Krieg / Es herrscht Krieg an den Grenzen / der östlichen Republiken. / Der reichste Mann Deutschlands / besitzt Lebensmittelläden & ein Brötchen kostet / einen Euro mindestens, 200 Pfennig / in alter Währung.

Alles muss raus, zum Beispiel der Marder: „Die massiven Attacken der vergangenen Tage auf Zivilisten in der Ukraine zeigen, dass es zurzeit keinen Spielraum für Verhandlungen gibt. Wer sie fordert, spielt Putin in die Hände. (...) Frieden, Verhandlungen kann es erst geben, wenn Russland erkennt, dass es keinen militärischen Sieg geben kann. Dafür muss die Ukraine mit allem versorgt werden, was sie für den Sieg benötigt, um Russland zu schlagen: Luftabwehr, Panzer, Munition. Was ihre Militärs fordern, sollten sie bekommen. Und auch Deutschland sollte seine Zurückhaltung aufgeben und liefern, was es kann. Die Leopard-Panzer und Marder müssen an die Front.“ (Stefan Laurin, ruhrbarone.de, 11.10.22)

Vertrauen: Rund um Schulen, so kann man beobachten, plakatiert die Bundeswehr besonders häufig. „Wir vertrauen dir.“ Der Vorsitzende des Reservistenverbandes, Patrick Sensburg, CDU, fordert bereits eine Wiedereinführung der Wehrpflicht, ansonsten sei Deutschland im Angriffsfall nicht zu verteidigen. Man glaubte ja bislang, Sinn der Wehrpflicht sei, dass Deutschland im Verteidigungsfall nicht anzugreifen sei, aber wahrscheinlich hat Sensburg genau das gemeint, was er gesagt hat, und einfach darauf vertraut, dass sich nach 1939, pardon: 1999 niemand einen weiteren deutschen Angriffskrieg vorstellen könne.

Wir waren gut vorbereitet: „Um das Ausmaß dieses Investitionsbedarfs zu verdeutlichen, muss man sich nur vor Augen führen, dass die Bundesregierungen seit 2014 massiv in die Bundeswehr investiert haben und seitdem versuchen, sie von der internationalen Einsatzarmee zur Verteidigungs- und Einsatzarmee umzubauen.“ (Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Streitbar. Was Deutschland jetzt lernen muss. München 2022)

Boomermemories, sweet Boomermemories. Sex-Beat, Quartettspiel und Krieg, 1980s revisited: „Der NBC-Bericht (über Reagans Ankündigung, man führe Krieg gegen die UdSSR, TS) stammt vom 19. Oktober 1984, das war am Donnerstag. An dem Tag war ich wahrscheinlich im Old Daddy in Oberhausen. Donnerstag war der New Wave Tag. Ich habe ihn fast nie verpasst. Und ganz sicher habe ich damals zu Sex Beat von Gun Club getanzt. Auch heute kann ich mich der Magie des Stückes nicht entziehen: „We can fuck forever but you will never get my soul“ (ruhrbarone.de, 27.1.23) „Das Panzer-Quartett - Was der Ukraine jetzt noch fehlt (…) kann bis zu sechs Soldaten sicher ins Gefecht transportieren, gibt im Kampf Feuerunterstützung. Produktionsland: Deutschland, Leistung: 600 PS, Geschwindigkeit: 65 km/h, Bewaffnung: usw.“ Ob der Marder besser ist als der französische AMX-10 RC („klein, flink, aber mit viel Rumms“)? (bild.de, 06.01.2023) Na, wer hat Lust auf eine Runde Panzerquartett? Die Erfolgsaussichten sind gewiss größer als beim Sexbeat.

