Warum ich als "Linker" die AfD nicht bockieren will

Die Begründung in Kürze: Ich habe keine Lust und ich halte es für strategisch falsch.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es wird von meinem persönlichen Umfeld angenommen, dass ich ein Linker sei und damit automatisch die Pflicht verknüpft sei "die AfD zu verhindern". Das Problem steckt schon in der Anspruchshaltung die AfD verhindern" zu wollen. Ein Realist würde anerkennen, dass die AfD schon da ist. Nicht nur als von links wegen aufgeblasenes Schreckgespinst, sondern auch schon in aktiv in der Opposition in diversen Landtagen und demnächst wahrscheinlich auch in Berlin. Es gibt da nichts mehr zu verhindern, denn sie ist ja schon da.

Dazu kommt etwas was ich schon länger beobachte, seit die AfD da ist. Es wird mit viel Aufwand und Geschrei versucht popelige, kleine oder große Treffen von Mitgliedern der AfD mindestens zu verhindern, zu stören oder so sehr zu bedrohen, dass sie abgesagt werden muss. Wenn mir jetzt noch meine linken Studenten mitteilen wollen, ich solle trotz der Gewalt gegen Politiker AfD mehr Vertrauen in die Antifa haben, weil die besser über Rechspopulisten und Rechtsextremisten Bescheid weiß als jede staatliche Stelle, kann ich nur sardonisch lächeln. Heute hieß es wieder den Rassisten in der Gesellschaft (gemeint war die AfD) müssen als Rassisten benannt werden dürfen. Ich sage: ja leg los, wo ist das Problem? Antwort: Es darf keine Ausreden mehr geben. Rassisten müssen als solche benannt werden dürfen. Dann tangierte das Gespräch noch kurz die Möglichkeit, ob sich Rassisten sich nur weiterbilden müssten, damit es besser werden würde. Ich ließ nicht locker und fragte, was wir den ganz konkret mit all den Rassisten machen. Die ungemein reflektierte Antwort lautete: Bashen.

Bashen!? Bashen ist das einzige politische Konzept der Linken, welches sich bis heute erhalten hat. Wahlweise bashen, bedrohen und anzünden. Deswegen glaube ich auch nicht, dass der Erfolg der AfD allein und ausschließlich von den nicht bearbeiteten Rassismen abgeleitet werden kann. Dafür mag es historische Anhaltspunkte geben. Die Klage der Hereros auf Anerkennung des Völkermordes durch das Deutsche Kaiserreich ist nur eine Ankündigung für all das, was noch an historischen Debatten auf uns zukommt. - Nein, meines Erachtens hat der Erfolg der AfD vielmehr damit zu tun, dass alle Parteien, die sich weitestgehend oder irrtümlich als links einordnen, keine positive Utopie haben, die sie jetzt im Wahlkampf anbieten können und zwar weder für die Zukunft, noch für die Vergangenheit. Alles was linkes Gedankengut und linke Philosphien an Utopien hervorgebracht hat, sind keine Utopien, sondern dystopische Katastrophen: die Gulags, die Volksrepublik China, die "Kubanische Revolution", den Unrechtsstaat DDR, die RAF und den Unrechtsstaat Venezuela. Die Liste ließe sich fortsetzen. Ich belasse es bei herausragenden "Highlights" der Geschichte. So lange die Linke ihre eigenen Faschismen der Geschichte nicht bearbeitet hat, kann sie weiter gern von allen anderen verlangen ihre menschenverachtenden Positionen zu verändern. Sie sollte sich aber nicht wundern, wenn sie nicht gehört wird. Sie hat nämlich nicht viel zu erzählen. Die Linke sieht heute so alt aus, wie alle anderen Parteien. Sie möchte, wie die AfD, im Rückwärtsgang in die Zukunft. Die AfD hat im Gegensatz zur Linken historisch einige Jahrzehnte des Wohlstandes unter CDU, FDP und SPD, die "gute alte Zeit", die sie anstreben könnte. Als die Globalisierung noch der "Druck aus Asien" hieß, Migranten "Asylanten und/oder Sozialschmarotzer" waren, die EU noch eine irre Idee, die niemand für durchführbar hielt nach dem 2. Weltkrieg und die Ossis waren eine eigene ethnische Gruppe, über die damals bis heute gelacht wird. Man kann von dieser Utopie der Vergangenheit halten was man möchte, aber die AfD hat sie und setzt sie in ihrer Strategie sinnvoll ein. Wenn im Gegenzug also die Linke dagegen gewinnen möchte, bräuchte sie einen ehrlicheren Umgang mit ihrer eigenen Vergangenheit und müsste eine funktionierende positive Utopie für die Zukunft anbieten. Dazu scheint sie derzeit nicht in der Lage zu sein, weil sie permanent im Kampf gegen Rechts ist. Dieser Kampf hält davon ab inne zu halten, nachzudenken, sich zu entscheiden und vielleicht die politische Strategie zu ändern.

Das wäre in einem Wahlkampfjahr vielleicht wünschenswert, aber davon werden wir nicht viel hören. Lasst die AfD sich doch treffen. Ich sage nur Rede- und Versammlungsfreiheit, nur können die Demonstranten in Köln damit nur etwas anfangen, wenn es ausschließlich für sie gilt und nicht für den politischen Gegner. Bedauerlich. Die AfD ist eine nicht verbotene Partei und kann Parteitage durchführen, wie jede andere auch. Was soll das Gedöns? Kümmert euch doch um euren eigenen Kram bzw. entwickelt Gegenkonzepte, die besser und überzeugender sind, als die der AfD. Dann müsst ihr auch nicht mehr so viel Zeit damit vergeuden irgendwo hinzufahren, um die AfD zu verhindern.

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Margaretha G

Margaretha G bewertete diesen Eintrag 23.04.2017 10:01:23

Tanya Leitinger

Tanya Leitinger bewertete diesen Eintrag 22.04.2017 17:38:47

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