Von Eiern und Eisen

Ich bin sehr selten krank. Und wenn, dann zu besonderen Anlässen, wie zB wenn ich mal frei habe, wenn Weihnachten ist oder irgendein Feiertag. Wie zum Beispiel heute.

Mit infernalen Kopf – und Ohrenschmerzen sitze ich am Küchentisch zum russischen Tee mit diversen Köstlichkeiten und stelle fest, dass, ob der Tatsache der Anwesenheit meiner Mutter und Grossmutter wir eine Frauenrunde dreier Generationen bilden, die gar nicht so schlecht zur Betitelung des heutigen Feiertages passt.

Es geht gerade darum, ein neues Bügeleisen zu kaufen. Denn selbst wenn man das alte, welches eigentlich noch ziemlich neu ist, repariert, so braucht man dennoch ein zweites Bügeleisen, falls das erste ausfällt.

„Wir haben unsere Bügeleisen damals sehr universell verwendet.“ Sagt Babuschka und erinnert sich an ihre Zeit im Studentenheim in St. Petersburg. „Wir haben Spiegeleier drauf gebraten. Und ein Bursche hat sogar Pfannkuchen gemacht. Weil seine Mutter selten gekocht hat. Sie war romantisch veranlagt, weißt du.“

„Diese Frauen standen eben für die freie Liebe. Sie brieten echte Eier auf dem heissen Eisen.“ sagt meine Mutter und ich verschlucke mich kurz an meinem Tee.

Mein Stichwort.

„Wie wurde der Tag der Frau eigentlich damals in Russland gefeiert? War das überhaupt ein Feiertag?“

„Na klar. Ein grosses Fest! Die Männer haben versucht, an diesem Tag den Frauen die Arbeit im Haushalt abzunehmen und den Tag angenehm zu gestalten. Sie hätten es besser lassen sollen, weil wir dann erst recht alles haben nochmal machen müssen. Ach, das war damals, in der Sowjetunion.“ sagt Babuschka. „Im Endeffekt war es ein Feiertag für die Herren, denn Abends gab es immer einen schön gedeckten Tisch und Vodka.“

Mama schält eine Mandarine und sagt: „Eigentlich haben den Tag der Frau die sogenannten Revolutionärinnen ins Leben gerufen. Das war ein kommunistisches Fest! Es nannte sich damals 'Internationale Solidarität arbeitender Frauen aller Länder für die Gleichstellung zwischen Mann und Frau' " (das ist jetzt meine total direkte Übersetzung aus dem Russischen, Anm.)

Die Kommunistinnen haben für eine Revolution gekämpft, damit die Frauen zu Männern werden, (lacht)! An manchen Frauen sieht man das bis heute....“

„Es gibt doch Geschlechtsumwandlungen!“ wirft Babuschka ein.

Bevor ich meine Gedanken an Gendern, Binnen – i und Ladyboys weiterspinnen kann, kehrt Babuschka wieder zum Bügeleisen zurück.

„Wir hatten ein Bügelzimmer für alle. In den Studentenzimmern selbst gab es nämlich keine Steckdosen.“

„Das ist absurd! Du hast sicher was verwechselt.“ sagt Mama.

„Ich weiss es genau! Es gab keine! Um zu kochen haben wir die Deckenlampen angezapft. Das nannte sich 'Barrikade'. Man stellte das Nachtkästchen direkt unter die Lampe. Darauf den Hocker. Hierauf die Waschschüssel, umgedreht. Auf diese stellte man eine kleine elektrische Platte. Der Stecker der Herdplatte wurde mit dem Kabel der Lampe durch eine Sicherheitsnadel verbunden. Ich hab damals zur Feier des Frauentages beschlossen, meinem Mann ein Fleisch zu kochen. Dieser fand es jedoch amüsanter, mich ob meiner Barrikaden – Konstruktion auszulachen und stachelte: `Haaaa, traust dich nie, den Turm einfach umzustürzen.’ Ich trat ins Nachtkästchen und alle Komponente flogen in verschiedene Richtungen. An das Aufklatschen des Fleisches erinnere ich mich bis heute.“

„Und dann?“

„Nichts. Wir haben das Fleisch gewaschen und ich hab die Barrikade nochmal gebaut. Und meinem Mann sein Feiertagsessen fertig gekocht.“

„SEIN Feiertagsessen?“

„Natürlich.“

Ich stelle mir kurz die fliegende Waschschüssel, Herdplatte etc vor. Da kommt mein knapp dreijähriger Sohn in die Küche. Aus irgendeinem Grund trägt er meine Perlenkette.

„Mama, Hunger. Mama Ei kochen.“

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Herbert Erregger

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Silvia Jelincic

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