Christian Hlade von Weltweitwandern: "Wir müssen dafür sorgen, dass nicht noch mehr Menschen in Nepal sterben!"

Der nachhaltige Reiseveranstalter Weltweitwandern ist seit rund 15 Jahren in Nepal engagiert. Jährlich kommen 20 Trekking- und Reisegruppen ins Land, au ßerdem wurde von Gründer Christian Hlade und seinem Team auch ein Kinderheim in einem Stadtteil von Kathmandu aufgebaut.

Das schwerste Erdbeben seit mehr als 80 Jahren, das am Wochenende die Gegend rund um die Stadt Kathmandu zerstört, geschätzte 10.000 Menschen getötet und Abertausenden die Heimat genommen hat, hat auch Weltweitwandern schwer getroffen: Zwei Reisegruppen, die vor Ort unterwegs waren, konnten zwar unverletzt in Sicherheit gebracht werden und werden in Kürze wieder zuhause sein. Doch das Heim für derzeit rund 50 Kinder wurde dem Erdboden gleich gemacht.

Ein Ausmaß der Verwüstung und der Not, die auch Geschäftsführer Christian Hlade hart trifft, der seit seiner ersten Reise 1983 mit Nepal verbunden ist. „Wir möchten nicht nur helfen, wir haben die Pflicht, die Betroffenen vor Ort unterstützen“, ist der Familienvater überzeugt. In welcher Form Weltweitwandern hilft, was gerade am Dringendsten gebraucht wird und wie man selbst aktiv werden können, darüber hat fischundfleisch mit Christian Hlade telefoniert:

Das Thema Nepal scheint deine Arbeit gerade komplett zu bestimmen. Worum geht es gerade genau und wie haben sich deine letzten Tage gestaltet?

Ja, ich bin ununterbrochen am Telefon. Einerseits um zu schauen, wie es Gästen und unserem Team vor Ort geht. Um immer wieder neue schreckliche Nachrichten zu kriegen. Nachdem wir sicher waren, dass es ihnen einigermaßen gut geht und unsere Urlauber in Sicherheit sind, müssen wir jetzt prüfen, was wir tun können. Derzeit geht es vor allem um Notfallshilfe. Wir haben über 100 Menschen vor Ort, Guides, Träger, Partner, und eine Organisation, die funktioniert, mit der wir arbeiten können. Wir haben Fahrzeuge, Schlafsäcke, Matratzen, Matten vor Ort lagernd, ... kurz, alles, was wir für diese Katastrophenhilfe im Moment braucht und einsätzen kann. Wir haben also eine unglaubliche Chance, hier wirklich zu helfen. Und genau das wollen wir tun.

Wir sind gerade dabei, Ärzte zu suchen, die am Wochenende nach Nepal kommen. Wir übernehmen die Kosten und die Organisation. Es haben sich sensationellerweise an die 20 Ärzte und Notfallsmediziner bei uns gemeldet! Das ist doch echt großartig! Wir schauen nun, dass diese sich über Emailverteiler selbst zusammenreden und untereinander koordinieren. Ausserdem haben wir ein Info-Schreiben für die Ärzte erstellt. Weitere Details kann ein Arzt aus Deutschland geben, der bereits mit Ärzten in Nepal in Kontakt ist. Er ist unser Ansprechpartner für medizinische Fragen.

Apropos Rotes Kreuz und andere Hilfsorganisationen. Wie eng ist die Zusammenarbeit vor Ort?

Ich meine Zusammenarbeit und Informationsaustausch ist gerade in der Phase des Wiederaufbaüs sehr wichtig! Deshalb haben wir intensiv versucht, Kontakte mit den anderen Reiseveranstaltern wie ASI, Diamir und Hauser in der Region zu knüpfen, aber auch mit den Hilfsorganisationen. Das Rote Kreuz hat in Kathmandu zwei Leute, die vor allem mit der Suche nach Vermissten und der Trinkwasserversorgung beschäftigt sind. Sie haben uns an Ärzte ohne Grenzen verwiesen, mit denen haben wir nun auch Kontakt aufgenommen und sogar schon ein Treffen ausgemacht, um uns für einen gemeinsamen, sinnvollen Wiederaufbau zu koordinieren. Ärzte ohne Grenzen war unglaublich kooperativ und informativ, sie haben auch bestätigt, dass unsere Aktion zusätzlich doch sinnvoll ist. Das hat mich beruhigt und bestärkt!

