„Mein Trafikant und ich“ oder „Das exemplarische Beispiel für die Schwierigkeit der Kommunikation auf gleicher Augenhöhe“.

Mein Trafikant ist Geschäftsinhaber und etwa im gleichen Alter wie ich. Also um die 60 Jahre alt. In unregelmäßigen Abständen kaufe ich meine Zeitung bei ihm. Von Beginn an startete er eine „Frauchen-Kommunikation“ mit mir.

Eine Frauchen-Kommunikation bedeutet, er redet durchwegs mit einem Augenzwinkern mit mir und macht Witze. Nun sind seine Witze manchmal ganz lustig, manchmal weniger lustig. Sie sind nicht ordinär und auch nicht frauenverachtend. Ich habe es einfach so gelassen. War ja nicht so wichtig. Ein paar Mal, als seine Witze an meine Toleranzgrenze herankamen, habe ich ganz leicht meine Augenbraue gehoben – ein paar Millimeter, die nicht zu übersehen sind – und er hat sofort darauf reagiert. Er ist ja nicht dumm. Obwohl ich auf diese oberflächliche Witzebene nicht einstieg und meist ernst geblieben bin, hat er diese Ebene nie verlassen. Die Frauchen-Kommunikation hat eine klare Rollenverteilung: Da Mann oben, und dort Frauchen unten. Mit Frauchen kann man sich nicht wirklich auf gleicher Augenhöhe unterhalten. Ich unterstelle ihm nichts bewusst Böses. Das ist einfach seine Welt.

Heute kam ich in die Trafik und er strahlt mich an und sagt: „Ich habe ihr Bild in der Zeitung gesehen“. Ich: „Ja“. Er: „Sind sie Politikerin? Sicher sind sie das schon sehr lange.“ Ich sage: „Nein. Ich bin vor einem halben Jahr in Pension gegangen und erst seit vier Monaten in der Politik“. Seine Augenbrauen gehen in die Höhe. Er ist offensichtlich überrascht. Er fragt: „Bei welcher Partei sind sie denn?“ Ich sage: „Bei den Grünen“. Er sagt: „Na, macht ja nichts. Sind ja auch Menschen.“ Ich lache hellauf und sage: „Ja, das sehe ich auch so“ Er erzählt mir dann eine längere Geschichte über einen Freund, die für diese Geschichte hier belanglos ist. Was ich merke: Er spricht mit mir. Er macht keine Witze. Er ist höflich und er ist – „devot“. Offensichtlich hat sich die Rollenverteilung geändert: Er nun unten, und ich - nun Politikerin, oben.

Wäre nicht nötig. Er ist ein g’standenes Mannsbild, offensichtlich ein guter Geschäftsmann. Ich bin ein g’standenes Weibsbild, und auch in meinen verschiedenen „Beruf-ungen“ erfolgreich. Um Missverständnissen vorzubeugen. Das Wort „Weibsbild“ hat für mich keine negative Bedeutung. Ein Weibsbild ist für mich eine mit allen Sinnen lebende und lebendige Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht und angstfrei und mutig ihren Weg geht. Das Pendant ist eben das Mannsbild.

Zurück zur gleichen Augenhöhe. Er kann es nicht und er hat keine Ahnung wie das geht. Und das geht leider vielen Menschen so. Die Schwierigkeit ergibt sich in Mann-Frau-Beziehungen, in den Beziehungen Eltern – erwachsene Söhne und Töchter, Eltern – Kinder (nicht zu verwechseln mit Verantwortung, denn die Verantwortung haben die Eltern und sie müssen auch die Entscheidungen treffen - jedoch auch hier ist eine gleiche Augenhöhe möglich), ChefInnen – Angestellte, PolitikerInnen – BürgerInnen, etc. Bei Letzteren liegt es sehr im Argen – aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Hier haben wir noch viel zu lernen – wie das so ist und wie das so geht mit der gleichen Augenhöhe. Denn Niemand sollte unten und niemand sollte oben sein. Auch nicht mein Trafikant.

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fischundfleisch

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Silvia Jelincic

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