Ein Kommentar voller Emotion zur Situation

Ok. Ich habe bisher in einer Handvoll Kommentaren versucht - und gedenke zu diesem Stil auch zurückzukehren - meine eigene Meinung mit Wissen und Fakten zu bekräftigen und sie sachlich und vergleichsweise ruhig auszuformulieren, aber jetzt will ich meinen Emotionen hier mal freien Lauf lassen. Ich weiß schon, dass das manchen nicht gefallen wird, weil das für sie nicht zu verbinden ist, wenn sich jemand angefressen seinen Frust von der Seele schreibt und dennoch ernst genommen werden will. Sei's drum.

Ganz ehrlich? Die Flüchtlinge sind alle zu bedauern und es soll ihnen geholfen werden, keine Frage, ob nun hier, schon in ihrem Heimatland oder sonst wo. Das ist keine Frage von Politik, sondern von Menschlichkeit. Allerdings lassen mich persönlich die hunderttausenden Schicksale kalt, bzw. treffen mich genauso stark oder schwach wie jedes andere Leid irgendwo auf der Welt. Solange ein schweres Schicksal nicht mich selbst, Leute, die ich liebe oder zumindest kenne, trifft, geht es mir, harsch ausgedrückt, "am A... vorbei". Jeder muss seine eigene Ausrede dafür finden, wieso das so ist. Für mich ist es die Sache, ich kann mich nur entweder ganz reinhängen oder gar nicht, für mich gibt es kein "ein bisschen". Weder emotional, noch materiell. Wenn ich jetzt anfange, zig Tausenden Flüchtlingen zu helfen, habe ich kein eigenes Leben mehr. Ich bin so egoistisch, das zu wollen. Es heißt immer, die Leute, die am meisten geben, sind die, die selbst am wenigsten haben. Mein Kontostand bewegt sich im Normalfall im dreistelligen oder sehr niedrigen vierstelligen Bereich, bei einem Konto, welches ich gar nicht überziehen darf. Trotzdem konnte ich einer Frau, die illegal zu Untermiete bei jemandem wohnt, deren Geschichte mich bewegt hat, weil sie mich persönlich angesprochen hat und somit eine Verbindung aufgebaut hat(!), Geld geben, um zu versuchen, ihr zu helfen und ihre Miete zu bezahlen.

Ob es was gebracht hat, keine Ahnung! Vielleicht hat ihr Vermieter sie nichtsdestotrotz bei der Fremdenpolizei angezeigt und sie wurde - ganz getreu den Gesetzen natürlich - zurückgebracht zu ihrem moslemischen Mann nach Serbien, vor dem sie eigentlich geflohen ist, weil sie zum Christentum konvertiert ist. Ich weiß es nicht, ich hab nie wieder was von ihr gehört! Ist mir deswegen jetzt ein Zacken aus der Krone gebrochen? Nein! Ich bin nicht ignorant Leid gegenüber, ich bin nur der Ansicht, mich nicht um alle emotional und materiell kümmern zu können, weder um Obdachlose, noch Waisenkinder, Krebskranke, oder jetzt Flüchtlinge und ich muss Grenzen ziehen und die liegen bei mir bei der persönlichen Betroffenheit. Ich habe nichts von der Frau bekommen oder erwartet, aber vermutlich gibt es immer noch genug lebens- und weltfremde Traumtänzer, die auch das schlecht heißen, weil ich nicht mit meinem bisschen Geld um mich werfe, um es an die Bedürftigen zu verteilen! Was diese Leute nicht zu begreifen scheinen, ist, dass Armut und Armutsgefährung in einem reichen Land wie Österreich andere Dimensionen hat als in z.B.: Mali. Es ist kein verdammtes Absolutum! Dort wäre ich mit 1000 Euro ein Gott, hier kann ich froh sein, wenn ich mir ein Monat lang das Leben leisten kann! Und ich kann es nicht mehr hören, unterschwellig, wie auch offen, ich sei ein mit dem goldenen Löffel im Mund geborener ultrastinkreicher Mitteleuropäer, der noch nie in seinem Leben Leid erfahren hat und deswegen die erbschuldsgleiche Pflicht hat, allen denen es schlechter geht bedingungslos zu helfen.

