Sowohl ÖVP, FPÖ als auch die Neos versprechen die Abgabenquote auf 40% zu senken. Wie das genau gehen soll, dazu bleiben ÖVP und Neos kryptisch (andere können das ja auch..), die FPÖ hingegen legt zumindest recht konkrete Überschriften vor.

Die SPÖ auf der anderen Seite betitelt solche Pläne als unrealistisch, und befürchtet grobe soziale Einschnitte. Die Grünen, falls man diese noch erwähnen wollte, sprechen sich durchwegs für höhere Steuern aus, um damit alles Mögliche zu finanzieren, wodurch in weiterer Folge die Ökowirtschaft florieren soll.

Im Sinne eines Faktenchecks stellt sich also die Frage, sind die 40% erreichbar und wie schwierig wäre das? Aktuell liegt die Abgabenquote bei etwas über 43%. Das hängt einerseits vom tatsächlichen Abgabenerfolg ab, andererseits natürlich vom Nenner, also der Wirtschaftsleistung. Bei einem BIP von 350 Mrd. Euro, würde ein Prozent weniger Abgabenquote jedenfalls 3,5 Mrd. "kosten" und das Gesamtziel ca. 11-12 Mrd. Euro verlangen.

Eine sozial höchst verträgliche Variante könnte wie folgt aussehen. 5,4 Mrd. Euro zahlen Österreichs Pensionisten an Lohnsteuer. Dieses Geld kommt fast ausschließlich von öffentlich-rechtlichen Pensionsversicherungsanstalten. Anders gesagt, der Staat zahlt diese Steuern an sich selbst.

Man könnte also einerseits die Bruttopensionen um diese Beträge kürzen, und andererseits die Lohnsteuer streichen. Netto bliebe am Ende gleich viel übrig, dafür wäre aber die Abgabenlast gleich mal um 5,4 Mrd. niedriger.

Das Gleiche gilt für die Krankenversicherungsbeiträge von Pensionisten, in Summe rund 2,9 Mrd. Euro. Sie könnten ersatzlos gestrichen werden, und im Gegenzug die Pensionen entsprechend gekürzt werden. Netto, wie gesagt, macht das keinen Unterschied.

Selbstverständlich würden auch die "Pensionsversicherungsbeiträge der Beamten im Ruhestand" (eine höchst groteske Konstruktion) solchermaßen obsolet. Macht nochmal 300 Mio.

In Summe wären das schon 8,6 Mrd. Euro die an Steuern und Abgaben eingespart wurden, ohne auch nur irgendwo eine Finanzlücke zu hinterlassen oder irgendjemanden schlechter zu stellen. Doch da geht noch mehr.

Unter dem sperrigen Titel "Ausgaben gem. § 8 (2) Z 1 FAG 2008" werden dieses Jahr ca. 2,2 Mrd. Euro an die Krankenkassen überwiesen. Dieses Geld erhalten die Kassen als Ausgleich für den 1997 gestrichenen Vorsteuerabzug (unechte Umsatzsteuerbefreiung). Eine Rückführung in den ursprünglichen Zustand würde diese Ausgleichszahlung erübrigen, gleichsam aber die Umsatzsteuereinnahmen um besagte 2,2 Mrd. reduzieren.

Schließlich könnte man noch die Nationalbank von der Köst befreien, wie das bis 1991 ja bereits der Fall war. Da die Gewinne der Nationalbank sowieso an den Staat gehen, ist auch das eine überflüssige Vorschrift. Zwar sind diese Gewinne im Moment relativ gering, doch sind dank der Anleihekäufe durch die EZB hier in Zukunft sehr hohe Gewinne zu erwarten. Dennoch stellen wir hier konservativ erst mal nur 100 Mio. ein.

5,4 + 2,9 + 0,3 + 2,2 + 0,1 = 10,9

Knapp 11 Mrd. Euro wären das also. Das sollte sich knapp ausgehen um die Abgabenquote auf unter 40% zu senken. Das Kunststück dabei: niemand müsste auch nur auf einen Cent verzichten, nirgendwo würde gekürzt, nirgendwo gespart. Der Nutzen wäre dementsprechend auch gleich Null. Aber das deklarierte Ziel einer 40%igen Abgabenquote würde vollständig erreicht. Alles was es dazu benötigt ist ein "Optimierung" staatlicher Finanzflüsse. Faszinierend, oder?

Der durchschnittliche Arbeitnehmer würde weiterhin eine Abgabenquote von insgesamt 60% (inklusive Konsumsteuern) berappen, und die Wirtschaft nach wie vor mehr Subvent8ionen erhalten, als sie umgekehrt an Steuern und Abgaben leistet.

Die letzte große Senkung der Abgabenquote erfolgte übrigens nicht durch die mehr oder minder gegenfinanzierte Steuerreform, als vielmehr durch die Revision des BIP 2013. 1,3 Prozentpunkte ging es dadurch nach unten. Addiert man hierzu meine unverbindlichen Vorschläge, dann wäre insgesamt schon eine 5%ige Reduktion erreicht - mit weniger Substanz als ein Salzburger Nockerl.

Was eine volkswirtschaftliche Abgabenquote ist, lässt sich nur im Kontext und mit recht viel Detailwissen überhaupt verstehen. Ansonst handelt es sich um eine ziemlich bedeutungslose Zahl. Das gilt insbesondere auch für das Hochsteuerland Deutschland, wo etwa die Familienbeihilfe so mit der Lohnsteuer verquickt ist, dass diese (am Papier) die Abgabenquote senkt. Alles eine Frage der Definition eben.

Die interessanten und brisanten Fragen stellen sich anders. Warum klafft zwischen theoretischer und praktischer Quote (letztere oft als Tax Freedom Day kommuniziert) eine so große Diskrepanz? Warum braucht der Staat 60% vom Lohneinkommen? Wieso wirkten sich die unzähligen tatsächlichen Steuer- und Abgabenerhöhungen über die letzten 40 Jahre (1973 lag die Abgabenquote bereits bei 37%) nicht viel stärker aus? Und last but not least, wieso bemüht sich der Staat über genannte Zahlungsströme die Abgabenquote sogar künstlich hoch zu halten?

Die Antworten darauf, fürchte ich, lassen jeden Silberstein Skandal wie einen Lercherlschaß aussehen.

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