Was mich wirklich irritiert ist, zur Mittagszeit in einem Bürogebäude auf’s WC zu gehen. Die Rahmenbedingungen sind’s nämlich, die den Klogang besonders in der Zeit zwischen 12 und 13 Uhr zu einem seltsamen Erlebnis machen. Die Kollegschaft war essen, scheinbar haben die männlichen Mitarbeiter einen recht schnellen Verdauungszyklus und so tummeln sich Teamkollegen sowie Gangbekanntschaften um die weißen Schüsseln, die die Welt bedeuten. Dabei ergeben sich im speziellen zwei Szenarien die ich wirklich jedes Mal unangenehm finde.,

1)      Der Zahnputzer.

Um hier nicht um den heißen Brei – wie passend – herumzureden, mittags gehen die verdauungsfleißigen Männer also kacken. Das sieht man an den roten, halbkreisförmigen Versperrstreifen an der Klotür, wäre man aber farbenblind und hätte einen intakten Geruchssinn, würde man es zweifellos auch so mitbekommen. (Nebenbei entwickle ich gerade enormes Mitleid für  blinde Menschen, die bekanntlicherweise ja oft einen geschärften Geruchssinn haben).

Während also die Kollegen ihr Mittagessen verabschieden, gibt’s in den allermeisten Büros auch den einen oder anderen, der nach jedem Essen – so wie wir’s damals in der Schule unter Vorzeigung eines gigantischen Gebisses mit einer überdimensionalen Zahnbürste gelernt haben – seine Zähne putzt. Vermutlich will er das gar nicht, aber vom ersten Bissen seiner Mahlzeit an lässt ihn der Merksatz „Vor dem Essen, nach dem Essen, Zähne putzen nicht vergessen“ nicht in Ruhe. Gehirngewaschen ist sein erster Gang nach dem Essen also auf’s WC, wo er Zahnbürste und Paste zückt. Wer will in einem Raum mit kackenden Männern Zähne putzen? Das ist wie am Klo essen. Und das zeigt auch nur, wie zwänglerisch diese Kindheitsmerksätze einen machen. Freiwillig würde das nämlich vermutlich keiner tun.

2)      Die Grüßer.

Die ein- und austrudelnden Mitarbeiter schaffen es am Gang sowie im Aufzug nicht einfach aneinander vorbei zu gehen ohne sich siebzehnmal am Tag „Guten Morgen“, „Grüß dich“, „Servus“ und so weiter zu wünschen. Zumindest ein nettes Nicken. Hat man Pech und sieht man jemanden oft, dann kommt man aus dem Grußwahn nicht mehr raus.

Aber warum zur Hölle muss man, in einem viel zu engen Klo, wo gerade mehrere ihren dampfenden Stuhl heruntergespült haben oder im Begriff sind, es zu tun und ein anderer Kollege dringlich wartet, warum muss man, während 2 tratschend am Pissoir stehen und etwas Berufliches besprechen, das 2 Minuten des Pissens offensichtlich nicht warten kann (über das Pissoir gibt es auch so viel zu schreiben) und unser Zahnputzer getrieben rubbelt –  warum zur Hölle muss man in dieser Situation mit „Mahlzeit“ grüßen? Warum muss man am Heisl überhaupt grüßen? Aber wenn, warum dann mit „Mahlzeit“? Das ist so unpassend wie…keine Ahnung…grausig halt.

Als Bühnenmensch kann ich aber für den 2. Punkt eine Lösung liefern. Wenn ich ein Konzert spiele, dann bitte ich spätestens bei Lied Nummer 2 das Publikum um singende Teilnahme. Gemeinsames Singen senkt alle Barrieren, macht das Herz auf und das Hirn frei. Es schafft eine Atmosphäre der Gleichheit, eine Begegnung auf Augenhöhe. Wieso, anstatt sich unendlich oft am Gang zu begrüßen, singen wir nicht einfach immer kurz miteinander. Das muss jetzt keine virtuose Nummer sein, es kann ein Lied sein, das wir alle kennen, das nicht zu lange dauert und signalisiert: „Ich habe dich gesehen, sei mir gegrüßt, wir sind auf einer Ebene, alles ist gut und schön“. Wir könnten uns auf etwas einfaches einigen, vielleicht nicht grad „Alle meine Entchen“, aber wie wär’s mit Strophe #1 der Bundeshymne.

Das hätte noch den angenehmen Nebeneffekt, dass man sie dafür kennen muss. Und das grauenvolle „Mahlzeit“ am Klo würde sich auch aufhören. Stattdessen entstünde eine Stimmung von „Am Klo ist keiner besser als der andere, wir sind alle Menschen, lasst uns Freunde sein“. Im sinnieren kommt mir aber gerade ein Punkt, der meinen Vorschlag problematisch enden lassen könnte. Nachdem ich ein Mann bin und somit meistens am Männerklo bin, visualisiere ich uns alle, manche hinter einer dünnen Trennwand, oben und unten offen, manchem im Stehen, andere mit Zahnbürste im Mund, beim gemeinsamen Anstimmen der Bundeshymne. Als wir die wunderschönen ersten Phrasen melodisieren landen wir bei „Heimat bist du…Heimat großer Töchter…“ Ein Stimmengewirr entsteht, eine Diskussion bricht los, Andreas Gabalier wird erwähnt, die Stimmung kippt und die Debatte eskaliert. Nein, das will ich nicht. Das ist wie bei der Geburtstagsfeier wo bei „Hoch soll er leben“ am Ende die einen „dreimal so viel“ und die anderen „dreimal so g’sund“ singen. Nur im Bundeshymnenstimmgewirrfall sind wir politisch unterwegs und bei „Hoch soll er leben“ wird nachher höchstens geschmunzelt.

Gut, mein Fazit ist also: Zähneputzen ja, aber nicht um die Mittagszeit am Firmenklo, lieber Karies riskieren und: Grüßen am Klo bekommt ein klares NEIN.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:03

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