In Russland mehren sich die Stimmen, die offen über die humanitären und sozialen Folgen des Ukraine-Kriegs sprechen. Besonders bemerkenswert: Diese Kritik kommt nicht von außen, sondern aus dem eigenen, pro-kriegsorientierten Lager. Militärkommentatoren wie Maxim Klimov – ein selbsternannter „Z-Patriot“ – oder der bekannte Blogger „Rybar“ (Mikhail Zvinchuk) thematisieren zunehmend die Realität hinter der offiziellen Rhetorik: das Schicksal von bis zu 1,5 Millionen russischen Soldaten, deren Zukunft ungewiss ist.
„Kanonenfutter“ und Frontalangriffe: Die Wahrheit hinter der Fassade
Laut russischen Mil-Bloggern wie „Rybar“ oder dem „Militärinformanten“ werden viele Rekruten mit minimaler Ausbildung und unzureichender Ausrüstung in sogenannte „Kanonenfutterangriffe“ geschickt – Frontalangriffe mit extrem hohen Verlusten. Diese Praxis, so die Blogger, diene oft nur dazu, Vorgesetzten kurzfristige Erfolge zu melden, während die Soldaten „weggeworfen“ werden. „Der Preis für diese betrügerischen Berichte sind die Leben unserer Soldaten“, schreibt „Rybar“ und prangert damit die strukturelle Korruption und Inkompetenz innerhalb der russischen Armee an.
Die Rückkehr der Veteranen: Eine tickende Zeitbombe
Experten wie der britische Historiker Mark Galeotti und russische Kreml-Insider warnen vor den Folgen: Bis zu 1,5 Millionen Männer, darunter Zehntausende begnadigte Straftäter, kehren traumatisiert und oft ohne Perspektive ins Zivilleben zurück. Viele leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen, finden keine Arbeit und drohen, zu einer destabilisierenden Kraft zu werden. Der Kreml fürchtet eine „Welle der Gewalt“ und soziale Unruhen, ähnlich wie nach dem Afghanistankrieg.
Warum das die Position der Ukraine stärkt
Aus ukrainischer Sicht sei diese Entwicklung ein strategischer Vorteil: Jeder weitere Monat des Krieges verschärft Russlands innere Probleme. Die Armee verliert qualifiziertes Personal, die Gesellschaft wird mit den Folgen der „Fleischwolf“-Taktik konfrontiert, und die Wiedereingliederung der Veteranen überfordert den Staat. Russische Mil-Blogger bestätigen unfreiwillig, was Kiew längst weiß: Russland kann sich nach diesem Krieg nicht einfach „resetten“. Die Kosten sind zu hoch – für die Soldaten, ihre Familien und die Gesellschaft.
Fazit: Kein Ausweg in Sicht
Die Aussagen der russischen Militärblogger zeigen: Ein schnelles Ende des Krieges würde Russland nicht retten, sondern die verdeckten Krisen nur sichtbar machen. Die Frage ist nicht, ob, sondern wann diese Last die Gesellschaft erschüttert. Für die Ukraine bedeute das: Zeit arbeitet gegen Moskau... so die Mil-Blogger.
Die russischen Quellen stellen sich die Frage: Muss die internationale Gemeinschaft die Wiedereingliederung russischer Veteranen nach dem Krieg unterstützen? – oder ist das allein Russlands Problem?
(Quellen: u.a. FOCUS, RND, BR24, ESUT, Analysen russischer Mil-Blogger wie „Rybar“, „Militärinformant“, Mark Galeotti, Kreml-Insider)*