Ja, die Rede ist vom „Apostel“ Paulus. Die Anführungszeichen deshalb, weil er - anders als die übrigen Apostel - Jesus zu Lebzeiten nicht gekannt hatte.

Radiovera.ru https://radiovera.ru/wp-content/uploads/2015/08/70746745-300x300.jpeg

Die Wandlung vom griechischen Juden Saul zum Christen Paul ist zwar sprichwörtlich, erschöpft sich aber meist darin das Wunder der Straße nach Damaskus zu beschwören, durch welches er vom Verfolger zum erfolgreichsten Verbreiter des Christentums wurde.

Ja, Paulus war in gewissem Sinne der Begründer des Christentums. Als er von Antiochia - der drittgrößten Stadt des römischen Reiches - aufbrach, nannte er die dortige Gemeinde erstmals „Christen“, vereinigt mit Christus als Ekklesia, als „Berufene in Gemeinschaft“. Heute meint Ekklesia einfach Kirche, Gemeinde....mit der Gründung der Kirchen verbindet man zwar die Brüder Petrus (in den lateinischen) und Andreas (in den griechischen) Provinzen, aber: der Theologe, der Promoter und Bekehrer, war der jüdisch-hellenisierte Zeltmacher und Anwalt aus Tarsos, mit dem Bürgerrecht Roms. Saulus Paulus...er verwendete beide Namen und verfasste mit den Paulusbriefen grandiose Schriften, die ein umfassender Teil des Neuen Testaments wurden.

Heute sieht man Paulus als Fanatiker, Frauenfeind und Eiferer. Das war er nicht. Er war methodisch und konsequent. Und er war ein Praktiker.

Es interessierte ihn nicht, ob ein Mann beschnitten war, ob sich eine Frau an die Nahrungsvorschriften hielt, ob jemand frei oder versklavt, Grieche/Römer oder Barbar war. Vielleicht zum ersten Mal in der Weltgeschichte stellte sich jemand hin und sagte: Vor Gott seid ihr alle gleich!

Und er legte die Worte Christi ebenso praktisch aus, wie er ihren Sinn einfach zusammenfassen konnte...

Als er der römischen Gemeinde sein Kommen ankündigte schrieb er ihnen, den Bewohnern des Nabels der Welt, dass allein Nachfolge und der Glaube an Christus das Himmelreich verheiße. Alles andere folgt daraus. Nicht spiritueller Schnickschnack, ja nicht einmal das Martyrium des Heiligen Stefanos, dem er selbst beigewohnt hatte, keine Armenspeisung oder sonst irgendwas, dass aus Emotionalität heraus geschieht. Einzig die Geisteshaltung (!) des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe führen zum ewigen Leben in Christus. Bewusste Praxis des Glaubens, der Hoffnung und - vor allem - der Liebe. Nicht aus dem Bauch, sondern aus dem Kopf, soll die Liebe kommen - als ethische Einsicht in die Vernunft das Gute zu tun und das Böse zu unterlassen.

Dazu gehört ein klares Verständnis von Verantwortung für die Seinen, strikte Regeln und eine absolute Herrschaft der Vernunft über das Gefühl.

Derlei ist heute nicht mehr gefragt. Die Nächstenliebe hat sich auf die ganze Welt auszudehnen, auch auf jene, welche diese Maximen hassen. Regeln und Traditionen sind durch einen Nihilismus der Gleichmacherei im Diesseits, statt der Achtung vor den Geburtsrechten des Menschen und seiner Freiheit vor Gott ersetzt worden, die keine Sinn und nur noch Zweck hat. Hauptsache etwas fühlt sich richtig an, dann wird‘s schon richtig sein. So propagieren es selbst die (westlichen) Kirchen....doch so einfach ist es nicht: Christentum ist mystisch, aber es ist vor allen Dingen anstrengend.

Man muss keine 20.000km mehr reisen, wie Paulus....aber man muss schon den Geist bemühen. Man muss zwischen „mein“ und „Dein“, zwischen „Freund“ und „Feind“, zwischen „fühlt sich gut an“ und „schadet niemandem“ unterscheiden. Dafür haben wir ein Gehirn.....und das Neue Testament.

Egalität meint das Gewähren von Chancengleichheit. Die Eigenverantwortung, die mit uns geboren ist und die uns gebietet unseren Nächsten eine zweite Chance zu geben....wer einem Menschen diese Eigenverantwortung abspricht, sie ihm nimmt und moralisierend den Zeigefinger erhebt, kann die Nachfolge Christi nicht für sich in Anspruch nehmen.

4
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

tantejo

tantejo bewertete diesen Eintrag 24.09.2018 20:25:52

philip.blake

philip.blake bewertete diesen Eintrag 24.09.2018 19:50:47

Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 24.09.2018 19:04:52

anti3anti

anti3anti bewertete diesen Eintrag 24.09.2018 18:24:51

15 Kommentare

Mehr von Kurmenistan News