Konzern-Bashing war gestern.

Für einen echten Linken war die Kritik an Konzernen genauso ein Must-Have wie die Kritik am Kapitalismus. Man verband mit Konzernen Ausbeutung ärmerer Schichten und Bereicherung der Manager im großen Stil.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Seit immer mehr Rechtspopulisten auf das Konzern-Bashing aufspringen, muss man die Sache näher unter die Lupe nehmen. Man muss alles genau betrachten, was Rechtspopulisten für sich beanspruchen, was sie den Linken quasi 'klauen'.

Wieso bashen Personen Konzerne, die sonst eher wenig für Mitmenschen übrig haben? Die gar nicht so empathisch sein können, als dass ihnen ein abgezockter und ausgeraubter Mensch leid tun könnte?

Geht es nur ums Bashen? Damit der Tag runder wird? Oder geht es um Neid an dem Geld, das Manager verdienen? Oder geht es um viel, viel mehr? Können es die Rechtspopulisten vielleicht nicht ertragen, dass Konzerne es den ärmeren Menschen ermöglichen, sich auch gute Nahrung zu kaufen, sich auch schick zu kleiden - und das zu erschwinglichen Preisen?

Darf es ärmeren Menschen nicht besser gehen? Dürfen ärmere Menschen nicht glücklich sein, weil sie sich - im bescheidenen Rahmen - alles leisten können?

Nehmen wir den Konzern Aldi/Hofer her: Er bietet Menschen, die nicht so gut bei Kasse sind, alles an, was sie fürs tägliche Leben brauchen, darüber hinaus auch ein bisschen Mode-Schnickschnack, ein paar Blümchen für die Damen, ein bisschen Werkzeug für die Herren. Alles da. Mit Aldi/Hofer braucht sich der kleine Mann keine Sorgen zu machen, das große Leben nicht meistern zu können.

Natürlich ist die Qualität der Produkte nicht so umwerfend toll. Aber spielt das eine große Rolle? Der Handel setzt ohnehin auf ständigen Neukauf. Das Leben muss in Bewegung bleiben und Konsum ist ein Teil des Lebens.

Oder nehmen wir den gern gebashten Nestlé-Konzern her: Nestlé kauft Land in ärmeren Regionen, hat dadurch Zugriff auf die örtlichen Wasserreserven, bereitet das Wasser auf, macht aus verschmutztem Grundwasser sauberes Trinkwasser, füllt es in Flaschen ab und verkauft es.

Ein nörgelnder Rechtspopulist möge mir bitte erklären, was daran schlecht sein soll? Offensichtlich kann die zuständige Regierung nicht selbst das Wasser aufbereiten, sonst würde sie es tun. Also muss es ein anderer tun. Oder sollen die Menschen in Afrika verdursten? Sollen sie verseuchtes Grundwasser trinken? Läge das eher im Sinne der Rechtspopulisten?

Was sollte oder könnte man tun, damit die Menschen in Afrika sauberes Trinkwasser bekommen?

Dieses Trinkwasser sollte dann nichts kosten dürfen? Schön wäre es! In Europa zahlen wir auch für unser Wasser und gar nicht wenig! Vielleicht realisieren das Menschen nicht, wenn sie in Sozial- oder Gemeindebauten leben, wo die Wassergebühren unauffällig in den Betriebskosten versteckt sind. Aber der Bewohner eines Einzelhauses kann ein Lied von seiner Wasserrechnung singen! Den Pool mit kostenpflichtigem Leitungswasser füllen, geht schon gar nicht mehr. Ohne Grundwasseranschluss sollte man sich einen Pool besser nicht leisten!

Greenpeace hat 2015 seine Demos gegen die Konzerne eingestellt. Der Grund sei ein wirksamerer Nachfolger, eine NGO, die sich besser um die Einhaltung von Umweltschutz und Menschenrechten kümmern kann:

http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/Schluss-mit-KonzernBashing/story/16172774

Ob dies nun stimmt oder nicht, eines muss jedem klar sein: In den Schwellenländern entstehen gigantische Konzerne, um Milliarden Menschen zu versorgen.

Die Welt dreht sich nicht nur um Europa, die Welt dreht sich um alle Menschen. Auch Asiaten müssen essen, trinken und sich bekleiden. Kein Maßschneider und kein Bio-Bauer kann diesem Anspruch gerecht werden, nicht zahlenmäßig und nicht hinsichtlich der Kosten. Meine Mutter hatte noch einen Maßschneider und einen Maßschuster. Lustig war das, setzt man es auf die heutige Zeit um. Man könnte es auch eine totale Geldverschwendung nennen. Schuhe, vom Schuster angefertigt, kosteten ein kleines Vermögen. Wozu? In Aldi-Schuhen um zehn Euro läuft es sich auch bequem?

In den Millionenstädten der BRICS-Staaten machen nur noch Konzerne das große Geschäft. Konzerne bewegen den Weltmarkt. Für eine kleine, andersdenkende Avantgarde wird es auch weiterhin Bio-Bauern und Maßschneider geben, aber sowohl die Produzierenden als auch die Konsumierenden werden reich sein müssen, um sich dieses persönliche Vergnügen leisten zu können. Diese bewusst demonstrierte Individualität 'Ich bin anders als die Masse' ist nicht viel mehr als ein Hobby, ein Spleen, letztlich sogar eine kleine Lüge. Denn man ist nicht anders als die anderen, nur weil man teurere Schuhe trägt oder beim Bauern kauft.

Vermutlich kann sich der wahre Mensch erst entfalten, wenn diese scheinbaren Unterschiede aus dem Weg geräumt sind? Den Versuch wäre es jedenfalls wert.

2009 richtig eingeschätzt:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/globale-konkurrenz-konzerne-aus-schwellenlaendern-fordern-den-westen-heraus-a-604019.html

2012:

https://www.brandeins.de/lesen/hintergrund/die-groessten-unternehmen-der-welt/

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_gr%C3%B6%C3%9Ften_Unternehmen_der_Welt

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sisterect

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zeit im blick

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