Kurz fordert „strengeren Vollzug“

hagerhard

Sprache ist verräterisch.

Die Diktion „strengerer Vollzug“ im Zusammenhang mit Arbeitslosen bringt diese sprachlich in die Nähe von Kriminellen und verrät einiges darüber wie er über Teile der Bevölkerung denkt.

Sozialschmarotzer und Taugenichtse.

Es geht also wieder gegen Arbeitslose.

Nicht zufällig sind alle Agenden die mit Arbeit zu tun haben in der neuen Regierungsaufteilung in den Zuständigkeitsbereich der ÖVP verschoben worden.

Aber der Reihe nach.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck war das Regelwerk der Zumutbarkeit schon in der Vorgängerregierung ein Dorn im Auge. Und in einem Standard-Interview (13.1.2020) sagt sie dann auch ganz deutlich:

Unsere Kunden sind die Unternehmen

Neo-Integrationsministerin Raab sagte zu "Österreich" (14.1.2020), dass sie die Zumutbarkeitsgrenze bei der Jobsuche für Asylberechtigte ausbauen möchte.

Die neue Arbeits- und Familienministerin, Christine Aschbacher, wollte sich im Ö1-Morgenjournal (16.1.2020) dann dazu nicht äussern.

Am Sonntag (19.1.2020) spricht dann der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, in der Pressestunde Klartext:

Beim Fachkräftemangel pocht Kapsch weiter auf den Zuzug von Arbeitskräften aus Staaten außerhalb der EU. Hierzulande kann er sich aber verschärfte Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose vorstellen.

Klar ist somit, dass die Verschärfungen der Zumutbarkeitsregelungen für Österreicher*innen und Asylberechtigte gleichermassen verändert werden sollen.

Bundeskanzler Kurz vernimmt den Zuruf vom Schwarzenbergplatz (Sitz der Industriellenvereinigung) und startet auftragsgemäss mit seinem Angriff auf Arbeitslose. Er fordert noch strengeren Vollzug beim Arbeitslosengeld für Menschen, die nicht arbeiten wollen.

Bei Arbeitnehmer*innen ist schon jetzt eine deutliche Zunahme von Saktionen zu beobachten.

Im Gegensatz zu Unternehmen. Da gilt der neue § 33a VStG „Beraten statt strafen“. Damit erhalten Abmahnungen und Belehrungen – bei weniger gravierenden Übertretungen – den Vorrang vor einer Strafe.

Fakt ist:

Zwischen 2016 und 2018 verdoppelten sich Kürzungen des Arbeitslosengeldes. Die Zahl der Sperren von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe ist 2019 erneut gestiegen. Das Arbeitsmarktservice (AMS) verhängte 145.671 Mal Sanktionen, um 12.251 Betroffene oder neun Prozent mehr als 2018.

Der erhoffte Effekt die Zahl der Arbeitslosen, bzw. auf die Dauer der Arbeitslosigkeit, blieb jedoch aus. Der seit 2016 zunehmend erhöhte Druck auf Arbeitssuchende trug somit nicht zur Reduktion der Arbeitslosigkeit bei.

Strengere Sanktionen bringen bekanntermassen keine zusätzlichen Jobs.

Im Gegenteil:

Es ist stark zu bezweifeln, dass derartige Massnahmen das Problem am Arbeitsmarkt überhaupt lösen kann.

Helmut Mahringer vom Institut für Wirtschaftsforschung etwa sagt: „Wir sehen in Studien, dass intensivere Beratung Arbeitslose effektiver in Beschäftigung zurückbringt als reduzierte Leistungen.“

Ein weiterer Vorschlag, um Arbeitslose zur Jobannahme zu bewegen:

Gute Einkommen, verbesserte Arbeitsbedingungen, planbare Arbeitszeiten, Respekt und Wertschätzung.

Rahmenbedingungen, die es in den möglichen Szenarien von IV und WKO offensichtlich nicht gibt.

Und schon gar nicht in der ganz eigenen Welt von Kurz und seiner „Schnöseltruppe“.

P.S.: Apropos

Während der Kanzler seinen Angriff auf Arbeitslose startet und so nebenbei für die Sicherungshaft eine Verfassungsänderung mit Hilfe der Grünen ankündigt, freut sich sein Vizekanzler in der Stadthalle auf das Handballmatch gegen Deutschland.

Das hätten Strache oder Hofer ebenso gut gekonnt.

Bis jetzt gibt es von Seiten der Grünen zu beiden Themen keine offizielle Stellungnahme.

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