Ein Jahr das die Niederlande veränderte

Ein Jahr Rechtspopulismus – und die Niederlande sind kaum wiederzuerkennen. Das Land, das jahrzehntelang als Inbegriff von Freiheit, Toleranz und nüchternem Pragmatismus galt, hat in zwölf Monaten mehr verloren, als es in fünf Jahrzehnten aufgebaut hat. Eine Nation, die einst stolz war auf Offenheit und Fortschritt, ist in Angst, Wut und Selbstgerechtigkeit versunken.

Die Rechtskoalition unter der Führung von Wilders’ Partei versprach Ordnung – sie brachte Zerrüttung. Sie versprach Sicherheit – sie säte Misstrauen. Ministerien wurden zu Experimentierfeldern für Ideologen, Gesetze zu Werkzeugen moralischer Einschüchterung. Die Regierung zog systematisch den Teppich unter den Füßen jener weg, die am meisten auf Stabilität angewiesen sind: Einwanderer, Sozialhilfeempfänger, Rentner, Lehrer, Künstler. Es war, als solle das eigene Land ausgehungert werden, um ein paar populistischen Parolen gerecht zu werden.

Die politischen Entscheidungen waren so provinziell wie zerstörerisch. Migrantenlager geschlossen, Familien auseinandergerissen, Gemeinden gegeneinander ausgespielt. Beamte, die vor den Auswirkungen warnen, werden entlassen oder mundtot gemacht. Selbst Bürgermeister, die sich weigerten, die neuen Regeln umzusetzen, stehen unter Druck. Das Recht scheint sich den Launen eines lauten Mannes zu beugen, der Hetze mit Führungsstärke verwechselt.

Auch wirtschaftlich hat der Zauber nichts als Scherben hinterlassen. Wer dachte, ein nationalistischer Kurs würde den kleinen Leuten helfen, sieht sich betrogen. Die Inflation frisst Einkommen, die Staatsverschuldung wächst, und internationale Investoren wenden sich ab – aus Skepsis gegenüber einem Land, das sich selbst nicht mehr traut.

Im öffentlichen Diskurs ist der Umgangston verroht. Hass wird zur Meinungsfreiheit erklärt, Anstand zur Schwäche. Ganze Berufsgruppen – Journalisten, Lehrer, Künstler – werden als „linke Elite“ verhöhnt. Universitäten verlieren Fördergelder, wenn ihre Forschung nicht „niederländische Werte“ stärkt. Die einstige Wissensnation verkommt zu einem intellektuellen Hinterhof, in dem Denunziation Normalität wird.

Am härtesten trifft der Verfall das Selbstbild des Landes. Die Niederlande waren stolz darauf, modern, weltoffen, gerecht zu sein. Heute stehen sie für Misstrauen, Verrohung und moralischen Stillstand. Man hat in einem Jahr mehr Menschlichkeit verloren, als man in 50 Jahren an Freiheit, Toleranz und Anstand gewonnen hatte. Die Lichter, die einst über Amsterdam, Rotterdam und Utrecht leuchteten, brennen noch – aber sie werfen nur noch Schatten auf das, was einmal das Herz Europas war.

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