Nach dem Krieg und auch nach der Wende kamen keine Deutschen nach Deutschland. Zumindest wurden sie nicht so wahrgenommen. Auch damals gab es Stimmen, wie die Euren, die alle Flüchtlinge zu Verbrechern abstempeln wollten.

Meine Mutter ist Deutsche, die in Sibirien in Kriegsgefangenschaft aufgewachsen ist, weil ihre Eltern es nicht rechtzeitig geschafft haben, vor den Russen zu fliehen. Ich bin auf dem Papier Deutscher, der aber bis 2015 den Menschen, denen Ihr jetzt nach dem Mund redet, nicht deutsch genug war, weil ich auf dem Staatsgebiet der ehemaligen Sowjetunion geboren wurde.

Als wir Mitte der 70er nach Deutschland kamen, wurden wir beleidigt, ausgegrenzt und aller möglichen und unmöglichen Verbrechen verdächtigt und beschuldigt. Da waren wir auch keine Deutschen, die nach Deutschland kamen. Wir waren das Russenpack, die, und hier zitiere ich, 'vielleicht mal einen deutschen Schäferhund gehabt haben'.

Wir wurden genauso von Menschen wie Euch ausgegrenzt, wie die Flüchtlinge heute. Wir hatten nur Freunde und Bekannte, die einen ähnlichen Hintergrund hatten wie wir, da viele 'Deutsche' nichts mit uns zu tun haben wollten.

Als ich in den 80ern eine Lehrstelle suchte, bekam ich auf Bewerbungen an Firmen außerhalb des Viertels, in dem wir lebten, oft nicht einmal eine Antwort. Soviel zu 'Deutschen, die nach Deutschland kamen'. Das ist so ein verlogener Spruch.

Wir wurden mit allen, die aus Osteuropa kamen, über einen Kamm geschert von verbitterten, egoistischen und verlogenen Menschen, die alles hatten und doch nichts abgeben wollten. Menschen, die ein Feindbild brauchen, gab es schon immer. 1945 genauso wie 1975, 2015 oder heute.

Und weil es so einfach ist, macht man eben die zum Feindbild, die sich am wenigsten wehren können. Aber wir gehen nicht weg. Deutschland kann ohne uns schon gar nicht mehr. Wir stehen in Euren Küchen, bringen Euren Müll weg, schrubben Eure Toiletten, pflegen Eure Alten und Kranken. Wir machen all die Jobs, für die Ihr Euch zu fein seid.

Lernt, mit uns zu leben, und hört auf, an Eure eigenen Lügen zu glauben.

von Wladimir B.

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