Vatertag - Gelegenheit für ein Danke und ein paar Gedanken

Während in Deutschland der Vatertag, welcher dort traditionell mit Christi Himmelfahrt zusammenfällt, bereits begangen wurde, ist es in Österreich heute soweit.

Wenn Papa im Familienhaushalt fehlt

In 252.000 österreichischen Familien bedeutet dieser Tag zu Ehren des männlichen Elternteils eine besondere Herausforderung: so erschreckend hoch ist nämlich die Zahl jener Familien, in welchen der Vater kein integrierter Bestandteil im Alltag des Familienhaushaltes ist. 102.000 von der Statistik als „Mütter in Ein-Eltern-Familien" bezeichnete Frauen haben dabei durchschnittlich 1,36 Kinder unter 15 Jahren in ihrem Haushalt, für welche der Vater jemand ist, der nicht die ihm eigentlich zukommenden Aufgaben im Alltag erfüllen kann. Er steht nicht zur Verfügung, um das Frühstück zuzubereiten und für letzte Ratschläge vor dem Einstieg in den Berufs- beziehungsweise Schultag gut zu sein.

Er ist es nicht, der die Kinder zur Schule oder in den Kindergarten bringen kann, er ist auch mittags nicht da und kann nicht um Unterstützung gebeten werden, wenn bei der Hausübung ein gordischer Knoten um den richtigen Lösungsweg gelegt zu sein scheint. Er bringt die Teenager nicht zur Weißglut mit der ständigen Ermahnung, weniger vor dem Computer zu sitzen oder im Haushalt mitzuhelfen, steht ihnen aber auch nicht allzeit zur Verfügung, um in Sinnfragen des Lebens eine Stütze zu sein oder über Liebeskummer hinwegzuhelfen.

Auch für gemütliche Fernsehabende sowie die Endlosdiskussionen über die Teilnahme an der nächsten Diskotour und die Uhrzeit, zu welcher eine Heimkehr erwartet wird, steht er im Alltag nicht zur Verfügung. Kurz: für fast 140.000 Kinder und Jugendliche ist der Papa keine im Alltag verfügbare Person, die einen oft genug nervt, einem manchmal auch peinlich ist, von der man aber immer in Gewissheit davon ausgehen kann, dass sie es so gut mit einem meint wie sonst kaum jemand; mit der man drohen kann „das sag ich meinem Papa", den man dazu verwenden kann, um ein „Nein" von Mama als zweite Chance doch noch wegzuverhandeln oder mit dem all die Dinge machbar sind, die man mit Mama glaubt nicht so gut machen zu können. Papa fehlt. Im schlimmsten Fall scheint er vollkommen aus der Welt der Kinder zu verschwinden und nur noch zum Garanten für eine finanzielle Absicherung in Form der Alimentezahlungen zu werden, zu denen er vor Gericht verdonnert wurde.

Wechselnde Anforderungen auch an die Väter im aufrechten Familienverband

Es ist schon klar, dass das idyllisch gezeichnete Bild der Vaterrolle auch in jenen Familien oft nicht ganz so deutlich anzutreffen ist, in welchen dem klassischen österreichischen Familienbild entsprechend Vater, Mutter und Kinder in einem Haushalt leben. Zu oft kommen auch da die eigentlichen Aufgaben zu kurz, zu oft mischt sich da auch unentschuldbare Gewalt in die Idylle und wird die Integrität der heranwachsenden Menschen missachtet. Auch in diesen in der Statistik unauffälligen Familien wird darüber hinaus oftmals gekämpft mit den neuen Rollenverständnissen von Mann und Frau und ergeben sich daraus Komplikationen, dass Beruf und Familie für Mann und Frau gleichermaßen schwierig zu vereinbaren sind. Oftmals ist es dabei gar nicht mal so sehr der moderne Gendergedanke, welcher diese Veränderung in den letzten Jahren so deutlich vorangetrieben hat. Meist ist die Antriebsfeder schlicht und ergreifend der wirtschaftliche Druck auf die Familien, welche es sich gar nicht mehr leisten können, ihren Lebensstil mit nur einem Einkommen zu finanzieren.

