Es ist ein bitteres Fazit, das sich nach den langen Monaten des Blutvergießens im Nahen Osten ziehen lässt. Die Bilder der Zerstörung, die unzähligen Opfer auf beiden Seiten, die fast völlige Vernichtung der zivilen Infrastruktur im Gazastreifen – all das hätte den politischen und militärischen Untergang der Hamas bedeuten können. Doch das Gegenteil ist eingetreten. Die militante Organisation steht, trotz der verheerenden Bilanz, als der größte politische Gewinner dieses Krieges da.
Israel hat nach dem Angriff der Hamas am 8. Oktober mit überwältigender militärischer Härte reagiert. Mehr als 80 Prozent der Gebäude im Gazastreifen liegen in Trümmern, Hunderttausende Menschen sind vertrieben. Doch das erklärte Ziel, die Hamas zu zerschlagen, wurde verfehlt. Die israelische Armee konnte zwar Kämpfer ausschalten und Tunnelnetzwerke zerstören, aber nicht die politische Kontrolle der Hamas brechen. Stattdessen hat die Organisation die Phase des Krieges politisch überlebt – und mit dem jüngsten Friedensabkommen sogar aufgewertet.
Dieses Abkommen, das Präsident Donald Trump in eiligem Tempo vermittelt hat, wird als diplomatischer Erfolg verkauft. Die Freilassung der Geiseln aus israelischer Gefangenschaft ist zweifellos ein humanitärer Gewinn, doch darüber hinaus wirkt der Vertrag unausgereift. Es gibt keine belastbare Struktur für den Wiederaufbau, keine internationale Sicherheitsgarantie und vor allem keinen glaubwürdigen Plan zur Entwaffnung der Hamas. Die Organisation wird theoretisch entwaffnet – praktisch aber bleibt sie kampfbereit und bewaffnet.
Die zukünftige Übergangsregierung im Gazastreifen steht zwischen allen Fronten. Sie muss die Macht der Hamas anerkennen und kann kaum selbst handeln. Lokale Gruppen, die sich für Ruhe und Wiederaufbau einsetzen wollen, werden von der Hamas brutal unterdrückt. Wieder beginnt ein Kreislauf der Angst: Menschen, die von Frieden träumen, werden unterjocht. Junge Männer ohne Zukunft finden sich erneut in den Reihen der Milizen wieder, weil ihnen keine reale Alternative bleibt. Erst beginnt ein Bürgerkrieg und sobald die Hamas ihre Macht vollständig etabliert hat, ist Israel wieder das Ziel. Netanjahu hat sich völlig verrechnet.
So ist ein erschütterndes politische Gleichgewicht entstanden: Ein zerstörtes Land, ein geschwächtes Israel, eine frustrierte internationale Gemeinschaft – und eine Hamas, die trotz allem überlebt hat. Wenn Trump ihr nun de facto freie Hand gibt, um im Gazastreifen „Ordnung“ herzustellen, dann bedeutet das nicht Stabilität, sondern die Fortsetzung der Unterdrückung unter neuem Vorzeichen. Der Krieg hat keinen Frieden gebracht, sondern nur den Beweis geliefert, dass Gewalt immer wieder belohnt wird – auf Kosten all jener, die einfach nur in Frieden leben wollen.