Es war einmal ein Asylsuchender, der sagte, er wolle im Gegenzug dafür, dass jemand ihm Deutsch beibringt, für diese Person den Haushalt erledigen. "Vielleicht kann ich zu einem älteren Paar ziehen, bei ihnen wohnen und nur wenig Miete zahlen, wenn ich ihnen im Gegenzug im Haushalt helfe.", sagte er sich und machte sich auf, seinen Plan in die Tat umzusetzen.

"Aber du musst doch für's Deutschlernen sowieso nichts bezahlen!", wurde der erste Kommentator laut. "Und wie bist du dann versichert? Du musst doch versichert sein!", mahnte der zweite. "Und was ist, wenn etwas passiert, wenn du den alten Leuten im Haushalt hilfst? Wer haftet dann?", ein weiterer. "Und jetzt im Ernst: Du hast ein Recht auf einen Deutschkurs. Der ist gratis.", bekräftigte wieder ein anderer. So ging es immer weiter, bis der Fragende beschloss, es anderswo zu versuchen. "Hallo! Bist du in Deutschland?", meldete er sich zaghaft per Privatnachricht über facebook. "Ja." - "Kannst du mir sagen, wie ich ein älteres Paar finde, das mich aufnimmt und mir Deutsch beibringt, wenn ich dafür im Haushalt helfe?" (...)

Diese Anekdote hat sich tatächlich so zugetragen und das in ähnlicher Form nicht nur einmal. Inzwischen glaube ich, dass manche selbsternannten Helfer und Helferinnen gar nicht wollen, dass der, den sie als Hilfesuchenden einsortieren, selbst aktiv wird. Auf Biegen und Brechen möchten sie helfen - und zwar genau so, wie es ihre Vorstellung zulässt und wie es ihnen am meisten Hilfspotential bietet.

Wieso, frage ich mich, wieso können wir nicht zunächst einfach mal fragen, ob jemand unsere Hilfe überhaupt haben mag? Natürlich ist es schön, gebraucht zu werden. Natürlich ist es schön, wenn sich jemand bedankt. Natürlich ist es schön, helfen zu können. Nur sollten wir dazu zunächst von unserem hohen Ross heruntersteigen. Dort in diesem imaginären "oben" sieht man nämlich nicht so gut, was sich am Boden abspielt. Und vielleicht drücken wir jemandem einen Lolly in die Hand, der dafür eigentlich schon viel zu groß ist und sich das "Danke" bloß abringt, weil er eben gute Manieren hat.

Wir sollten vielmehr einfach da sein. Und klar machen: du kannst fragen, wenn du meine Unterstützung brauchst. So, wie man das eben so macht unter Menschen und Mitmenschen. Dann sind wir vielleicht auch alle ein klein wenig weniger überfordert. Denn vielleicht braucht es gar nicht so viel Hilfe, wie wir Helferinnen und Helfer vor lauter Helfen annehmen.

Und vielleicht lassen wir uns im Gegenzug auch mal helfen. Tut nämlich gar nicht weh.

In diesem Sinne: Salam. Und überhaupt.

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