Die „Blaue Sau“ greift nach der Macht

Nein, das hier wird jetzt kein politischer Text. Und auch Dominik Heinzl kommt nicht vor. Oder zumindest nur ganz am Rande: der Drink, mit dem der Ex-TV-Star einst auszog, die Welt zu erobern, ist nämlich wieder da. Zumindest ein bisserl.

Sorry Leute, aber die Story, die so ungefähr jeder einklagt, sobald er kapiert hat, wer oder was die „Blaue Sau“ ist und wo sie dereinst herkam, kommt hier nicht. Auch wenn sie vermutlich die - in Klickzahlen gerechnet - lohnendere wäre: Aber das Stück „Was wurde eigentlich aus Dominik Heinzl“ spielt es hier & heute nicht. Schlicht und einfach weil ich keinen blassen Schimmer habe, was der einstige Adabei-Schreck so treibt, seit er beim ORF kein Leiberl mehr hat. Nur soviel: Seine danach groß inszenierte Reportage über das Befahren der Route 66 mit der Harley dürfte keinen TV-Sender so vom Hocker gerissen haben, das Ding zu kaufen. (Oder auszustrahlen).

Gerüchte über Gast-Moderationen bei Großevent-Übertragungen gibt es immer wieder - aber das letzte Mal, dass ich von DH hörte, war als er bei der Harley-Tour des Österreich-Importeurs der Motorradmarke als Off-Air-Moderator antrat. Das finde ich traurig - und sage das ganz ohne Häme: Auch wenn uns nie die große Freundschaft verband, finde ich es schade, dass jemand, der - mit allen Ab- und Zustrichen - in der heimischen Medienlandschaft über Jahrtzehnte Akzente gesetzt hat und ohne Zweifel seine Qualitäten (aber eben auch Allüren) hat(te), so völlig ins Off geschossen werden kann. Punkt.

Aber darum soll es hier heute nicht gehen. Sondern um die „Blaue Sau“. Die gibt es nämlich jetzt wieder. Und falls Sie von diesem Energy-Drink noch nie gehört haben, macht das nix: Auch die Hälfte meines Teams kannte das Ding nicht - und die andere (wir Älteren) hatten die „Sau“ längst vergessen. Bis wir - acht Mann und eine Frau hoch - vergangene Woche im Weinviertel für meine ServusTV-Sendung „LiteraTOUR“ drehten, und im ebenso schönen wie menschenleeren „Alberndorf“ im reichlich unbekannten, aber umso malerischen Pulkautal bei den Glanz-Schwestern tankten.

Die Tankstelle der drei Damen an sich wäre die Fahrt wert. Schließlich bekommt man hier fürs Tanken Schokobananen geschenkt. Und außer Benzin nicht bloß Obst, Brot, Gemüse und sozialen Anschluss, sondern auch Wein oder Bücher. Und regionalen-heimatkundlichen Unterricht zum Pulkautal, seinen Bewohnern und der regionalen Wirtschafts- und Kulturgeschichte. Und eben die „Blaue Sau“. Die steht hier in geschwisterlicher Eintracht neben allen gängigen Energydrinks im Kühlschrank - und wurde von einem Kameraassistenten entdeckt: „Bitte was ist das?“

Der gute Mann war ahnungslos - aber experimentierfreudig. „Schmeckt wie Kaugummi“, sagt er - und zeigte uns die Dose. Wir johlten auf: Ein Restposten aus den 90er-Jahren? Mitnichten, belehrte uns eine der Glanz-Damen: „Die gibt es jetzt wieder. Und sie kommt wieder aus der Gegend. Diesmal wird das gut gehen.“ Macht der Heinzl also doch wieder in Dosen? „Ach der Karli! Von dem hab´ ich ja schon ewig nix mehr gehört. Aber: Nein, der und seine Brüder haben damit nix mehr zu tun.“

An dieser Stelle muss im Geschichtebuch geblättert werden: Die „Blaue Sau“ war ein Energydrink, mit dem die Brüder Heinzl vor rund 25 Jahren am damals gerade so richtig einsetzenden Energydrink-Boom teilhaben wollten. Heinzl nutzte seine Prominenz und den Background seiner Winzerfamilie dazu, das Lifestylegetränke zu promoten - und hatte damit Anfangs durchaus Achtungserfolge. Doch der echte Durchbruch stellte sich nie ein - und irgendwann verschwand der Drink sang- und klanglos wieder aus den Regalen. Wieso? Keine Ahnung. Und so wichtig, da nachzuforschen war der Drink niemandem. Dann war die „Blaue Sau“ Geschichte. Nicht einmal eine Randnotiz bei „Erinnert ihr euch noch…“-Gesprächen auf Parties.

