Wichtigmachen auf Facebook - Mei Bua hot grod an urdntlichn Schas olossn

Wenn Eltern Sätze wie den im Titel auf FB posten, muss das doch für das Kind einfach nur extrem peinlich sein. Was haben manche bitte für ein Mitteilungsbedürfnis? Angenommen, es gäbe kein FB: Würden dann die betroffenen Leute jeden in ihrer Kontaktliste anrufen und einem nach dem anderen die "tolle Botschaft" verkünden? Vermutlich nicht. Aber wehe, der auf FB gepostete Status bekommt nicht mehr als 10 Likes. Dann bin ich ja total uncool. Vielleicht beim nächsten Mal noch die Uhrzeit auf das Hundertstel genau dazuschreiben, damit dieser besondere Augenblick möglichst perfekt für die Geschichtsbücher festgehalten wird.

Stellt euch vor: Ihr bekommt einen Zettel vorgelegt, wo irgendein Satz oben steht. Mein Hund hat ein weißes Fell.Ihr lest diese Aussage und müsst euch innerhalb von 60 Sekunden entscheiden, ob ihr das auf FB postet oder nicht. Wenn z.B. 100 Leute bei diesem Experiment mitmachen würden - wie viele hätten dann wohl den Drang, das eben Gelesene der "halben Welt" mitzuteilen? Müsste ich das spontan schätzen, so würde ich sagen, dass höchstens 20 von 100 Leuten für den FB-Post wären.

Nehmt die obigen Zahlen nicht für bare Münze, dabei handelt es sich nur um eine heuristische Überlegung meinerseits. Oder auf Deutsch (für die, denen das im vorigen Absatz zu mathematisch war): Es würden sich wohl sehr wenige Porbanden für ein Statusupdate auf FB entscheiden. Das sind genau die, die offenbar keine anderen Sorgen haben, als wie jede Kleinigkeit dem Web zu "erzählen". Das Internet ist somit deren "Gesprächspartner Nummer 1". Nonverbale Kommunikation lässt grüßen...

Im echten Leben würden sie solche Details nicht sofort hinausposaunen. Wenn überhaupt - dann nur in Situationen, wo der Gesprächsstoff auszugehen droht. Ich glaube, dass die Betroffenen zu viel Wert auf die virtuellen Likes legen. Wie schaut das im RL aus? Du erzählst vom Fell deines Hundes. Dein Gesprächspartner könnte sagen "Cool, des gfoit ma a" (Like), "Okay, aber mir gefallen Hunde mit dunklem Fell besser" (Kommentar) oder "Mhm" (heißt so viel wie "Status gelesen, aber weder geliked noch kommentiert";). Das ist jetzt natürlich nur meine Meinung. Also wie ich die FB-Interaktionen zu einem Status in Form von Reaktionen, Gesten etc. im RL deuten würde. Wenn du das komplett anders siehst, ist das genauso legitim.

Nun zu dem Beispiel im Blogbild. Das war eigentlich der Grund, warum ich überhaupt die Idee für diesen Blog hatte. Es hat mich nicht direkt aufgeregt, sondern mir huschte nur ein "Wtf" über die Lippen, als sich mein Newsfeed auf Grund dieser Meldung aktualisierte. An alle, die Kinder haben: Würdet ihr als Eltern im Netz verkünden, dass euer Liebling ab "jetzt" die Straßen unsicher machen darf? Vermutlich nicht... Meine Eltern gehören Gott sei Dank nicht zu dieser Sorte von Menschen. Nach meiner Matura hat Mama ihre Mutter angerufen, um ihr zu sagen, dass ich es geschafft habe. Das war alles - es kam also zu keinem "Mein Sohn hat die Matura geschafft-Hype". Traf sie Bekannte auf der Straße, so hat sie von meiner Matura nur dann erzhählt, wenn sie gefragt wurde.

Ich habe unlängst beim Warten auf das Mittagessen geschaut, ob ich genug Bargeld dabei habe. Währenddessen erblickte ich meinen Führerschein und irgendwie dämmerte mir dann, dass ich ja "heute" vor ein paar Jahren die Fahrprüfung bestanden habe. Tatsächlich - als ich nachschaute, war es wirklich so. Sei "heute" = Tag X. Am Tag X im Jahr Y bekam ich den B-Schein. So lange bin ich schon Verkehrsteilnehmer... Alles schön und gut. Allerdings muss ich das glatt auf FB posten. "Heute vor Z Jahren habe ich den Führerschein erhalten". Ich dachte nicht einmal eine Sekunde an so eine Handlung. Das ist nicht das Meinige bzw. habe ich das nicht nötig. Was würde es außerdem bringen? Nichts. Womöglich würde einer einen blöden Kommentar als Anspielung auf "den Führer" darunter schreiben...

Zurück zur Situation im Blogbild. Die Posterin ist anfang 40 - kann ich einfach nicht glauben. Als ich meinen Führerschein bekam, habe ich mit damals 17 nichts auf Myspace gepostet. Zu der Zeit schrieb ich zwar auch viele andere unnötige Meldungen in das soziale Netzwerk. Aber inzwischen würde ich das nicht mehr machen. Deshalb ist es mir unerklärlich, wieso sich Erwachsene beim Posten auf FB oftmals wie Kinder verhalten. Müssen sie damit ihr Ego aufpeppen? Btw: Den ersten Kommentar zu dem Status finde ich gut, aber das war es schon wieder...

