Der Schnee fällt, jede Flocke auf ihren Platz

So scheint es zumindest, wenn ich heute aus dem Fenster sehe. Die Welt draußen ist still, als hielte sie den Atem an, um der leisen Ordnung zu lauschen, die der Schnee mit sich bringt.

Ich habe lange geglaubt, das Leben müsse genau so funktionieren: Alles fällt dorthin, wo es hingehört. Jeder Schritt, jede Begegnung, jede Entscheidung sei Teil eines größeren Plans. Ein Trost und zugleich eine Fessel. Denn wenn alles bestimmt ist, habe ich da dann noch eine Wahl?

Flocken tanzen. Keine fällt gerade. Keine fällt ohne Zögern. Sie drehen sich, irren, lassen sich vom Wind ablenken. Manche landen sanft, andere werden weitergetragen. Und doch, irgendwann, finden sie ihren Platz.

Ich sehe nicht nur das Landen, sondern das Tanzen davor. Die Irrwege, das Schweben, das Treibenlassen – und den Moment, in dem jede Flocke ihren Platz findet, nicht weil er für sie vorgesehen ist, sondern weil sie dorthin gelangt ist.

Eine Flocke aufzufangen bedeutet, dass sie schmilzt, fast scheu, wie ein Geheimnis, das nicht festgehalten werden will – ein sanftes Zeichen dafür, dass nichts festzuhalten ist, weder Vergangenheit noch Perfektion.

Die Bestimmung ist kein Ziel irgendwo in der Ferne, sondern die Haltung, mit der man dem Leben begegnet. Annahme bedeutete nicht Aufgabe – es bedeutete, den Wind zu spüren, ohne ihm alles zu überlassen. Selbstbestimmung bedeutete nicht Kontrolle – es bedeutete, seinen eigenen Tanz zu finden, während die Welt sich dreht.

Annahme heißt für mich nicht, alles hinzunehmen. Es heißt, die Bewegung des Lebens zu akzeptieren.

Der Schnee fällt weiter, unzählige Flocken, jede auf ihren Platz – nicht, weil jemand es so beschlossen hat, sondern weil jede ihren Weg gefunden hat.

Und so findet man auch seinen eigenen Weg. Schritt für Schritt. Flocke für Flocke.

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