Ich bin angepisst auf die Politik, unglaublich angepisst! Nicht, dass es etwas Neues wäre, aber sie zeigt sich in einer Rückgratlosigkeit und Lösungsunwilligkeit in der Flüchtlingskrise, wie selten zuvor. Ich zitiere hier mal auszugsweise einen Beitrag von Michel Reimon aus der Sendung "Im Zentrum": Länder, wie der Libanon oder Jordanien nehmen Flüchtlinge en masse auf. Der Libanon, der etwa so groß ist wie Oberösterreich(!) 100000 Flüchtlinge! Und hier in Europa bricht die EU halb auseinander, weil man sich nicht drauf einigen kann, wer jetzt welchen Anteil an Flüchtlingen aufnehmen soll und wie die genau prozentuell verteilt werden. Weil es in etwa 50 Jahren seit Beginn der Entwicklung der EU nicht geschafft wurde, nationalistische Egoismen abzuschaffen! Wir haben übernationale Gremien und Organe wie den Europäischen Rat, das Europäische Parlament, die Europäische Kommission, nur was bringen die, wenn sie alle nichts machen und anordnen dürfen und jeder Nationalstaat weiter sein eigenes Süppchen kocht, grad in einer Krise wie jetzt?! Es finden Treffen der diversen Minister und Regierungschefs statt und es wird geredet und verhandelt und sondiert und passieren tut: NICHTS! Nicht einmal dann, wenn es schon fünf nach zwölf ist.

Keiner haut einmal auf den Tisch und sagt: Das wird jetzt gemacht! Wahrscheinlich weil sich alle in die Hose scheißen, es könnte sich jemand zu nem neuen Hitler aufschwingen, wenn derjenige das Zepter in die Hand nimmt und Verantwortung und Handeln übernimmt. Dabei steht das, was gerade passiert, menschenverachtenden Personen der Geschichte in genau gar nichts nach. Orbán wird zwar als der Böse dargestellt mit seinem neuen Eisernen Vorhang, aber er hält sich an geltendes EU-Recht, und damit ist alles, was man machen darf, sich alibihalber moralisierend zu mokieren. Läuft ja alles in demokratischen, gesetzlich geregelten Bahnen. Genauso wie mit den Kriegschiffen im Mittelmeer, die Flüchtlingsboote abfangen sollen. Just sayin: Hitler hat sich auch legal innerhalb der demokratischen Vorgaben zum Reichskanzler wählen lassen. Aber das gesamte System der Gesetze und wie sie entstehen und ob sie so überhaupt etwas taugen, zu hinterfragen, ist noch böser, als es Orbán und seine rechtsradikalen Parteifreunde je sein können. Weil Oh my fucking God, es wagt jemand unser demokratisches Rechtssystem in Frage zu stellen! Hochverrat! Und in der Zwischenzeit bauen wir uns hier ganz klassisch nationalistisch wieder unsere Grenzzäune und Grenzkontrollen auf, weil jedes Scheißland Angst davor hat, es könnte ja im Endeffekt vielleicht schlechter dastehen als das Nachbarland. Und eine der wenigen für die Allgemeinheit der Bevölkerung sichtbaren Erleichterungen und Vorteile der EU, die Reisefreiheit, geht sang- und klanglos den Bach hinunter! Ganz großes Politkino!

