Memoiren einer Geschäftsreisenden - Fliegende Cevapcici

Wer Cevapcici liebt, muss nach Sarajevo, denn von da kommen sie ursprünglich her, sagen zumindest die Leute dort. Sarajevo hat zwei Altstädte. Die österreichische aus der Zeit der Habsburgischen Herrschaft, da sieht es aus wie in Wien. Und eine türkische aus der Zeit der osmanischen Herrschaft, mit kleinen Häusern mit viel Holz. Und dort gibt es auch die köstlichsten Cevapi, wie man sie nennt.

Auf einer meiner Reisen nach Sarajevo wurde ich von Alma, der neuen Mitarbeiterin des Geschäftspartners, betreut. Sie sprach gut Englisch und hatte sehr gute Manieren.

Gastfreundschaft wird groß geschrieben in Bosnien, und so wird auch keine Mahlzeit ausgelassen. Zum Mittagessen gingen wir in ein traditionelles Lokal, und wir aßen natürlich Cevapi. In der Altstadt werden sie oft nur aufgespießt oder mit den Fingern gegessen, aber in Gegenwart von "europäischen" Gästen aß Alma diese mit Messer und Gabel. Nur sind die Dinger recht fettig und rutschen daher ziemlich auf dem Teller. Und da war es auch schon passiert! Ein Stück auf Almas Teller hatte sich zwar schneiden lassen, hüpfte aber gleich danach unter den Tisch. Alma war das sichtlich peinlich, und mein Chef und ich taten so, als hätten wir es nicht bemerkt.

Am Nachmittag beeindruckte uns Alma mit ihrer vorbereiteten Präsentation. Alles lief gut, doch dann kam das Abendessen. Auch das Restaurant, das wir diesmal besuchten, rühmte sich mit den besten Cevapi und so bestellten wir welche. Doch da plötzlich ein schrilles Quietschen der Gabel auf Almas Teller, und das Stück Würstel hob ab und flog in hohem Bogen über den Tisch auf die Seite, wo mein Chef und ich saßen. Das Stück traf uns nicht und landete hinter uns an der Wand, aber im Fliegen ließ es ein großen Batzen Fett fallen, und zwar genau auf die Schulter meines Bosses. Dieser ist ein sehr freundlicher Mann und tat wieder so, als hätte er den ständig größer werdenden Fleck auf seinem Anzug nicht gesehen. Alma entschuldigte sich und war für den Rest des Abends ein bisschen kleinlaut. Sie winkte uns sichtlich erleichtert zum Abschied, als wir am nächsten Tag nach Hause flogen.

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Herbert Erregger

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irmi

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