Adolf reloaded! Über die Unterordnung des Hundes und die Dominanztheorie

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Haben Sie sich je gefragt, woher der Begriff "Unterordnung des Hundes" eigentlich stammt? Sie denken, es war Cesar Millan? Weit gefehlt. Millan ist ein Trittbrettfahrer, ein armes Würstchen, ein Niemand, von einem Schauspieler hochgeschoben in unerwartete Höhen. Allein er ist unschuldig, zumindest was die Abstammung des Begriffs Unterordnung betrifft.

Der Führer höchstpersönlich und dessen enge Freunde erschufen den Dominanzbegriff für dummgläubiges Volk.

Adolf reloaded! Er ist wieder da!

Das Volk ist offenbar nicht klüger geworden, wenn man sich umblickt in der Hundeszene. Man braucht gar nicht so weit schauen. Ein Blick auf die Gasse reicht um menschliche Gosse zu sehen. Denn die bedenklich große Mehrheit der Menschen glaubt immer noch an die Erziehung des Hundes durch totale Unterwerfung, also die klassische veraltete Dominanztheorie. Und gib ihm!

Schuld daran trägt nicht der Vorfahre des Hundes, der Wolf, der dadurch unabsichtlich zum Leidverursacher der Haushunde wurde. Dem man gerne die Schuld in die Pfoten schieben wollte, da bezugnehmend auf wölfisches Verhalten Hunde weltweit als dumme Wölfe hingestellt wurden (und werden!) und man sie auch so behandelt.

Klappt mal was nicht gleich mit dem gewünschten Verhalten, schon zieht man den Wolf als Beispiel heran. Was falsch ist.

Denn die Schuld stammt direkt aus dem Führerhauptquartier Adolf Hitlers, genauer gesagt von Franz Müller-Darß, Mitglied der NSDAP. Dieser legte in der Nazizeit eine steile Karriere hin und stieg 1936 direkt zum SS-Standartenführer im Stab von Heinrich Himmler auf, wo er als „Hundemüller“ seine Dienste nicht allein am Dienst für das deutsche Volk versah. Hundemüller wirkte auch eifrig im Dienst-, Militärhunde- und Jagdwesen mit, wo er seine selbst ausgedachten kruden Ideen über Hunde an Wachhunden, die in diversen Konzentrationslager als mannscharfe Killer einsetzbar sein mussten, umsetzte.

Diese Karriere allein sollte eigentlich ausreichen als Erklärung für die barbarische Brutalität und Unterwerfung eines Lebewesens.

Hundemüller tat sich eines schönen Tages mit Oberst Konrad Most zusammen und die beiden verfassten das Standardwerk der braunen deutschen Hundeszene, nämlich „Abrichten und Führen des Jagdhundes“, dessen inhaltlich kaum zu überbietender Schwachsinn sich unglaublicherweise direkt bis in die Gegenwart hartnäckig verbreitet hält. Sogar der gruselige mexikanische Einwanderer hat davon Wind bekommen.

John Bradshaw, einer der weltweit angesehensten Wissenschaftler und Forscher an der Universität in Bristol England, reagierte 2012 mit seinem Buch „Hundeverstand“ (Kynos Verlag; Auflage: 1., Auflage 2012) auf diese Theorie der „Dominanz“, die vor allem von Trainern und selbsternannten Experten weiter verbreitet wurde.

Auch er stellte fest, „dass man in diesen Kreisen der Meinung war und ist, der Hund sei ein Wesen, welches man permanent dominieren und unterdrücken müsse“ und erklärt, „dass „dominante“ Hunde in der Regel “ängstlich” und nicht “ehrgeizig” sind. Sie wollen nicht Menschen kontrollieren, sie wollen ihr eigenes Leben kontrollieren. Danach streben wir alle – die Kontrolle über unser eigenes Leben zu behalten, ist ein fundamentaler biologischer Drang… Sinn und Zweck eines Hundes als Haustier ist doch, dass er unser Freund wird, nicht unser Sklave. Bei meinen Recherchen fand ich heraus, dass dieser Trainingsansatz ursprünglich von Oberst Konrad Most stammte… Dieser hatte vor über 100 Jahren die Behauptung aufgestellt, dass ein Mensch einen Hund nur dann kontrollieren kann, wenn der Hund von der körperlichen Überlegenheit des Menschen überzeugt ist. Er leitete diese Idee aus den Berichten zeitgenössischer Biologen über wilde Wolfsrudel ab. Zu dieser Zeit glaubte man, dass jedes Rudel von einem einzigen Wolf dominiert wird, der die anderen Wölfe einzig und allein dadurch kontrolliert, dass er bei ihnen Furcht erzeugt.