Die Alberndorfer Tankwartin aber wußte mehr. „Da war doch was mit den Dosen. Die waren zu dünn. Oder die Kohlensäure war zu stark. Jedenfalls wurden die Dosen undicht - und die Heinzls mussten alles zurücknehmen. Dann gingen die Firma in Konkurs.“ Ob das so stimmt? Keine Ahnung. Im Wirtschaftsblatt konnte man im Sommer 1998 eine kurze Geschichte über den Konkurs und eine Millionenklage der Herstellern gegen den Dosenlieferanten lesen.

Wir - die älteren meines TV-Teams - lauschten der Tankwartin begeistert. Und begutachteten mit strahlenden Augen die Werbemittel, die hier, in Alberndorf, bereit lagen. Einer von uns fuhr die Facebookseite der neuen Blauen Sau an: „Die Blaue Sau is world's most popular energy drink - this might not be reflected in sales numbers, but it has a solid base of fans other energy drink brands can not claim to posess.“ (sic!) stand da. Als einer von zwei Einträgen. Datiert mit November 2008. Halleluja! Der einzige Kommentar dazu stammt aus 2013 - von einem Energydrink-Sammler (ja, sowas gibt es), der nicht das Englisch, sondern den Inhalt kritisierte. Und ein bisserl Drink-Geschichte vortrug.

Der zweite Eintrag auf der Blaue-Sau-Facebookseite ist vom 23. August 2011. Bis heute (Sonntag, 30. August 2015) hatten 180 Leute die Seite geliked. Großes Kino! Hier entsteht wahrlich ein Imperium, das Coca Cole und Red Bull bald klein aussehen lassen wird.

Egal. „Was hat das denn mit dem Heinzl zu tun“, wollte einer der Jüngeren wissen: Er hatte für DH in dessen Society-Zeit gearbeitet - aber nie auch nur ein Sterbenswörtchen über die Blaue Sau gehört. „Und warum lacht ihr, wenn die Tankwartin ‚Karli‘ sagt?“

Wir - die Älteren - sahen einander vielsagend an: Jeder von uns weiß, was passiert, sobald jemand die „Karl“-story anreisst: Dominik heißt Dominik. Und falls wer dran zweifelt, legt Dominik Führerschein, Geburtsurkunde & Co vor. Da aufs Ausstellungsdatum zu achten, vergessen die meisten Leute, die die Dokumente zu sehen bekommen.

Zum Glück waren da aber noch Alberndorfer Tankstellenfrauen. Die plauderten an unserer statt. „Die HeinzlBuben sind ja aus der Region. Das ist eine Weinbauernfamilie. Vier Söhne. Wie wir noch jung waren, waren wir öfter gemeinsam unterwegs. Da hieß der Dominik aber noch Karl. Das war, bevor er nach Wien gegangen ist und Radio-DJ werden wollte. Damals haben die Buam ja auch Musik gemacht. So eine Unterhaltungsband war das. Der eine, der Josef, der spielt immer noch. Aber den Karli haben wir schon lang nimmer gesehen …“  Und so weiter.

Wir - die Älteren - waren begeistert: das mit der Unterhaltunsgband hatte keiner von uns bisher je gehört gehabt.

Ich griff nach einer Dose „Blaue Sau“, öffnete sie - und kam nicht weiter. „Untersteh’ dich!“ fuhr mir mein Kameramann dazwischen. Ich verstand nicht: Auch wenn mein Arbeitgeber zum Red-Bull-Imperiums gehört, würde mich schon niemand feuern, nur weil ich im Weinviertel einen anderen Energydrink kostete. „Eh nicht - aber schau mal die Zunge vom Assi an: Der hat das Zeug grad getrunken - und die ist jetzt blau: Willst Du uns den Dreh schmeissen?“

Wir lachten. Ich kaufte zwei Dosen. Für daheim. Zurück in Wien waren sie umgehend verschwunden: Irgendein Freund dürfte sie entdeckt und entführt haben. Ich habe auch einen konkreten Verdacht. Und Indizien: So viele Möglichkeiten, sich die Zunge blau zu färben, hat man in Wien ja nicht.

Dafür muss man nach Alberndorf fahren. Noch.

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