Die Jagdsaison auf Raucherinnen und Raucher ist wieder eröffnet

Ein Blick in die Zeitung zeigt: wir befinden uns also in einer neuen Runde des Feldzuges von Papa Staat gegen die Raucherinnen und Raucher. Da wird wieder mit Statistiken - wie war nochmals das berühmte Zitat im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit von Statistiken? - herumgeworfen und absolute Entschlossenheit der Politik demonstriert. In mehrlei Hinsicht bemerkenswert:

Natürlich ist es eine löbliche Aufgabe, wenn gesundheitlichen Argumenten gefolgt wird. Es ist tragisch, wenn man immer wieder im eigenen Bekanntenkreis mitbekommen muss, welche grauenhaften Auswirkungen die Tabaksucht haben kann: es beginnt mit den verfärbten Zähnen, geht über die fahle Hautfarbe und mündet oftmals in qualvolle Erkrankungen wie den viel zitierten Lungenkrebs oder das Raucherbein. Menschen, die nach längerer Pause wieder an einem Glimmstengel ziehen, berichten, dass sie es sogar in jede Faser ihres Körpers hinein spüren können, dass der inhalierte Rauch nicht wirklich gut tut: man spürt förmlich, wie sich alle Gefäße bis in den kleinen Zeh hinunter verkrampfen, nahezu als würden sie um Hilfe schreien und sich zu wehren versuchen. Die Sucht ist dann allerdings stärker. Gut so, wenn Raucherinnen und Raucher informiert werden. Absolut zu begrüßen, wenn sie in der Erkenntnis bestärkt werden, dieses Laster auch aus eigener Kraft beenden zu können, indem entsprechende Unterstützungen bei einem solchen Vorhaben angeboten werden.

Doch ist es Aufgabe des Staates, ein neues Zeitalter der faktischen Prohibition zu einem gesellschaftlich bislang anerkannten Massensuchtmittel einzuläuten? Hat man denn auch hier nicht aus der Geschichte gelernt? Hat unseren Volksvertreterinnen und Volksvertretern niemand im Geschichteunterricht erklärt, dass am 5. Dezember 1933 in den USA die Prohibition zu einem anderen gesellschaftlich auch bei uns tolerierten Massensuchtmittel, nämlich dem Alkhohol, beendet werden musste? Die Zielsetzung, durch das Verbot von Alkohol die Menschen zu einem gesunden und moralischen Lebenswandel zu zwingen, musste für gescheitert erklärt werden, um damit dem durch die Maßnahme heraufbeschworenen Aufschwung in der Kriminalität mit zahlreichen Toten bei gleichzeitiger Verfehlung der Ziele Einhalt zu gebieten. Bei Beibehaltung dieses neuerlichen Kurses des Zwanges als Neuauflage der Geschichte ist es wohl eine Frage der Zeit, wann sich unser Herr Bundespräsident bei einer Fernsehansprache symbolisch eine Zigarette anzündet, um das Ende der Ächtung der Raucherinnen und raucher einzuläuten; ähnlich dem damaligen Präsidenten der USA, Franklin D. Roosevelt, welcher sich einen Martini zur Feier des Endes der Prohibition mixte.

Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, weshalb Raucherinnen und Raucher die zunehmende Verdrängung einer Befriedigung ihrer Bedürfnisse aus dem öffentlichen Lebensbild nicht so leicht hinnehmen können: zwar weiß man selbst, dass man mit dem rauchen ein ziemliches Risiko auf sich nimmt und man ist auch bereit, seine nichtrauchende Umgebung so wenig wie möglich zum passiven Mitrauchen zu zwingen. Doch zuviele Ungereimtheiten lassen da einen Kraftakt der Politik vermuten, welcher weniger mit sachlichen Argumenten, als mit einer Demonstration ihrer vermeintlichen Macht - die an anderer Stelle so sehr vermisst wird - zu tun hat.

Ist das Ganze vielleicht bloß ein Ablenkmannöver von viel drastischeren Problemen, zu welchen uns die ganze Wahrheit nicht zugemutet wird? Weshalb sonst entflammt diese Diskussion ansonsten genau in jenen Zeiten, in welchen fieberhaft gesucht wird nach Milliarden für diverse Maßnahmenpakete für Banken und Wirtschaft sowie eine versprochene Steuerreform, welche diesen Namen auch verdient und für die Menschen spürbare Entlastung bringt. Ist da der Verzicht auf die weit jenseits der Milliardengrenze liegenden Einnahmen aus der Besteuerung von legal erworbenen Tabakprodukten wirklich hilfreich? Auch dass die Arbeitsplätze der Trafikanten, die vom Zeitungsverkauf allein nicht leben können - übrigens wichtige Arbeitsplätze für Personen mit Behinderung - ohne weitere Erwähnung aufs Spiel gesetzt werden in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit stimmt nachdenklich. Alles wirklich nur, weil man will, dass wir gesund leben? Was ist dann mit den Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, um die große Anzahl der immer noch mit chemischer Energie oder Atomkraft betriebenen Kraftwerke stilllegen zu können? Was mit der Weiterentwicklung und dem vermehrten Einsatz von alternativen Verkehrsmitteln? Gibt es da nicht sogar Verpflichtungen, welche nicht ausreichend umgesetzt sondern teuer in einem so genannten Zertifikatehandel freigekauft werden? Würden all diese Maßnahmen unsere Natur und damit die Güte der Luft, die wir auch ohne Zigaretten einatmen, nicht auch verbessern und damit die Gesundheit fördern - ganz ohne dabei in die Bedürfnisse der Menschen mit Gewalt einzugreifen?

Jahrhunderte hindurch haben wir Menschen es geschafft: die einen zogen sich zurück in eigene Räume und qualmten nach dem Essen ganz genüsslich die Zigarette zum Kaffe nach einem guten Essen während andere das duldeten und anderen Gelüsten nachgingen. Das Rauchen hatte sogar in manchen Kulturen die Funktion des symbolischen Ausdrucks einer Versöhnung. Noch heute ist vielerorts - so paradoxer Weise auch in den Raucherzimmern in Krankenhäusern und Kuranstalten - zu beobachten, dass das Rauchen kommunikationsfördernd wirkt. Was ist der wahre Grund dafür, dass aktuell wieder zum Halali auf die Raucherinnen und Raucher geblasen wird? Und: ist es das wirklich wert?

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MartinMartin

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