Heute weiß man zum Glück längst, dass Wölfe im Familienverband leben und es keinen Alphawolf, keine Rangordnung und auch keine Unterwerfung gibt. Also einige wissen es.

So wie es aussieht, haben diese Erkenntnis aber höchstwahrscheinlich achtzig Prozent der Hundebesitzer noch immer nicht verinnerlicht oder wollen es schlicht und ergreifend einfach nicht glauben, wo doch die Dominanztheorie so viel plausibler klingt und von Millan das unschöne Herrenwort „Dominanz“ durch einen munteren, zeitgeistig nachhaltigen und modernen Terminus wie „Disziplin“ aufgefrischt wurde.

Ausführlich wurde dieses Wissen um den Familienverband der Wölfe von Dr. David Mech, Wissenschaftler des U.S. Geological Survey und Gründer und Vizevorsitzender des Internationalen Wolf Center beschrieben, der seit 50 Jahren über die Biologie der Wölfe forscht und mehrere Bücher und Artikel über sie veröffentlichte. Unter anderem veröffentlichte er 1999 den Artikel „Alphastatus, Dominanz und Arbeitsteilung im Wolfsrudel“ im Canadian Journal of Zoology um formell die Fehlinformation über den „Alphawolf“ in der wissenschaftlichen Literatur zu korrigieren. 2000 folgte der Artikel „Canis lupus, Packs“ in Canadian Field Naturalist“, in dem er noch genauer auf die Rolle der Elternwölfe in der Sozialstruktur des Rudels einging.

Zum falschen Terminus des Alphawolfs, den Dr. Mech irrtümlich selbst in die Welt setzte und nachträglich auch revidierte, der aber genau wie die Dominanztheorie in den Gehirnen der Menschen bis heute festgebrannt scheint, meinte er, „dass es gewöhnlich 20 Jahre dauert, bis neue wissenschaftliche Erkenntnisse, einschließlich medizinischer Durchbrüche, allgemeine Akzeptanz erlangen“.

Die Jahre sind nun aber längst um. Geändert hat sich hingegen nicht viel. Und gleiches scheint sich auch für das Dominanz-Konzept zu bewahrheiten. Die deutschen Erfinder der Dominanztheorie waren so erfolgreich in der weltweiten Verbreitung ihres Humbugs vom dominanten Hund, den es jedenfalls zu unterwerfen gab, auf dass er nicht die Weltherrschaft an sich reiße, dass er unausrottbar scheint.

Dass sich die These hartnäckig hält und weiterhin halten wird, davon zeugen noch heute allein die „Unterordnungskurse“ querfeldein durch sämtliche österreichische und deutsche Hundeschulen. Schauen Sie mal nach im Netz, wie viele selbsternannte Trainer auf ihrer Homepage von blauäugigen Huskys und der erlernten Beißhemmung ab der achten Woche plappern. Dort also wird Hundeführern gelehrt wie der Hase läuft in der Hundewelt.

Nicht zuletzt wurde das Thema Dominanz als unendliche Geschichte seit Jahren fleißig aufgewärmt und offensichtlich blinden Bürgern im Nachmittagsfernsehen als leichte Kost serviert.

Millan, der sich gerne als Retter aller aggressiven und „dominanten“ Hunde feiern lässt, (was eigentlich am Verstand sämtlicher Staatsbürger, die ihm zujubeln, zweifeln lässt), macht es möglich, dass die braunen Theorien von Most und Müller-Darß nachhaltig wirken konnten und ihre erfundenen Geschichten bis zum heutigen Tag in der Gebrauchshunde-, und Schutzhundeausbildung in sämtlichen Hundevereinen gültig sind.

