Die Sehnsucht nach einer Systemalternative wächst und gedeiht schon seit einigen Jahren. Ein immer größer werdender Kreis von Unternehmern versucht aus diesem Grund die sogenannte Gemeinwohl-Ökonomie zu entwickeln. Das Prinzip, welches dahinter steht, konzentriert sich auf die menschlichen Stärken und mögliche mehrheitsfähige Werte. Gemessen wird die Effizienz in der Gemeinwohl-Bilanz, welche aus dem vorher genannten Prinzipien entwickelt. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung im Jahr 2010 wünschen sich fast 90 % der Menschen in Deutschland und Österreich eine neue Wirtschaftsordnung bzw. eine Alternative.

Wenn man die Gesamtsituation anschaut, so ist das nachvollziehbar, denn die Krise ist nicht ausschließlich eine Entwicklung der Finanzmärkte. Viele weitere Konfliktherde, ob nun ökologischer Natur, Konflikte im Demokratie System oder wirtschaftlich betrachtet. Alle Bereiche sind Teil des heutigen Wirtschaftssystems. Hinzu kommen verschiedene Krisen mit Normen und Werten, die ebenfalls Teil des Systems sind. Immer mehr Menschen erkennen für sich, dass das Wirtschaftssystem und dessen Spielregeln destruktiv sind. Unterschiedliche Unternehmen konkurrieren miteinander um den höchsten wirtschaftlichen Gewinn. Dieser Sinn ist deshalb ein Teil des ad absurdum, weil ein Gewinn an sich nichts darüber aussagt, was eine Gesellschaft zusammenhält und oder weiter bringt. Hohe Gewinne gehen meist einher mit weniger Arbeitsplätzen, einer zerstörter Umwelt, einer steigenden Armut, steigender Krankheit psychisch und physisch und ebenso wird die Kriminalität damit erhöht, denn das Streben nach Maximalerlösen und Ellenbogenmentalität fördern die gegenteiligen Verhaltensweisen und Werte, die dann damit einhergehen, dass zwischenmenschliche und gesellschaftliche Konflikte entstehen.

Eine Ego-Gesellschaft sorgt dafür, dass Vertrauen nicht mehr entsteht, Verantwortung für sich selbst und für andere keine übergeordnete Rolle mehr spielt und gegenseitige Hilfe oder so etwas wie Mitgefühl und Kooperation quasi nach und nach zur Rarität werden. Es werden all die schlechten Attribute des Menschen gefördert beginnend bei Egoismus, Gier, Geiz bis hin zur völligen Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit. Auf diese Weise wird ein gesellschaftliches und kollegiales Miteinander immer mehr zu einem Drahtseilakt. Die Akteure der Gemeinwohl Ökonomie empfinden diese Entwicklung und Förderung der falschen Attribute als Systemfehler in der Wirtschaftsordnung, in der wir uns gegenwärtig befinden. Welche Widersprüchlichkeiten sind geradewegs zu erkennen? Was entsteht durch die Grundpfeiler der heutigen Wirtschaft? Wozu führen denn Konkurrenz-Förderung und Gewinnmaximierung in einem Mensch? Nun ja, es werden in jedem Fall nicht die zwischenmenschlichen Beziehungen gefördert, sondern der Egoismus und Eigennutz. Darüber hinausgehend fördert die Wirtschaft die Menschen dazu auf, sich an materialistischen und monetären Werten zu orientieren und nicht an den Attributen, die für den Mensch und sein Grundgefühl gut sind. Wichtig für das Wohlbefinden wären eine gewisse Sicherheit, Vertrauen, sowie individuelle nicht materialistische Bedürfnisbefriedigung, Wertschätzung, Zuneigung und Liebe. Mittlerweile haben etliche Sozialpsychologien, Forscher, Wissenschaftler und Neuro-Biologen herausgefunden, dass die von der Wirtschaft geforderten und geförderten Attribute von Egoismus, Geld und Konkurrenz nicht die stärksten Motivatoren für Menschen darstellen und dennoch werden die Systeme nach wie vor auf diesen Werten Koordinaten auf.

