Blut spenden rettet Leben. Wir alle kennen die Werbung des Roten Kreuzes, mit der wir dazu motiviert werden sollen, ein wenig unserer Zeit zu opfern und dazu beizutragen, dass lebenserhaltende Maßnahmen in Operationssälen gesetzt und wichtige Komponenten für die Medikamentenherstellung gewonnen werden können. Viele von uns zählen auch des Eigennutzes wegen zu den Blutspenderinnen und Blutspendern: das Paar Würstln ist es wohl weniger, das hier lockt. Auch die Auszeichnungen für die 25, 50. oder gar 100. Blutspende ist hier wohl eher symbolischer Natur. Jene, die einen Eigennutzen erkennen, sehen diesen wohl eher in der Gewissheit, dass das Blut auch untersucht und auf Wunsch zusätzlich ein Blutbefund erstellt wird, mit welchem man die Gewissheit bekommt, dass auch der eigenen Einschätzung entsprechend alles passt.

Damit sind wir auch schon bei einem wichtigen Punkt jeder Blutspende: die Eigeneinschätzung und damit die in gelebter Verantwortung auch für den anonymen Empfänger beziehungsweise die anonyme Empfängerin getroffene Entscheidung, dass das gespendete Blut ohne bekannte Risikofaktoren verwendet werden kann. Um es überspitzt zu formulieren: Es wird beantwortet, ob man sein Blut auch seinem Kind zumuten würde. So gesehen ist der Fragebogen, welcher zum Zeremoniell der Blutspende gehört wie das Fiebermessen und der weniger beliebte Stich in den Finger zwecks Eruierung des Hämoglobinwertes, eine sehr gute Hilfestellung. Punkt für Punkt wird in ihm nochmals verdeutlicht, dass es viele Faktoren gibt, welche gegen eine Blutspende sprechen können. Fragen nach dem persönlichen Wohlbefinden, Erkrankungen auch in der jüngeren Vergangenheit und dem Aufenthalt in Risikogebieten können als sehr hilfreiche Erinnerung daran empfunden werden, dass auch die bloße Wahrscheinlichkeit, Erreger zu bereits überwundenen oder auch gar nicht zum Ausbruch gekommenen Erkrankungen in sich zu tragen, fatale Auswirkungen auf den Empfänger beziehungsweise die Empfängerin haben könnten.

Dieser Fragebogen hat es seit einigen Jahren aber auch in sich und bietet Stoff für Diskussionen: Stutzt so mancher Mann noch kurz lächelnd bei der ohnehin lediglich an Frauen adressierten Frage nach dem Bestehen einer Schwangerschaft, so vergeht dieses belustigte Gefühl sehr rasch wenige Fragen später: Da werden Männer tatsächlich gefragt, ob sie als Mann schon Sex mit einem anderen Mann hatten. Wozu das? Ist männliche Bi- oder Homosexualität in den Augen des Roten Kreuzes etwas, das über eine Blutspende übertragen werden könnte und das es jedenfalls gilt zu verhindern? Sexuelle Ausrichtung außerhalb der gesellschaftlichen Definition von Normalität als übertragbare Krankheit? Und wenn dem so ist: wieso werden da lediglich Männer gezwungen, sich zu outen während bei Frauen die sexuelle Ausrichtung etwas bleiben darf, das der Intimsphäre des Menschen zugerechnet und geachtet wird als belanglos für die Qualität des gespendeten Blutes? Wohlgemerkt: diese Frage wird nur an Männer gerichtet unabhängig von der Frage, ob es sich um geschützten oder ungeschützten Geschlechtsverkehr handelt.

Es geht bei all den Fragen um die Sicherheit. Um Leben und Gesundheit der Empfängerinnen und Empfänger. So weit, so gut. Es wird niemand daher dafür eintreten können, dass während des Diagnosefensters bei den eingesetzten Tests zur Blutsicherheitskontrolle nicht nachweisbare Erreger sexuell übertragbarer Krankheiten riskiert werden in den Blutkonserven, weil darauf verzichtet wird, Risikogruppen anzusprechen und mit dem Verweis auf die Verantwortung des einzelnen Spenders und der einzelnen Spenderin auszuschließen. Allerdings stellt sich da die Frage: weshalb wird hier gezielt nach bi- und homosexuellen Männern gesucht, und zwar unabhängig davon, ob sie geschützten oder ungeschützten Verkehr miteinander haben? Ist bei heterosexuellen Menschen, welche doch ebenso den als besonders gefährlich für die Übertragung von HIV eingestuften Analverkehr praktizieren können, dieses Risiko als geringer einzustufen?

Diese Frage hat dieser Tage auch den Europäischen Gerichtshof unter der Aktenzahl C-528/13 beschäftigt. Welcher sich jedoch inhaltlich nicht festgelegt, sondern die Sache zurückverwiesen hat an das französische Verwaltungsgericht. Es bleibt somit offen, ob unsere Rechtsordnung diese Diskriminierung von bekennend bi- oder homosexuellen Männern weiter toleriert beziehungsweise sogar anordnet. Solange gilt wohl weiterhin: Blut spenden rettet Leben - außer es stammt von bekennend bi- oder homosexuellen gesunden Männern.

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