Unser kleines Facebook-Familienalbum

Vor etwas mehr als elf Jahren wurde Facebook gegründet. Anfang 2008 gab es weltweit rund 100 Millionen Menschen, die das soziale Netzwerk nutzten, Anfang 2015 waren es 1,4 Milliarden Menschen. Je peripherer ein Land desto mehr scheint es sozialen Medien zugetan. In Island nutzen 70 Prozent der Bevölkerung Social Media, in Norwegen 64 Prozent, beides europäische Spitzenwerte. In Österreich sind es nur 39 Prozent (immerhin 3,4 Millionen Menschen), knapp unter dem europäischen Schnitt von 40.

Und obwohl das Netzwerk längst Alltag ist wie Auto, Mail oder Handy wird die Debatte oft hitzig, wenn das Gespräche auf Facebook kommt. Nicht nur Gespräche unter (richtigen:) Freundinnen und Freunden, sondern auch von Politik und Behörden (zuletzt die belgischen Datenschützer). Eines der jüngsten heißen Themen, auch auf Fisch & Fleisch: Bilder der eigenen Kinder posten. Machen so gut wie alle Eltern in meinem Facebook-Freundeskreis. Ganz bös, mehren sich derzeit die Stimmen, die vor dem nächsten digitalen Weltuntergang warnen.

Lässt sich dazu ein Konsens finden? Wahrscheinlich kaum, weil soziale Medien noch lange polarisieren werden. Aber die Bilderfrage ließe sich ohne Panikmache durchaus mit Netiquette abhandeln, mit Hausverstandsregeln, die unserem analogen Umgang mit Kinderfotos nicht so unähnlich sind.

Zum einen, mit wem wir Bilder unserer Kinder teilen: Facebook ermöglicht es schon lange, differenzierte „Freundschaften" zu unterhalten. Nicht jeder, mit dem man als „Freund" verbunden ist, muss ein solcher sein, und bei der Veröffentlichung von Bildern und Posts lässt sich gut unterscheiden, für wen sie bestimmt ist. Bilder der Kinder sind am besten im tatsächlichen Kreis von Freunden und Familie aufgehoben, und nicht bei Bekannten oder gar Fremden, die zufällig in die „Freundesliste" geraten sind.

Zum anderen, welche Bilder unserer Kinder wir teilen (und überhaupt machen). Scheint eigentlich keiner Erklärung zu bedürfen: Solche, die diese Kinder später als Erwachsene ansehen können, ohne sich nicht peinlich berührt zu fühlen. Das enthält Interpretationsspielraum, aber es sind jedenfalls keine bloßstellenden, verfänglichen Bilder. Das war und ist auch im gedruckten und geklebten Fotoalbum so, denn Scham und Peinlichkeit sind keine Frage einer großen Zuschauerzahl. Und nicht jedes Bild muss ewig in der Chronik bleiben: So wie man Freundeslisten von Zeit zu Zeit ausmisten sollte, ist das auch bei alten Posts empfehlenswert.

Aber eine generelle Aufforderung, keine Bilder der eigenen Kindern auf Facebook zu zeigen, ist fast schon eine Aufforderung, das Leben mit ihnen zu verstecken. Unsere Beziehungen (die richtigen samt zeitweise virtuellen) bauen darauf auf, unsere Lebenserfahrungen zu teilen. Und es gibt kaum eine intensivere Erfahrung, als das Leben mit Kindern.

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Herbert Erregger

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Bernhard Juranek

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fischundfleisch

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