Einen Bankbesuch macht man hier am besten bewaffnet - mit seinem Reisepass. Egal, was man braucht, sei es sein eigenes Geld oder einen PIN für die Bankomatkarte, nichts geht ohne Paß. Verwaltung ist alles! Wie manches in diesem Land recht unkompliziert funktioniert, so geht anderes wieder nur sehr bürokratisch. Eine Bank ist dafür die beste Gelegenheit.

Abenteuerlich geht es zu, wenn man ein Konto eröffnen will. Hat man die richtigen Beziehungen (und die hat man besser!), ist das Ganze nur eine Angelegenheit von Tagen. Hat man keine Beziehungen, muß man einen Wulst an Dokumenten vorlegen, die man oft gar nicht hat (welcher Unselbständige in Österreich hat eine klassische Steuererklärung?), und das alles natürlich übersetzt und im Heimatland beglaubigt, darunter Dinge wie die letzte Stromrechnung, was ja noch die einfachste Übung sein dürfte.

Hier kennt man seine Bankberater noch, denn im Gegensatz zu bei uns, erledigt man das meiste noch persönlich auf der Bank. Der Bankdirektor sitzt gleich neben dem Eingang und hat so alles im Blick - Mitarbeiter und Kunden. Er sitzt nicht irgendwo versteckt, wo man ihn nie erreichen kann, so wie bei uns.

An manchen Tagen steht die Schlange der Bankkunden schon auf der Straße angestellt, bevor sie überhaupt durch die Sicherheitsschleuse kommt. Drinnen angelangt, zieht man eine Nummer wie bei uns auf dem Amt, dann nimmt man in einer der zwei Sesselreihen vor den Schaltern Platz und wartet, bis seine Nummer aufgerufen wird. Das kann bis zu zwei Stunden dauern. Endlich drangekommen, zückt man am besten als erstes den Paß. Den braucht man ja, wie wir schon gelernt haben, immer.

Zum Geldabheben nimmt man sich besser eine größere Tasche mit, denn große Banknoten gibt es nicht einmal auf der Bank. Der Schalterbeamte entschuldigt sich schon, weil er einem so unmöglich große Scheine wie hundert Euro gibt. Und natürlich kommt aus dem Bankomat und am Schalter kein druckfrischer Schein zum Einsatz. Man bekommt ungeordnete alte Lappen. Aber Hauptsache, das Geld kommt überhaupt!

Übrigens habe ich gerade heute wieder die Bankbeamtin besucht, die mich kürzlich in Ermangelung meines Paßes wieder weggeschickt hat. Heute habe ich ihr den Paß hingelegt, sie hat aber nicht einmal hineingeschaut, ob es meiner ist. Aber trotzdem: Vuaschrift is Vuaschrift!

* Dieser Beitrag wurde vor Einführung der Kapitalverkehrskontrollen geschrieben.

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Silvia Jelincic

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