Friedenspreis 1: „Tod den russischen Invasoren. (…) Die Russen sind keine Armee, sie sind eine Horde. (…) Die Russen sind keine Armee, sie sind Verbrecher. (…) Die Russen sind Barbaren. (…) Tolstoi und Dostojewski haben eine vernichtende Niederlage erlitten. (…) Die Russen sind Barbaren. (…) Kaum, dass bei uns Ukrainern irgendetwas Bahnbrechendes passiert, tauchen Schewtschenko-Zitate auf. (…) Gut, dass wir Taras Hryhorowytsch haben. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Nationaldichter!“ (Serhij Zhadan: Himmel über Charkiw. Nachrichten vom Überleben im Krieg. Berlin (Suhrkamp) 2022)

1980s revisited, Teil 2: Der Inquisitor befragt eine Schlagersängerin: „Sie hatten vor einigen Monaten, nachdem der russische Krieg gegen die Ukraine begann, eine Strophe von „Ein bisschen Frieden“ auf Russisch eingesungen. (…) Doch warum nur in der Sprache der Kriegführenden? (…) Weshalb singen Sie die zusätzliche Strophe nicht auf Ukrainisch?“ (Taz.de, 25.12.22)

Wir waren doch nicht gut vorbereitet: „Bereits nach der Annexion der Krim und dem ersten Angrif auf die Ostukraine im Jahr 2014 wurde eine Wende in der deutschen Sicherheitspolitik gefordert. Es fehlte der Große Koalition (sic! TS) seinerzeit das Gespür für die Tragik der Lage und damit auch der Wille, diesen geforderten Wandel anzugehen.“ (Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Streitbar. Was Deutschland jetzt lernen muss. München 2022)

Friedenspreis 2: „Wie stark wir uns in diesen acht Jahren verändern konnten. Die Armee, die Gesellschaft, der Staat als solcher. (…) Hätten die Russen den großflächigen Krieg 2014 begonnen – dann hätte es wahrscheinlich weder Widerstand noch Einigkeit gegeben. (…) Eine Niederlage der Ukraine in diesem Krieg wäre die Niederlage der gesamten zivilisierten Welt. (…) Wir brauchen Waffen! (…) Die Soldaten sind wie innerlich erleuchteter Stahl: zornig, stark, bissig.“ usw. (Serhij Zhadan: Himmel über Charkiw. Nachrichten vom Überleben im Krieg. Berlin (Suhrkamp) 2022)

Jetzt ist es weg, das schöne Geld: Die Klagen darüber, was man mit den 100 Mrd. € Aufrüstungsgeld alles für Schulen, Kitas hätte anschaffen können, zielen ins Leere. Klar, das schöne Geld scheint nun futsch zu sein, aber in der kapitalistischen Logik ist eine Waffe eine profitablere Investition als ein Schulgebäude: Entweder wird sie zerstört oder sie veraltet innerhalb von 20 Jahren. Eine Schule aber steht da und wirft nur geringen Profit ab, besser ist es, die Schüler mit schnell veraltendem Elektroschrott (in so genannten „iPad-Klassen“) auszustatten, da brauchen sie schnell neues Material. (Und völlig absurd ist die Meinung, es sei sowieso kein Geld mehr da, obwohl riesige, stetig wachsende Vermögen im Land vorhanden sind und manche Milliardäre geradezu darum betteln, besteuert zu werden. Diejenigen aber, die ihr Geld lieber behalten wollen, halten sich Rechtslibertäre, die Steuern für das Vorspiel zum Kommunismus halten, und andere Faschisten.)

Alles muss raus, zum Beispiel der Leopard: „Deutschland kann man nicht trauen. Es ist nur ein Teil des Westens, wenn es nichts kostet. Freiheit ist hier kein Wert, für den man einstehen mag. In Polen weiß man das seit Jahrhunderten. Es wäre gut, wenn unser östlicher Nachbar daraus jetzt die Konsequenzen zieht und seine Leoparden an die Ukraine auch ohne eine Genehmigung aus Berlin liefert.“ (Stefan Laurin, ruhrbarone.de, 20.1.23)

Das anfängliche Zögern der Bundesregierung, den Leopard 2 („mächtigster Panzer des deutschen Heeres“, bild.de) zu exportieren, könnte auch damit zu tun haben, dass, würden viele der Tötungsmaschinen zerstört werden, der Ruf Deutschlands als Qualitätswaffenschmiede Schaden nehmen könnte. Olaf Scholz wirkte immer schon so, als sei er aus Rheinmetall gemacht.

