Den Songcontest soll ein Song gewinnen. Nicht die Toleranz.

Ich habe einen britischen Reisepass und kann daher wahnsinnig komplexe Wortgebilde wie zum Beispiel das Wort "Songcontest" in seiner Gesamtheit sehr gut erfassen und verstehen. Das Wort setzt sich eigentlich aus zwei Worten zusammen, die man auch voneinander trennen kann. Das erste Wort wäre "Song". Das heißt übersetzt "Lied". Das zweite Wort wäre dann "Contest". "Contest" bedeutet auf Deutsch "Wettbewerb". Liedwettbewerb könnte man sagen. Ein Wettbewerb der Lieder, wenn man so will.

Als ich mir also letztens Show #1 der österreichischen Songcontestvorausscheidung anschaute, fragte ich mich, ob die Coaches und Bewerter ebenso gut Englisch können wie ich. Aber ich glaube nicht. Und wenn ich's mir genau überlege, dann beherrscht der ORF vermutlich selbst die fremde Sprache nicht so gut. Ich bin fast davon überzeugt und zwar deshalb, weil ein Kommentar während der Show immer wieder fiel. Das Kommentar war aus meiner Sicht völlig in line (Anm. dem Konzept entsprechend) mit dem Sendungskonzept. 16 Künstler treten in einer Show auf, um ein Lied zu singen. Während der meisten Auftritte fällt dann genau der Satz, der mich glauben lässt, dass die Kollegen dort keine Polyglotte sind.

"Naja, das Lied ist super, aber das sollten wir heute nicht bewerten...blablabla...Gesamtpaket...blablabla...neues Lied, internationale Songwriter, Coaches...Performance" – das ist ein ziemlich genaues Zitat würde ich meinen.

Und weil der ORF eben nicht so gut Englisch kann, vergebe ich ihm auch, dass er nicht – der Wortbedeutung folgend – nach guten Songs für den Wettbewerb sucht, die von guten österreichischen Künstlern dargebracht werden, sondern dass er Künstler sucht, denen er mittels zweifelhafter Coaches einen professionelleren Schliff geben und mit Hilfe internationaler Songwriter einen passenden Song verpassen kann.

Die Fragen "Warum behauptet der Herr ORF mit dieser Sendung, dass er an die ‚tollen österreichischen Künstler‘ glaubt, wenn er die österreichischen-Künstler-Songs dann doch nicht gut genug findet? Warum brauchen wir deutsche Coaches? Warum brauchen die Künstler, die ja vom Sendungsmacher als ‚gut‘ betitelt werden, die internationalen Songwriter, um noch besser zu werden?" unterdrücke ich einfach.

So, und jetzt besinne ich mich drauf, dass Englisch auch international nicht so gut verstanden wird. Denn nicht nur der ORF und die Coaches, sondern die ganze Songcontestgang samt Machern, Sehern und Akteuren bewerten und feiern ganz andere Dinge als Songs. Nämlich Outfits, Performance, Toleranz, Titten und Feuerwerke. Für sich alles tolle Dinge, aber eben keine Songs per se.

Das führt mich auch schon zu meinem Vorschlag: Bringen wir den Songcontest doch einfach nur im Radio. Weil er dort das sein könnte was er sein sollte: Ein Liederwettbewerb.

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Silvia Jelincic

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