Heute nennt man das Scharfmachen von Hunden durch Privatpersonen (oder solche mit online- Trainerdiplomen vulgo ohne Ausbildung) einfach Schutzhundesport. Das Ergebnis bleibt aber gleich, wenn Hunde ihre Zähne in gepolsterte Gliedmaßen schlagen sollen, ob man es nun „Mannschärfe“ oder Schutzhundesport nennt.

Zu dieser “Ausbildung” und ebenso freundlich als “Hundesport” verharmlost, gehören auch die vielgerühmten Unterordnungskurse (Teil eins bis unendlich), für die man nach nachweislich abgelegter Begleithundeprüfung in Österreich sogar vom Staat ein Jahr lang die verpflichtene Hundesteuer erlassen bekommt! Motto: Unsere Hunde müssen parieren!

Es reicht nämlich nicht, dass der Hund freudig neben seinem Menschen läuft, herbeikommt, wenn man ihn ruft oder sich hinsetzt, wenn man ihn dazu auffordert. Das wär ja auch zu einfach. Lasst es uns lieber kompliziert und möglichst brutal für das Tier machen!

Unterordnung, dieser unbedingte, blinde Gehorsam in mühsames Amtsdeutsch gepresst, schwer nachvollziehbar, veraltet und völlig unnötig. Aber ja doch, hier wiehert er wieder, der altbekannte österreichische Amtsschimmel der Bürokratie.

Menschen im 21. Jahrhundert wollen keine tierischen Freunde, sie wollen immer noch reine Befehlsempfänger. Heute mehr denn je, blickt man nur kurz auf die Kommentare und Aussagen der Millanistas.

Um schnelle und vollkommene Unterwerfung zu erreichen sind alle Mittel recht: vom verbotenen Stachel- und Kettenwürger bis zum verbotenen Stromschlag, den Jäger auch heute besonders gerne benutzen. Hunde zuhause anleinen, Hunde auf den Boden niederringen, Kommandos, Tritte, Schläge- wer kontrolliert das schon! Macht man am besten schon mit dem Welpen so, damit er sich rechtzeitig daran gewöhnt, dass Herrchen ein blödes gemeines Arschloch ist. Wem fällt das schon auf!

Nun fragt man sich, wieso moderne Menschen überhaupt auf dermaßen brutale, kranke, asoziale Theorien und Thesen kommen. Die Antwort kennen Sie ja bereits. Es waren die Überlieferungen der Nazis. Übertragen in die Gegenwart kann es da wohl nur noch sehr wenig erstaunen, dass sich die Dominanztheorie so beharrlich hält.

Was die Dominanztheorie und ihre Anhängerschaft an einem hochsensiblen Hund anrichten kann ist wohl mehr als klar. Sie richten ihn konsequent und zielstrebig zugrunde, während sie im selben Atemzug lächelnd von ihrer unendlich großen Tierliebe sprechen.

Abschließend bleibt nur noch zu erwähnen, dass auch Adolf Hitler seine Hunde abgöttisch liebte. Ob es nun Wolf, Prinz, Muck oder Blondi waren, die der Führer mehr schätzte als Menschenleben, sie alle bezahlten dafür einen hohen Preis.

Blondi wurde von Adolf gar so sehr geliebt, dass er sie lieber mit Zyankali vergiften ließ statt sie alleine zurückzulassen.

Aber nicht einmal dazu war er stark genug: "„Im Waschraum des Kanzlerbunkers öffnete Feldwebel Fritz Tornow Blondis Schnauze und Werner Haase zerdrückte mit einer Zange auf Blondis Zunge eine Zyankalikapsel. Blondi starb am selben Tag wie Adolf Hitler, ihre fünf Welpen starben kurze Zeit später.“

Sie wurden von den Alliierten erschossen.

Offensichtlich fürchtete man damals schon die Machtübernahme durch Hunde.

Darüber sollten Sie gründlichst nachdenken, bevor Sie jemals mit dem Gedanken spielen, Ihren Hund zwanghaft zu unterwerfen, nur weil es irgendein Trainer, Guru, Dog-Coach XY, Google oder die Nachbarin empfiehlt.

Herzlichst Bela Wolf,

Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist

www.tierarzt-wien.com/

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