Es ist passiert, der schneearme Winter ist in den Öffis angekommen. Gut für mich: Die Züge sind auch im Winter pünktlich, kein Frieren beim Warten auf die Mitfahrgelegenheit und keine unausstehliche warme Luft in den Abteilen. Alles easy-going. Wäre die Region in der ich wohne nicht stark vom Wintertourismus, quasi vom Schnee abhängig. Ein paar Sommerurlauber verirren sich auch zu uns, aber die meisten fahren dann doch lieber auf einen der zahlreichen Hausmeisterstrände, egal wo - Hauptsache Ausland.

Ich sitze also im Zug, der überraschend leer ist - weil die Schüler natürlich schon nicht mehr in die Schule gehen, auch wenn sie vielleicht doch noch Unterricht hätten. Zahlt sich nicht aus, die Kosten-Nutzen Rechnung spricht für einen zusätzlichen freien Tag, aus Sicht der Lernenden. Neben mir drei Damen die auf dem Weg in die Stadt sind, die letzten Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Mühsam, denke ich mir, ihre Gespräche sind mühsam. Es geht um den Schnee, der eben so arg fehlt, dass die Frau Holle gekündigt worden sei, wo das hinführt, wenn das weiße Gold nicht bald kommt und dass die Russen heuer nicht kommen. Hoffentlich kommen zumindest die Deutschen. Polen ist das neue Land, das man touristisch gesehen für sich gewinnen möchte - Skiurlaub im zauberhaften Österreich, Westösterreich. Aber der Schnee ist halt noch nicht da. Aufs neue Jahr wäre es ganz wichtig, sagt eine der Damen. Die andere wirft ein, dass sie sich unbedingt einen Schnee für die Faschingswoche wünscht.

Mühsam. Es ist zu warm, deshalb fehlt der Schnee. Das ist so! Klimawandel hin oder her, der Wintertourismus in Österreich hat bald ein echtes Problem. Weil ohne Schnee, kein Skifahren, kein Wintertourismus, ergo kein Geld. Das ärgert die drei Damen, das stört die meisten Menschen. Das nervt die ganze Wirtschaft, die kleinen sowie großen Geschäfte in der Umgebung. Außerdem ohne Schnee keine Weihnachtsstimmung. Ich überlege ob ich meinen Sitznachbarinnen ein paar Informationen geben soll, über die Schäden die Liftgesellschaften anrichten, die zu vielen Autofahrten pro Kopf, die falschen Energiequellen, die unnötige Bebauung von Grünland, die vielen Lebensmittel die niemand braucht und ob ich ihnen vom Müll in der Donau erzählen soll.

Ich lass es. Es würde in einer unnötigen Diskussion enden, dass die drei und ich nicht die Welt retten können. Sicher können wir die Situation nicht verbessern, aber wir könnten dazu beitragen, dass es nicht noch schlechter wird - das ist mein Ansatz, sag ich mir leise. Ich mag den Schnee, echt gern. Als Kind habe ich immer behauptet, dass der Winter meine Lieblingsjahreszeit ist - da bin ich mir heute nicht mehr so sicher. Bald gibt es vielleicht gar keinen Winter mehr, weil ohne Schnee ist es doch kein Winter. Ohne weiße Landschaft keine Weihnachtsstimmung, kein Skifahren, keine Touristen, kein Après-ski.

Wenn nicht die Mehrheit bald hin und wieder auf das Auto verzichtet, regional einkauft und Windkraftwerke nicht mehr zu hässlich findet, hat der Wintertourismus eine Chance zu überleben. Sonst muss der Tourismus in der Region seinen Fokus verschieben, wohin auch immer. Gut, dass ich dafür keine Lösung finden muss.

Ich freue mich, wie der Zug in den Bahnhof einfährt. Die Damen und ich steigen aus. Zumindest erledigen die drei ihre Weihnachtseinkäufe schon mal mit den Öffis, sind meine Gedanken wie ich das Büro betrete  [...] !!

4
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:56

Bluesanne

Bluesanne bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:56

andy1

andy1 bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:56

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:56

4 Kommentare

Mehr von MarieGrün