Ich kann mich noch an eine Situation erinnern, wo die Tochter ein Foto hochgeladen hat und in der Beschreibung ein englischer Spruch stand. Die Mutter schrieb darunter so etwas wie "Boah muast scho wieda in Englisch schreiben, Angeber". Es gab dann ein paar Kommentarwechsel zwischen Tochter und Mutter. Das Traurige: Die saßen zu dem Zeitpunkt mit 99%iger Wahrscheinlichkeit unter dem selben Dach und müssen sich über FB "unterhalten". Ein normales Gespräch ist scheinbar zu viel verlangt...

Wäre ich in der Situation die Tochter, so hätte ich mich wegen des Kommentars meiner Mutter ziemlich geniert. Was hinterlässt meine Mama für einen Eindruck, wenn man sie nicht persönlich kennt und dann so etwas auf FB sieht? Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass derartige Posts zu einem echt positiven Familienklima beitragen. Aus diesem Grund würde ich meine Eltern auf FB gar nicht adden. Muss ich ihnen etwas Wichtiges sagen, so mache ich das persönlich oder telefonisch. Bin ich gerade im Ausland, so könnte FB als Kommunikationsmedium natürlich nützlich sein. Aber das war es schon wieder. Wenn man jetzt nicht mehrere 1000 km voneinander entfernt lebt, gibt es doch genug andere Möglichkeiten, wie man mit seinen Eltern "richtig" kommunizieren kann.

Um das Beispiel im Blogbild zu verstehen, bin ich offenbar zu alt. Ich finde es dem Kind gegenüber unfair, wenn ich mich "auf seine Kosten" im Web wichtigmache. Was muss passiert sein, damit man solche Aktionen notwendig hat? All das ist für mich einfach nicht nachvollziehbar. Ich würde aus aktueller Sicht nicht einmal auf FB schreiben, wenn ich "jetzt" den Dipl.Ing. bekomme. Bisher habe ich bei genug Leuten gelesen, wie sie stolz ein Foto ihrer gebunden Bachelorarbeit hochgeladen haben und dazu nur BSc schrieben. Wenn man das seinen Leuten so mitteilen will, ist das okay. Jedem das seine. Aber ich finde so etwas wiegesagt überflüssig.

Vorgestern traf ich einen aus meiner ehemaligen Klasse. Wir verstanden uns super und jeder erzählte natürlich etwas vom Studium. Klarerweise sprachen wir auch über Manuel. Ich fragte meinen einstigen Mitschüler irgendwann ganz beiläufig, ob er schon im Master sei. Als er mit "ja" antwortete, gratulierte ich ihm so nebenbei zum Bachelor. Entscheidend war jedenfalls, dass er nicht schon bei der Begrüßung Dinge wie "Stell dir vor, seit X Monaten bin ich Bachelor" sagte. Er hatte es einfach nicht notwendig. Zufälligerweise kann ich mich nicht erinnern, dass er auf FB etwas über seinen ersten Titel geschrieben hätte. Für mich war es somit kein Wunder, dass wir uns nach wie vor recht gut verstehen (obwohl wir ihn den letzten Jahren nicht wirklich Kontakt hatten).

Im obigen Bild seht ihr ein noch ärgeres Beispiel. Das Blogbild war der Hauptgrund für diesen Beitrag. Doch als ich die "Handy-Aussage" auf der Startseite entdeckte, war mir klar, dass ich diesen Artikel schreiben muss. So nach dem Motto "Jetzt erst recht".

Was muss in einem vorgehen, dass man so etwas auf FB postet? Ich habe im Februar ein Smartphone erhalten und habe dazu keinen Status geschrieben. Wozu auch, was geht das die anderen an? Wenn ich mich mit jemandem treffe und der/die mein Handy sieht, wird er/sie ggf. etwas dazu sagen bzw. fragen.

Ich bekam erst mit 12 ein Handy. Verwendet habe ich es aber erst mit 13. Mir war es anfangs nicht besonders wichtig. Hätte es damals schon FB gegeben, so wäre von mir sicher kein Status wie "endlich habe auch ich ein Handy" gekommen.

Diesbezüglich möchte ich 3 Zeilen OT schreiben: So oft ich junge Leute auf der Straße sehe, haben die ihr Headset im Ohr. Wie soll man(n) unter diesen Umständen Frauen "normal" ansprechen, wenn sie sich für ihr Handy mehr interessieren als für das, was um sie herum passiert (also für ihre "Umwelt";)? Selbst beim Laufen habe ich keinen MP3-Player mit. Da höre ich lieber der Natur zu. Stellt euch vor, ihr joggt im Wald: Mit der Nase nehmt ihr den Waldgeruch wahr. Ihr hört das Zwitschern der Vögel, das Rascheln der Baumkronen etc. Ist es wirklich besser, wenn man darauf verzichtet und sich stattdessen "verkabelt"?

Um ein Resumee abzugeben: Wenn ich etwas auf FB poste, dann ist das mir persönlich wichtig. Z.B. ein Bild von einem Berglauf. Allerdings mache ich das nicht, um mich besser zu fühlen. Teile ich z.B. ein Foto vom Fraunz, so liked das meistens niemand. Na und? Es ist für mich aus irgendeinem Grund von großer Bedeutung. Ich finde es lustig und will durch den Klick auf "Teilen" andere zum Lachen bringen. Wenn das jemandem nicht passt, ist das alleine sein/ihr Problem.

Nun möchte ich noch auf eine Sache eingehe, die mir zuletzt besonders auffiel: Wieso müssen Leute schreiben, wo sie waren und wo sie morgen hinreisen werden? Offenbar steht man in gewissen Kreisen als "Looser" da, wenn man nicht 1x pro Woche ein Reisefoto postet... Die jeweiligen Herrschaften vergessen oft, dass solche Posts für potentielle Einbrecher ein gefundenes Fressen sind. Zahlt sich so etwas wirklich aus?

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irmi

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fischundfleisch

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