Die Anreiz und Entlohnungssysteme sind nach wie vor monetäre und diese fördern das egoistische Denken des Menschen. Natürlich kann man nicht von heute auf morgen das System umschmeißen und sagen von nun an läuft es anders, allerdings gibt es Gründe, weshalb immer mehr Akteure aus der Wirtschaft sich zusammensetzen und an einer Lösung arbeiten, um die Widersprüchlichkeiten aufzulösen.

Die zentralen Systemweichen müssen umgestellt werden und das Streben von Eigennutz soll umgepolt werden auf den Vorrang des Gemeinwohls. Das sogenannte Gemeinwohl soll nicht weiterhin nur ein Nebeneffekt sein von individuellem Vorteils streben, sondern tatsächlich der Zweck von wirtschaftlichen Privatinitiativen, die das Wohl der Einzelnen einschließt. In erster Linie muss das Grundverständnis verändert werden, was tatsächlich unternehmerischer Erfolg ist. Nicht gesund ist es, diesen weiterhin mit finanziellen Gewinnen und BIPs gleichzusetzen.

Ein höheres Bruttoinlandsprodukt kann auch als Konsequenz mit einer höheren Arbeitslosigkeit, Umweltzerstörung und sogar in vielen Fällen mit aktiver Kriegsführung einhergehen. Finanzielle Bereicherung kann ebenso bedeuten, dass die soziale Sicherheit nachlässt oder dass durch verschiedene Auslagerungen ins Ausland die Verletzung der Menschenwürde die Folge ist. Allerdings beginnt die Beschränkung der Meinungsfreiheit schon in viel kleinerem Stil und in unserem eigenen Land. Das darf so nicht weitergehen, da sonst die unweigerliche Folge irgendwann die Entmenschlichung, fehlende Individualität und schlechtes Wohlbefinden sind.

Es sollten neue Werte und Definitionen von unternehmerischem Erfolg geschaffen werden, d.h. dass ein größtmöglicher Beitrag zum allgemeinen Wohl das Ziel sein könnte. In erster Instanz hat die Gruppe derer, die dieses Konzept erstellen, ein positives Ergebnis bei den Stakeholdern erreichen können. Diese wünschen sich eine weltweite Transparenz, ebenso eine soziale Verantwortung, sowie auch ökologisch nachhaltiges Wirtschaften und eine innerbetriebliche Demokratie. Dahin einhergehend wünschen sie sich eine gesamtgesellschaftliche Solidarität.

Mögliche Wege der Umsetzung entwerfen die Ökonomen derzeit noch. Einige Ideen sind hierzu bereits vorhanden. Ein weiterer Anker wäre die Umgestaltung des Finanzmarktes, sodass die finanziellen Überschüssen von diesem Zeitpunkt an, dem Gemeinwohl dienen. Finanzmärkte, die bislang mit wirtschaftlicher Maximierung denken, sollten davon ausgeschlossen werden.

Das bewusste Ziel der Gemeinwohl-Ökonomie ist, dass die Konsequenz sein wird, dass alle Menschen Unternehmen mitbesitzen und in diesen mitbestimmen und mitgestalten können und genau an dieser Stelle Verantwortung und Risiko von allen geteilt wird und nicht mehr die Tantieme und "Boni" ausschließlich von der Chefetage eingesackt werden. Ein positiver Nebenaspekt der Gemeinwohl Ökonomie wäre, dass in dem Moment, wo der Profit nicht mehr maximiert und Konkurrenz-Unternehmen nicht mehr feindlich übernommen werden dürfen, Wachstum als Augenmerk keinen Sinn mehr macht.

Auf Basis dessen, wären alle Unternehmen vom allgemeinen Wachstumszwang und Übernahmen, sowie Fusionen ausgeschlossen. Sind in dieser Idee von einem ökonomischen System wirklich alle Komponenten berücksichtigt?

Können die Menschen nach einem gesamten Lebensabschnitt voller Konsum und Verbrauch und Reizen wirklich loslassen- von immer mehr, immer weiter, immer schneller?

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