Dem Magazin „Politico“ gab der „AfD-Hoffnungsträger“ (Kontrafunk) und Spitzenkandidat seiner Partei in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund ein Interview. Dort erfuhr man nicht nur, dass er bei seinen Auftritten einen „Anheizer“ beschäftigt, der „Sieg!“ ins Publikum brüllt, worauf dieses mit „Mund!“ antwortet, sondern auch, dass er auf die Frage, ob er denn den Holocaust für das schlimmste Menschheitsverbrechen halte, ausweichend antwortete, er könne ja nicht „die gesamte Menschheit aufarbeiten“, und ergänzte, man müsse „nicht nur aus einzelnen Aspekten der Geschichte“ lernen, „sondern aus der gesamten Geschichte“. Was sich anhört, als rede ein etwas beschränkter Geschichtslehrer, ist in seiner Naivität Teil einer Strategie, die behauptet, man könne, was längst erforscht und bewiesen ist, noch nicht abschließend bewerten. Dass die Shoah dadurch, ohne sie konkret zu leugnen, in ihren monströsen Dimensionen angezweifelt wird, schmeichelt dem nazistischen Bodensatz der AfD ebenso wie das fast schon zu offenkundige „Sieg! Mund!“-Gebrülle. Besonders widerlich wird es, wenn sich Siegmund als Kämpfer gegen eine „Sprachpolizei“ resp. für die Meinungsfreiheit aufspielt: „Das darfst du sagen, das darfst du nicht sagen, weil das vor 80 Jahren mal so und so war“ – mit diesem flapsigen „so und so“ verharmlost Siegmund die Barbarei der Nazis erneut. Seine Äußerungen belegen, dass die §§ 86a und 130 des deutschen Strafgesetzbuches keine Anweisungen einer obskuren „Sprachpolizei“ sind, sondern dabei helfen sollen, kriminelle Handlungen, die das Andenken der Ermordeten verhöhnen, zu verhindern.
Siegmund hat, nimmt man die aktuellen Umfragen als Grundlage, gute Aussichten, Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt zu werden. Keine Pointe.