Es ist Montag , ziemlich früh am Morgen.

Man ahnt die Sonne, die sich bald im Osten feuerrot erheben wird.

Ich setze meinen Helm auf, besteige mein Bike und fühle sofort diese gewaltigen Gefühle. Born to be wild.

Langsam biege ich ein in diese legendäre Straße, die immer wieder Sehnsucht und Wehmut bei vielen erzeugt, Route 66.

Die letzten Häuser sind verschwunden, jetzt geht es hinaus in die weite Prärie.

Frei, unendlich frei fühle ich mich. Der Wind weht mir ins Gesicht, er sagt mir, komm doch Fremder, komm und fahre hinaus, immer weiter, bis weit hinter den endlosen Horizont.

Die Route 66 war eine ursprünglich 2.448 Meilen (3.939,67 Kilometer) lange Straße von Chicago (Illinois) nach Santa Monica (Kalifornien) und galt ab 1926, abgesehen vom Lincoln Highway, als eine der ersten durchgehend befestigten Straßenverbindungen zur US-amerikanischen Westküste.

Irgendwo im Nirgendwo ist auf einmal eine Tankstelle. Alt-Nostalgisch, wie aus einem alten amerikanischen Film. Ich bleibe stehen. Der Wind bewegt die alten Reklametafeln.

Staub wird aufgewirbelt und ein kleines rundes Präriegebüsch rollt an mir vorbei, angetrieben vom heißen Wind der Wüste. Niemand ist zu sehen, nur irgendwo heult ein Hund, verlassen und traurig.

Ich steige von meinem Bike und gehe mit etwas steifen Beinen zur Eingangstür. „Closed“ steht da auf einem alten Zettel, mit etwas vergilbter Schrift. „Kann doch nicht sein“, denke ich mir, aber es ist so.

„Wo bin ich hier eigentlich?“, außer ein paar Kühe ist nichts zu sehen? Ich steige wieder auf mein Bike. Ich gleite jetzt, die Geschwindigkeit nimmt zu, und ich fliege fast schon dahin.

Das ist sie jetzt, die Einsamkeit des Bikers, die Neugier treibt mich an, die Sehnsucht, die Befriedigung eines Outlows Lebens. Vor meinem geistigen Auge sehe ich meine Freunde, meine Bekannten, meine Arbeitskollegen wie sie jetzt zur Arbeit hasten. Stumpf, ohne Emotionen hinein in ihr tägliches Hamsterrad.

Von 8 Uhr morgens, bis 18 Uhr abends. „ Verdammt das ist doch keine Freiheit“.

Immer nur träumen, immer nur die Sehnsucht, immer nur Wollen, aber nie Handeln. „Man muss doch einfach aufbrechen“, denke ich mir, "nicht immer nur darüber reden." Die armen Hunde, keine Freiheit, kein Wind im Gesicht, keine Route 66 die weit über den Horizont hinausführt. Immer nur arbeiten, immer nur von Freiheit träumen, schaffe schaffe, Häusle baue. Dann bist alt und tot, und auf dem Grabstein schreibt der Tod, „Kaputt geschuftet, du Idiot.“

Deshalb sitze ich jetzt auf meinem Bike, und fahre über die weite Prärie, nichts, aber auch wirklich nichts kann mich aufhalten. Route 66.

Was ist das, da läutet ein Telefon, ist das etwa mein Handy?

Ich bleibe stehen, und greife in meine Hosentasche, und da ist mein Handy und es läutet. Ich drücke auf abheben, und der Traum zerplatzt. Meine Frau, „Herbert, beeil dich, komm zurück, du musst zur Arbeit, es ist schon spät!"

Ich bin irritiert, ist das nicht die Route 66, bin ich nicht weit weg von jeder Zivilisation, von Pflicht und Geldbeschaffung? Plötzlich kommt mir die Gegend irgendwie bekannt vor, das ist doch die Bundesstraße, die dorthin führt, wo dieses Telefonat gerade herkam. Schock, eiskalte Dusche am Morgen.

Na ja, jetzt bin ich wirklich wach geworden, und ich wende mühsam mein Fahrrad, mein Bike, und radle langsam zurück, um ja pünktlich wieder in mein tägliches Hamsterrad zu kommen.

Aber, eines weiß ich, noch ist nicht aller Tage Abend, ich komme wieder keine Frage, aber dann, um meinen Traum wirklich zu leben.

Born to be wild.

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Bernhard Juranek

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fischundfleisch

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