Im Fernsehen sehr präsent: Generäle und andere Tötungsexperten.

Das hat nichts zu tun mit Verharmlosung: „Sie nennen es „Manifest für den Frieden“, diese beiden Frauen, und es handelt sich um exakt das Gegenteil: Es muss, aus jeder vernünftigen linken und emanzipatorischen Logik heraus, als „Manifest für die Unterwerfung“ bezeichnet werden, was die beiden Initiatorinnen Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer lanciert haben. (…) Sie (…) stellen sich offenbar den Krieg des Goliaths gegen David eher wie eine aus dem Ruder geratene Rauferei vor – da muss dann eben ein Stuhlkreis her. (…) Man mag sich kaum vorstellen, wie beide etwa 1943 über den Aufstand im nazieingehegten Ghetto von Warschau formuliert hätten.“ (Jan Feddersen, taz.de, 12.2.23)

Alles muss raus, zum Beispiel die F 16: „Wer will, dass die Ukraine den Krieg gewinnt und Russland vertreibt, muss dafür sein, dem Land auch Kampfflugzeuge zu liefern. Vor dem Einsatz von Panzern ist es wichtig, die Lufthoheit zu erringen. Sie sind sonst zu einfache Ziele für die feindliche Luftwaffe . Neben einer starken Luftabwehr sind Kampfflugzeuge dafür das beste Mittel der Wahl. (...) Natürlich sind Flugzeuge auch ideal dafür, um hinter der Front feindliche Ziele zu zerstören.“ (Stefan Laurin, ruhrbarone.de, 17.2.23)

Krawattenmann des Jahres, im Gepäck neue Waffen: „Biden, mit 80 Jahren nicht mehr der Jüngste, wirkt bei seiner Ankunft in Kiew nach einer Anreise von zehn Stunden Flug und einer anschließenden zehnstündigen Zugfahrt trotzdem wie aus dem Ei gepellt. (…) In seiner schwarzen Pilotenbrille, deren filigrane Bügel eindrucksvoll mit dem schneeweißen Haar des Präsidenten kontrastieren, spiegelt sich das Konterfei von Selenskyj. (...) Nur Vorvorgänger Obama legte bisher derart hollywoodreife Auftritte hin. Allerdings wusste der nicht um die Macht der Symbolkrawatte. (…) Durch das blütenweiße Hemd, auf dem die Krawatte ruht, gewinnen die majestätischen Farben zusätzlich an Strahlkraft. Eingerahmt von einem tiefschwarzen Mantel mit klassischem Reverskragen, wird die Krawatte zum wesentlichen Merkmal dieses geschichtsträchtigen Looks. (…) Mit seinem Auftritt signalisiert Biden Moskau, dass der Westen Kiew weiter souverän unterstützen wird. Sein Outfit trägt das seine dazu bei.“ (welt.de, 20.2.23)

Boomerpazifismus, mittlerweile gecancelt: Eine Meinung, und zwar die von Ralph Sina, WDR, zum 24.2.22ff. am 25.2.23: „Ich sprach damals von einem tiefen Einschnitt in der Nachkriegsgeschichte.“ Weil sie mittlerweile zur Vorkriegsgeschichte geworden ist? „Ich würde heute zum Beispiel den Wehrdienst nicht mehr verweigern.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass der Jahrgang 1955 noch zur Bundeswehr eingezogen wird, ist allerdings gering. „Frieden schaffen ohne Waffen (…) diese pazifistische Grundhaltung ist mir nach wie vor sympathisch (…), aber (…) angesichts Putins Vernichtungskriegs auch gefährlich naiv.“ Die Verwendung des Begriffs „Vernichtungskrieg“ zeigt an, dass da einer Lehren aus der Nazizeit gezogen hat, der Russe ist ihm der Wiedergänger des Deutschen: „Ich wünsche mir, dass eines Tages ein Putin-Nachfolger in Kiew vor dem Denkmal für ukrainische Soldaten niederkniet und um Entschuldigung bittet – so, wie es Willy Brandt 1970 in (…) Warschau gemacht hat.“ Aber erst einmal muss der Frieden mit mehr Waffen geschaffen werden: „Als ehemaliger Zivildienstleistender bin ich jetzt strikt dafür, dass die EU-Staaten gemeinsam der ukrainischen Armee so viele Waffen, Panzer und Munition wie möglich liefern. Russland kann nur durch militärische Gewalt gezwungen werden (…) zu verhandeln“, und wenn nicht, muss man halt sehen, was passiert. Wird schon schief gehen. Und sollte Deutschland in den Krieg ziehen, wird der Herr Sina als nun „ehemaliger Kriegsdienstverweigerer“ sich bestimmt freiwillig melden.

