Sozialarbeiter Robert Miksch erzählt über seine Arbeit als Leiter des Kommunikationszentrums in der Berger-Sandhofer-Siedlung. Er spricht über die Entwicklungen in den letzten Jahren und darüber, ob soziale und kulturelle Unterschiede wirklich so ein hohes Konfliktpotenzial aufweisen, wie von vielen Seiten der Gesellschaft und der Politik immer wieder behauptet wird.

MW: Die Berger-Sandhofer Siedlung besteht nun seit 28 Jahren. Derzeit wohnen Menschen aus insgesamt 40 verschiedenen Nationen in der Siedlung. Wie hat man es geschafft, ein gutes Klima für das Zusammenleben zu schaffen?

Robert Miksch: Die Berger-Sandhofer Siedlung wurde errichtet für Großfamilien mit Einwanderungsgeschichte, die in Salzburg keinen Platz zum Wohnen gefunden haben. Man hat damals eine Sozialraumanalyse durchgeführt, um herauszufinden, welche Bedürfnisse die Menschen haben, wie viele Kinder es in der Siedlung gibt und welche Räume es braucht. Im Auftrag der Stadt Salzburg hat der Verein Spektrum die Einrichtung geöffnet. Diese Einrichtung führen wir bis heute, mit dem Ziel Sozialarbeit zu machen, gute Siedlungsarbeit und vor allem offene Kinder- und Jugendarbeit zu betreiben. Dadurch sind verschiedene Treffs und Projekte entstanden, die sich positiv auf das Zusammenleben auswirken.

MW: Also gibt es keine interkulturellen Diskrepanzen innerhalb der Siedlung?

Robert Miksch: Nein. Wenn wir Jugend- und Sozialarbeiter davon ausgehen würden, dann würden wir bestimmte Kulturen denunzieren und das wollen wir nicht. Natürlich gibt es immer wieder Konflikte wenn so viele Menschen miteinander leben. Die Karte „Ausländerfeindlichkeit“ wird erst sehr spät als Joker gezogen, davor gibt es zahlreiche andere Reibungspunkte.

MW: In unserer Gesellschaft werden seit einiger Zeit Muslime immer stärker als Feindbild und Bedrohung wahrgenommen. Funktioniert in dieser vergleichsweise kleinen Wohnsiedlung das Zusammenleben besser, als in Städten?

Robert Miksch: Ja. Schlagen Sie einen Asterix-Komik auf und sehen Sie sich die Landkarte an - manchmal komme ich mir hier vor wie in einem kleinen gallischen Dorf mit allen Dynamiken die hier passieren (lacht). Ab einer gewissen strukturellen Größe, erreicht man  selbst mit Sozialarbeit einen Großteil der Menschen nicht mehr. Von den Tausend Menschen in unserer Siedlung wohnen, sind 500 Kinder und Jugendliche, von denen man rund 80 Prozent erreicht. Das hat einen dörflichen Charakter und somit gleich eine ganz andere Wirkung.

MW: Seit Monaten ist bekannt, dass sich vermehrt Jugendliche aus westlichen Ländern der Terrormiliz „Islamischer Staat“ anschließen. Wie kann man diesem Phänomen entgegenwirken?

Robert Miksch: Der „Job“ von Jugendlichen ist es, Grenzen zu erfahren.  Seit ich hier arbeite, ist Extremismus ein Thema. Am Anfang war es Rechtsextremismus, heute ist es religiöser Extremismus. Oft haben Jugendliche eine viel fundamentalere Einstellung zu Religion als ihre Eltern, die schon lange hier leben. Das ist, weil Jugendliche ihre Grenzen austesten wollen. Wir arbeiten hier stark präventiv und versuchen, Extremismus immer wieder zu thematisieren. Unser Zugang zu den Jugendlichen erfolgt aber über die Sozialarbeit und nicht über die Religion, womit wir eigentlich immer erfolgreich sind. Wir warnen aber auf jeden Fall vor Stigmatisierung. Nur weil jemand einen Bart trägt und am Freitag in die Moschee geht, ist ein Mensch noch lange kein Extremist.

MW: Vor den Landtagswahlen in der Steiermark hat aber die FPÖ sehr stark mit Stigmatisierung gearbeitet und damit auch großen Erfolg verzeichnet. Gibt es eine Möglichkeit, Stigmata auf gesamtgesellschaftlicher Ebene entgegenzuwirken?

Robert Miksch: Bewusstseinsfördernde Maßnahmen sollten immer einem Rahmen vollzogen werden, der nicht  allzu groß ist. Was wir in der sozialen Arbeit als extrem wichtig erachten ist, gegen Resignation anzukämpfen. Wir wollen aktivierend arbeiten, auch was das politische Bewusstsein betrifft, ohne Partei zu ergreifen. Wir sind überparteilich, das ist die Qualität unserer Arbeit. Wir wollen aber ein gewisses selbstständiges Denken fördern.  Wir bewegen uns in Millimeterschritten, aber wir bewegen uns. Leider ist die politische Welt, auch wenn sie mit Entscheidungen manchmal nachhinkt, diesbezüglich viel schneller.

MW: Welche Ziele haben Sie sich als Jugendarbeiter für die nächste Jahre gesetzt?

Robert Miksch: Als Jugendarbeiter arbeitet man am Puls der Zeit. Man erkennt relativ früh, welche Bedürfnisse, Probleme und Wünsche die Jugendlichen haben. Mein Ziel ist es, immer wieder auf diese Wünsche und Probleme einzugehen, ganz egal was sich mir stellt.

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