Dies treibt eine Weiterentwicklung der Rollenbilder voran, welche nicht nur für die Frau Schwierigkeiten mit sich bringt, Vorurteilen des Arbeitsumfeldes zu begegnen, sondern auch für jene Männer, welche sich den Erwartungen der emanzipierten Mitbeteiligung in Haushalt und Kinderbetreuung stellen und dabei meist auf vollkommenes Unverständnis im beruflichen Umfeld stoßen; Dauerstress somit auch für Väter, welche ihre zunehmenden Freuden in der Begleitung ihrer Kinder damit bezahlen, dass in der öffentlichen Wahrnehmung kaum beachtet wird, dass im Gleichklang ja die meist nur im Zusammenhang mit Frauen erörterte Vereinbarkeit beruflicher Anforderungen mit den Aufgaben in der Familie Herausforderungen auch für den Mann darstellen.

Vatertag als Gelegenheit

Der Vatertag ist einerseits für die Wirtschaft eine willkommene Institutionalisierung, welche in Österreich mit 1955 eigentlich erst sehr spät erfolgte und in letzter Zeit zunehmend zum Garanten dafür wird, dass die Umsätze angekurbelt werden können. Ein wichtiger Aspekt, vor allem in einer Zeit, in welcher es gilt, auch über die Binnennachfrage Arbeitsplätze zu sichern. Dieser Ehrentag gibt dabei auch Gelegenheit dazu, einfach mal ganz bewusst „Danke!" zu sagen zu seinem Vater; „Danke!" für all die Leistungen die es braucht, ein Kind auf dem Weg in ein eigenständiges und erfülltes Leben zu begleiten – und zwar über das hinaus, was die älteren Generationen den eigenen Kindern gerne vorrechneten mit einer am Ende stehenden Summe, um welche ein Einfamilienhaus errichtet werden könnte.

Vatertag ist andererseits aber auch eine Gelegenheit für die Gesellschaft, einmal kurz zu prüfen, ob sie sich auf dem richtigen Weg sieht im Umgang mit Familien im Allgemeinen und Vätern im Besonderen. Sind die zunehmend bekannt werdenden Geschichten von „Zahlvätern", welchen der Umgang mit ihren eigenen Kindern verleidet oder verweigert wird und für die sie nur möglichst viel an Alimente an die Mutter überweisen sollen, das, was wir uns wünschen? Ist es in unserem Interesse, dass in einer Zeit, in welcher ein „Halbe-Halbe" im Haushalt und in der Kinderbetreuung von Politikerinnen und Politikern immer vehementer auch mit teuren Werbekampagnen eingefordert wird, Frauen mit bis zu „Rabenmutter" reichenden Vorurteilen auf dem Karriereweg bedacht werden und Männer zugleich ungläubig und schief angeschaut werden, wenn auch sie nach Lösungsmöglichkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für sich rufen?

Ehrentage wie dieser können sicher ganz gut belächelt werden als Symbol der Kommerzialisierung unserer Gesellschaft – sie bieten aber vor allem die Möglichkeit, möglichst breit aufgestellt darüber nachzudenken, wo es Verbesserungsmöglichkeiten gibt und wo dabei unser aller Möglichkeiten bestehen, dazu beizutragen, die Chancen dazu auch zu schaffen und zu nutzen. Ohne zur Anklage erhobene Zeigefinger. Einfach in Verständnis für menschliche Emotionen und Reaktionen und der Schaffung von Angeboten der Unterstützung. Nutzen wir daher Vatertag 2015 ganz bewusst nicht bloß, um unserem Vater Aufmerksamkeit und Dank zu schenken – mit oder ohne einer Kleinigkeit; am Telefon, persönlich oder auch „bloß" in Gedanken – ergreifen wir auch die Chance, nach vorne zu schauen und daran aktiv mitzuwirken, dass die Familie von morgen ein Stück weit näher an dem ist, was wir uns als Gesellschaft für sie wünschen.

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