Und im Land herrscht dieselbe Ratlosigkeit und Nichtstuerei. Traiskirchen platzt seit Monaten. Der Wiener Hauptbahnhof steht dem mittlerweile in nichts nach. Grad, dass noch keine ghettobildenden Zäune aufgestellt wurden, um die Flüchtlinge zusammenzupferchen wie Vieh! Und was tut unsere Regierung? In Klausur gehen! Vermutlich weiß die Hälfte der Wahlberechtigten nicht einmal, was das eigentlich heißen soll! Und ich frag mich auch langsam, wovor schließen sie sich weg? Was sollte getan werden? Auf das bundesstaatliche Prinzip, das angebetet wird wie eine Götzenfigur, sollte geschissen werden und über die Bundesländer und Gemeinden und ihre egoistische "Wir sind wir"-Mentalität drübergefahren werden und endlich die Flüchtlinge gerecht und gleichmäßig aufgeteilt werden! Aber geht ja nicht, weil das ja Gesetz und sogar Verfassung ist, und die ist unabdingbar heilig und solang sich brav alles in diesen geordneten Bahnen bewegt, ist alles legitimiert und gut. Dass sich derweil menschliche Dramen abspielen und moralische Abgründe auftun, ist ja egal.

Dann plärren die rechten Intelligenzallergiker wieder: "Es ist kein Geld da für die Flüchtlinge! Wir haben ja selbst keins!" Stimmt natürlich, "wir" haben kein Geld, weil in Österreich den Bürgern die höchsten Einkommenssteuersätze EU-weit abgenommen werden! Laut www.wko.at 36,5 bis 50%, was den höchsten Eingangssteuersatz und den zweithöchsten Spitzensteuersatz macht! Damit sollte "das Land" aber mehr als genug Geld haben, um unsere Probleme und die der Flüchtlinge lockerst meistern zu können. Ist aber trotzdem nicht da. Bummer. Warum? Eine der Ursachen, aber bei weitem nicht die einzige(!) ist die kontinuierliche Bankenrettung seit locker sieben Jahren. Hier sei mal ein Wort des Dankes an den immer gieriger um sich greifenden Kapitalismus gerichtet, denn in unserer Welt ist es IMMER wichtiger, dass Aktionäre ihre Dividenden Auszahlungen kriegen und das Wirtschaftssystem bloß nicht angetastet wird, weil es eine ebenso heilige Kuh ist wie das Gesetz. Es wäre mehr als genug Geld da, es gibt Geld wie Heu, aber es wird gehortet und gesammelt von einer minimalen Schicht der Bevölkerung, die drauf sitzt und nichts damit anfangt, außer es zu vermehren.

Genau dorthin verschwindet auch das Geld für die grandiose Bankenrettung! In die Taschen der Aktionäre! Ich gebe es ja zu, ich bin auch Materialist. Wenn ich Milliarden Euro mein Eigen nennen würde, würde ich mir zuerst auch einmal meine eigenen materiellen Wünsche erfüllen, dann die meiner Liebsten, aber dann blieben immer noch Milliarden übrig, die ich auf die eine oder andere Art aufteilen könnte, um irgendwo irgendwie Not zu lindern. The Giving Pledge, die von Buffett und Gates ins Leben gerufene Wohltätigkeitskampagne sollte verpflichtend und wenn es nach mir ginge auch erzwungen für alle Superreichen eingeführt werden. Zudem: Lasst die Scheißbanken sterben! Lasst das gesamte Wirtschaftssystem endlich einen schnellen Tod sterben, anstatt es wie einen Wachkomapatienten über Jahre und Jahrzehnte mühsam am Leben zu erhalten. Und dann baut aus den Trümmern wieder was Neues - womöglich Besseres - auf.

Es wird auf die eine oder andere Weise in absehbarer Zukunft so dermaßen krachen, gesellschaftlich, wirtschaftlich oder politisch oder vielleicht alles zusammen, dass selbst die pessimistischsten Vorhersagen von Experten dagegen wie ein Frühlingslüftchen im Park aussähen und ich werd es mitansehen und sagen: Recht geschieht uns.

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Daniela Noitz

Daniela Noitz bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:14

fischundfleisch

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