Hufeisen: „Historische Parallelen. Die deutsche "Friedenspropaganda" wurde auch von der Sowjetunion verbreitet. Vom Hitler-Stalin-Pakt bis zum deutschen Angriff 1941 beschuldigte sie die Westmächte der Kriegstreiberei. (...) Thomas Mann zu den deutschen "Friedensangeboten" von 1941 liest sich wie der Kommentar zum Tage: "Sie verlangen Frieden (..) Damit meinen sie: Unterwerfung. Die Legalisierung ihrer Verbrechen, die Hinnahme des Unerträglichen. Aber das ist nicht möglich." Hufeisen. Hufeisen und Nobelpreisträger. Immer gut, wenn man beide zur Hand hat. (Ralf Fücks auf twitter, https://twitter.com/fuecks, 25.2.23)

Gute Gründe gegen gute Gründe: „An jedem vierten Freitag nach Ostern konnten die Dänen bislang ausschlafen, statt zur Schule oder ins Büro zu gehen. Das ist 2024 vorbei; das Parlament hat den Feiertag bereits im Januar abgeschafft – unter großem Protest. Dänemarks Regierung will das an diesem Tag mehr erwirtschaftete Geld in den Verteidigungshaushalt stecken. Der Krieg in der Ukraine hat diesen unpopulären Schritt erzwungen. Diese Logik gilt auch für die Bundesrepublik. Hier ist die Lage aber eine andere. Die Forderung, mehr zu arbeiten, um mehr Geld in die Rüstung zu stecken, ist für die Deutschen, denen militärisches Denken und Handeln aus guten Gründen lange Zeit fern lag, schwer zu akzeptieren. Aber wir müssen darüber reden“, dass die Militarisierung und die Geschäfte derjenigen, die an ihr verdienen, es allemal wert sind, dass den armen Schweinen, bevor sie in den Schützengräben verrecken, zuvor noch ein Feiertag gestrichen wird. (welt.de, 05.05.2023)

Zum Abschluss auch einmal gute Nachrichten. Aus der FAZ, 25.2.23: „Warum die Börsen den Krieg besser als erwartet verkraftet haben.“ Vielleicht, weil sie den Krieg erwartet haben, in dem tote Soldaten keine Gelegenheit mehr haben, wieder auf die Beine zu kommen? Anders der Dax: „Der Dax hat sich über die Monate wieder berappelt“, und wer wissen will, was Christian Siedenbiedel weiß, nämlich „warum (…) die Aktienkurse in Deutschland jetzt höher als vor einem Jahr“ sind, obwohl „die Menschen in der Ukraine weiterhin (…) das Leid und den Schrecken dieses Kriegs (…) zu ertragen haben“, der zahle 1 € /Woche an die FAZ (statt 2,95, aber Achtung, das Angebot gilt „nur noch bis zum 27.2.23!“ ). Falls er es aber von mir wissen will, verrate ich ihm kostenlos, dass die Aktienkurse in Deutschland auch deswegen höher als vor einem Jahr sind, weil die Menschen in der Ukraine den Krieg zu ertragen haben.

FRIEDEN / Die Brötchen kosten drei Pfennig. / Der Brötchenmann wirft sie morgens in den Beutel / An meiner Tür. Eine Preissenkung / Ist in Aussicht.“ (Peter Hacks)

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Matt Elger

Matt Elger bewertete diesen Eintrag 31.05.2023 20:07:01

Aron Sperber

Aron Sperber bewertete diesen Eintrag 06.05.2023 13:01:59

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