fisch, Eier oder durch künstliche Zusätze, z.B. zu Sojamilch. Nun entsprechen weder Fleisch, etc. noch künstliche Zusätze, die oft industriell produziert sind, dem grünen Ideal. Also muss sich jeder Veganer zwischen diesen beiden abgelehnten Alternativen entscheiden.

5.) Generell muss ich an dem - Debatte kann man gar nicht sagen - Austausch von Gehässigkeiten zwischen Bohrn Mena und Gross sagen, dass er absolut maßlos war, und dass die Beiden dem jeweils Anderen nicht die kleinste Konzession, nicht das kleinste Lob, nicht die Kleinste Zustimmung abringen können. Das ist üblicherweise der Fall während Bürgerkriegen, und es scheint so zu sein, dass österreichische Politik der institutionalisierte Bürgerkrieg auf rhetorischer Ebene ist. Fellner als Linksjournalist macht bei diesem rhetorischen Bürgerkrieg oft mit, auch wenn er diesmal die "Hassprediger"-Vorwürfe von Bohrn Mena kritisierte.

6.) Die Kritik von Gross an der Doppelmoral der Grünen und an den Widersprüchen zwischen Wahlkampf und Koalitionsbildung (bei Minute 10:12) ist schon sehr scharfsinnig, mit Ausnahme der Verfassungsfrage bei der Sicherungshaft.

7.) Auch, was den Müll, der bei McDonalds anfällt, so ist nicht ganz unproblematisch, was Kogler macht. Allerdings kann man dadurch ja auch auf Ideen kommen, was die Verbesserungsmöglichkeiten betrifft. Verschiedene Ideen zur Müllvermeidung, auch bei McDonalds, kamen mir eben bei McDonalds.

Hier mein Quasi-Werner-Kogler-Solidaritäts-Burger-Essen, die Papierbecher verwende ich übrigens mehrfach, oft wochen- und monatelang.

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