Gewinnen letztlich die Digitalisierungs-Fans oder die -Ablehner?

Was auf den ersten Blick ganz klar erscheint, führt bei genauer Betrachtung zu einer überraschenden Erkenntnis. Machen wir zuerst einen Blick auf die im "Hier und Jetzt" Abwesenden, auf die aus Sicht der "Anlalogen" in Web-Community und Cyberspace Verschwundenen.

Sie sind nicht da. Sie sitzen zwar noch hier beim Essen, am Besprechungstisch, in der U-Bahn, sie gehen noch am Weg, am Berg, am Strand, aber mit ihrem Kopf sind sie ganz wo anders. Mit ihren Smartphones, Tablets, Apps und Postings schweben sie in New Age-Sphären und hinterlassen im Hier und Jetzt ein Loch, ein Fragezeichen.

Und je mehr es werden, die sich mit gesenktem Kopf und Blick auf Bildschirme vom bisherigen Gegenwärtig-Sein verabschieden, desto mehr verschieben sich die Sichtweisen. Die Verbliebenen, nicht digital Kommunizierenden fragen sich verunsichert: Wer ist nun weg und draußen? Sie, die in der Web-Community oder im Cyberspace herum wandern oder gar wir, denen die anderen hämisch vorwerfen in analoger Öde zu verharren? Sind die aus einer Sicht „web-süchtigen Zombies“ am Ende in der primären Wirklichkeit und die aus anderer Sicht „hoffnungslos Rückständigen“ in einer Sekundär-Realität?

Im Rausch des Narrenkastl-Schauens

Bei der Beantwortung dieser Frage ist vielleicht ein Blick auf ähnliche, schon gelernte und auch etwas verstörende „Abwesenheiten“ nützlich. Es gab und gibt auch die in Drogen, Rausch und ablenkende Unterhaltung Geflüchteten, die zumeist ihre gewöhnliche Realität nicht mehr aushalten. Es gibt die an Sinnsuche, einfachen Regeln, Religionen bis hin zu Parallelwelten und Extremismus Orientierten. Es gibt die harmlosen kreativen bis genialen „Narrenkastl“-Schauenden, ob nun Kinder, Künstler, Forscher oder Erfinder. Unter all diesen waren Menschen, die viel Leid und solche, die viel Segen über die Menschen gebracht haben. Es gilt wie bei allem im Leben zu differenzieren und nach neuen Balancen zu suchen.

Die Fokussierten

Denn wir haben – denken wir nur an Spitzensportler, Top-Manager, Politiker und Mütter - auch Menschen in der Hochleistungs-Gesellschaft, die in bestimmten Situation ganz voll „da sind“, da sein müssen. Ist nicht bei Profi-Fußballern die Fähigkeit des zum richtigen Zeitpunkt motiviert, konzentriert, fokussiert Seins, insbesondere bei Stürmern des Torchancen Realisierens hoch geschätzt? Bei Managern das momentane Verbinden von Sachlösungs-, Führungs- und Entscheidungs-Kompetenzen notwendig? Bei Politikern die emotionale Zuwendung zu Menschen bei gleichzeitig knallhartem Machtkalkül erforderlich? Wird nicht bei Frauen erwartet, dass sie Job, Haushalt und Kinder mit Fröhlichkeit und (Achtung: Macho-Anspruch) gutem Aussehen unter einen Hut bringen? Aber auch all diese Fokussierten haben nicht selten Real- und Digitalwelt-Auftritte gleichzeitig. Einschub: Ist uns bewusst, dass in der Champions Leage 22 fokussierte Millionäre von Millionen die eigene Realität hinter sich lassenden Working Poor beobachtet werden?

"And the winner is ..."

Die Frage wird letztlich natürlich nicht sein, wer anwesend und wer abwesend ist, sondern wer die alten mit den neuen Kulturtechniken am besten vereinen kann. Die Sieger werden diejenigen sein, die sich nicht blind scheinbar alternativlosen Digitalisierungs-, Gentechnik- und Automations-Wellen hingeben. Sondern diejenigen, welche alte und neue Welten entsprechend neu zu definierenden Wertigkeiten mit einander vereinen. Mit besonderem Augenmerk auf Fairness, Ethik, Nachhaltigkeit, Daseinsvorsorge etc. – alles nicht zufällig typisch mittelständische Werte.

Mag. Wolfgang Lusak

P.S.: Dieser Artikel wurde (unter dem Titel "Die Abwesenden";) am 30.4.18 auch im KURIER veröffentlicht. Meine vor allem zum Thema Mittelstand geschriebenen Kommentare gibt es gesammelt auf "Lobby der Mitte" im Blog unter Lusak Kommentare.

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