Goethes Faust tritt mit folgenden den Worten das erste Mal auf:
Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Magister, heiße Doktor gar
Und ziehe schon an die zehen Jahr
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum –
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Faust ist alt. Faust ist hoch gebildet und nachdem er alles Wissen das es gibt konsumiert hat ist er so qualifiziert wie kaum jemand anderer jedes Problem der Welt zu bewältigen aber tut er das? Nicht wirklich, denn:
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab ich weder Gut noch Geld,
Noch Ehr und Herrlichkeit der Welt;
Es möchte kein Hund so länger leben!
Faust ist arm, hat irgendwie keine Schüler mehr weil er eigentlich keine haben will und hat keine Lust mehr zu leben.
Kommt uns das bekannt vor?
Die Welt ist ein eigenartiger Ort.
In einigen Science Fiction Serien gibt es immer wieder Folgen in denen neben hochmodernen steinzeitliche existieren und das als eigenartig verstehen.
Wir leben aber auf so einem Planeten und die entwickelte Welt hat sich seit der Moderne vorgenommen das zu ändern.
Uns erscheint das im Fernsehen als komisch, weil wir es als falsch empfinden und wir empfinden es als falsch, weil wir uns als Gesellschaft den Auftrag gegeben haben den Missstand der „Unterentwicklung anderer Völker“ zu ändern. Also studierten wir Recht und Wissenschaft und haben jetzt eine Lösung.
Und sie funktioniert nicht.
Wir schaffen es nicht die anderen Völker so zu machen wie wir sind und wir schaffen es nicht uns zum Lehrer der Welt zu machen.
Wir haben versagt als wir die anderen Völker unterworfen haben, mit dem Ziel sie zu entwickeln, wir haben versagt als wir sie frei sein haben lassen, wir haben versagt als wir versuchten sie sanft zu leiten, wir haben versagt als wir es über Kultur probierten und wir sehen gerade dass wir versagen, wenn wir sie zu uns holen.
Und wie Faust führt das zu einem Gefühl von Versagen und das führt dazu dass wir nicht mehr existieren wollen, nach dem Motto „Wenn wir nichtmal die Welt retten können, warum gibt es uns dann überhaupt? Haben wir dann überhaupt ein Recht zu existieren?“ Die Idee dass wir „Platz machen sollten für jemanden der es kann“ ist zu einem Credo, insbesondere der Linken geworden und witzigerweise sind es die Rechten die an der Mission festhalten.
Die Ironie ist dass, wie so oft, beide Seiten falsch liegen, genau wie Faust falsch lag. Das Problem ist die Mission, weil die Missionierten nicht missioniert werden wollen. Wir erkennen dass in unseren Fiktionen. In Avatar etwa erkennen wir ein „Recht auf Primitivität“ an das wir den Unterentwickelten auf unserer Welt nicht zugestehen wollen, das sie aber gern hätten.
Die Mission des Westens ist nun seit 300 Jahren diese quasifaustische Suche nach Wissen um die Welt zu retten. Diese Mission ist gescheitert, nicht weil wir versagt haben sondern weil sie unerfüllbar ist.
Diese Mission wird keine Gesellschaft so rasch versuchen zu wiederholen. Egal ob wir uns ändern oder ob wir ersetzt werden, das Ideal der Aufklärung, die Idee die Menschen in Harmonie zusammenzuführen ist gescheitert. Und das ist nur eine Tragödie, wenn wir beschließen sie weiterhin als solche zu behandeln.
Die Alternative?
Wird sich zeigen.
Gesellschaften stellen sich ständig neuen Herausforderungen. Manche wollten die Welt erobern, manche sie niederbrennen, manche wollen reich werden, andere heilig. Was bringt die Zukunft? Ich weiß es nicht, aber das Ziel „Alle Menschen auf den Gleichen Stand zu bringen“ wie es sowohl der Sozialismus und auch der Kapitalismus wollen ist gescheitert und unsere Nachfahren werden an einem anderen Ziel arbeiten und auch sie werden vermutlich Scheitern, denn am Ende des Tages sind Ideale nicht erreichbar, aber ich hoffe man wird auf uns zurückblicken als eine Kultur die, obwohl sie versagt hat, die Welt in Summe doch massiv verbessert hat, mehr als die Heiligen, die Plünderer und die Eroberer, denn unser Zeitalter war das Zeitalter der Gelehrten mit einem edlen Ziel, die nur eben, wie Faust, blöderweise depressiv und lebensmüde wurden.