Du sprichst von der Aktion, als Weltweitwandern Ärzte zu organisieren, die nach Nepal fliegen?

Ja, denn die Hilfsorganisationen leisten zwar ausgezeichnete Arbeit, aber es sind Millionen Menschen von dieser Katastrophe betroffen. Ich denke, da ist es besser, noch weitere Leute im Einsatz zu haben. Der Eindruck der Menschen vor Ort ist nämlich ganz klar, dass nichts passiert, dass niemand da ist. Wie gesagt, die Hilfe existiert, keine Frage. Aber für die Betroffenen in Nepal kann es gar nicht genug Hilfe geben. Genau diese versuchen wir jetzt mit unseren Ressourcen und so gut es geht, so gut es sinnvoll ist, aufzustellen.

Wie sieht deine Rolle bei dem Ganzen aus? Wirst du nach Nepal fliegen oder hast du das Gefühl, hier besser eingesetzt zu sein und koordinieren zu können?

Ich bin besser hier eingesetzt. Ich glaube man ist dort derzeit fehl am Platz, wenn man kein Arzt ist.

Neben der Suche nach Ärzten und Notfallsmedizinern habt ihr aber auch ein Hilfslager aufgebaut. Was macht ihr sonst noch für die Betroffenen?

Nachdem wir unsere Gäste versorgt und so gut aufgehoben wissen wie es in der Situation möglich ist, geht es jetzt vor allem um Notfallshilfe. Ein Thema neben Lebensmittel und medizinischem Material ist das Trinkwasser. Wir kaufen alles, was es nicht gibt, gehen damit in die Dörfer und versuchen, den Leuten Essen und Trinken zu bringen. Wir möchten auch mit nepalesischen Ärzten vor Ort zusammenarbeiten. Die Gefahren von Krankheiten ist gerade derzeit unglaublich hoch, weil überall Leichen herumliegen. Dazu fängt es gerade an, in Strömen zu regnen – es ist Monsunzeit, also die denkbarst ungünstigste Zeit, im Freien zu schlafen. Deshalb haben wir Plastikplanen aufgespannt, um die Leute etwas zu schützen. Darüber hinaus haben wir unsere Zelte zu Verfügung gestellt, in denen unsere Kinder zu Vierzigst in übernachten.

Was können und sollen Menschen in Europa tun, um zu helfen?

In den ersten 3 – 5 Tagen ist die Betroffenheit der Menschen größten, also müssen wir jetzt so viele Spenden sammeln wie möglich. Was wir nicht benötigen sind Sachspenden. Ich habe gerade das 10. Mail bekommen, das besagt: „Ich habe alte Kinderjacken zuhause.“ Danke, aber das hilft leider nicht. Indien ist gleich neben Nepal und dort Kleidung zu kaufen ist immer noch günstiger, als Material aus Europa hinüber zu schicken.

Wir brauchen schlicht und einfach Geld, Geld, Geld. Damit können wir dort auch Sachen aus Indien oder China importieren - Blech, Metall, Beton, es muss ganz viel aufgebaut werden!

Weltweitwandern Spendenkonto - 100% der Spenden erreichen die Opfer! IBAN AT37 6000 0000 7361 5501BIC: OPSKATWWKennwort: WWW-Erdbebenhilfe Nepal

Nachdem wir gar nicht genug Geld für den Wiederaufbau bekommen können, haben wir auch schon Gespräche mit großen Unternehmen wie Zotter oder Magna geführt. Das buddhistische Zentrum in Graz macht bei der Aktion mit und viele mehr. Wir sammeln diese Gelder, weil wir vor Ort eine gute Struktur aufgebaut haben und gut vernetzt sind.

Ich habe das Gefühl, wir können etwas tun! Und ich will ja nicht nur Reisen abwickeln, sondern will in den Ländern, für die Menschen etwas tun. In Nepal haben wir die Ressourcen, wir können und WOLLEN und müssen etwas tun. Aber die Nothilfe ist kompliziert, damit haben wir uns vielleicht ein bisschen übernommen. Was wir jedoch gut machen können, das ist Aufbauarbeit zu leisten, das Kinderheim und andere Gebäude wieder zu errichten. Diese langfristige Hilfe ist weniger kompliziert. Im Moment und den nächsten Tagen aber geht es darum, dass nicht noch mehr Menschen sterben!

Danke für das Gespräch und alles Gute!

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