Vergleich der Anzahl von Tatverdächtigen deutscher und nichtdeutscher Herkunft

1. Einleitung

In letzter Zeit liest man des Öfteren Nachrichten, laut deren Aussage deutsche Staatsbürger und Asylbewerber (bzw. ausländische Staatsbürger generell) gleich kriminell sein sollen. [1][2]

Dieser Artikel soll sich möglichst unvoreingenommen dieser Aussage widmen und mit Hilfe von aktuellen und öffentlich einsehbaren Daten einen Vergleich Tatverdächtiger mit verschiedenen Staatsbürgerschaften und Aufenthaltstiteln herstellen.

Zeit Online http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-11/bundeskriminalamt-fluechtlinge-deutsche-straftaten-vergleich

2. Datensatz & deskriptive Analyse

Um ein möglichst aktuelles und doch neutrales Bild erhalten zu können bezieht sich diese Untersuchung lediglich auf Daten des Bundesministerium des Inneren (BMI) aus dem Jahr 2015. Der vom BMI veröffentlichte Polizeireport (Version 5.0)[3] enthält auf Seite 70 eine Differenzierung nach Staatsbürgerschaft bzw. Zuwanderungsstatus der Tatverdächtigen und bietet daher ein zuverlässiges Instrument zur Analyse der Fragestellung.

Es ist hierbei zu beachten, dass es sich um Tatverdächtige handelt und nicht um verurteilte Täter. Es ist für den Einzelfall von einer Unschuldsvermutung auszugehen, was die Analyse von absoluten Täterzahlen erschwert. Da man aber von einer annähernd gleichen Verteilung im Verhältnis von Verdächtigen und verurteilten Tätern zwischen den verschiedenen Gruppen ausgehen kann, liefern die Daten ein solides Fundament für eine komparative Analyse, mit deren Hilfe das relative Risiko einer Gruppe straffällig zu werden, approximiert werden kann.

Das BMI veröffentlicht hierbei Daten zu verschiedenen Verbrechenskategorien, die allesamt um „ausländerrechtliche Verstöße“, also beispielsweise illegale Grenzübertritte, bereinigt sind.

Innerhalb der einzelnen Kategorien wird zwischen drei Gruppen unterschieden. Diese enthalten:

a) Deutsche Staatsbürger

b) Nichtdeutsche Staatsbürger

c) Zuwanderer

Wobei letztere eine Teilgruppe der Nichtdeutschen Staatsbürger darstellen und dort ebenfalls eingerechnet werden, was in der späteren Analyse berücksichtigt werden muss. Zuwanderer sind hierbei wie folgt definiert:

„Zuwanderer im Sinne dieser Darstellung sind tatverdächtige Personen mit Aufenthaltsstatus „Asylbewerber“, „Duldung“, „Kontingentflüchtling/Bürgerkriegsflüchtling“ und „unerlaubt““ (BMI Polizeistatistik 2015, Version 5.0, S. 5.).[3]

Die Rohdaten aus dem Polizeireport (S. 70) sind in nachfolgender Grafik zu finden:

http://www.directupload.net/file/d/4564/mvbwtsl7_png.htm

Da eine Analyse der Anteile einer Tatverdächtigengruppe an der Gesamtanzahl der Verbrechen ohne die Berücksichtigung ihres jeweiligen Anteils an der Bevölkerung nicht seriös wäre, muss dieser Anteil bei der Interpretation der Daten berücksichtigt werden.

Da die Daten des BMI sich auf das gesamte Jahr 2015 beziehen, werden zum Vergleich die Bevölkerungszahlen der verschiedenen Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland vom 31.12.2015 angelegt.

Die Gesamtbevölkerung Deutschlands zu diesem Zeitpunkt betrug laut destatis.de 82.175.700 [4], während die Anzahl von in Deutschland lebenden Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft von Statista mit 9.107.893 angegeben wird [5]. Davon sind insgesamt 1.450.868 nach Definition des BMI als Zuwanderer zu charakterisieren.

Diese Zahl ergibt sich aus folgenden Gruppen von als Zuwanderern definierten Migranten:[6]

Summe - Zuwanderer Gesamt

1.450.868

a) völkerrechtliche, humanitäre, politische Gründe

319.934

b) besondere Aufenthaltsrechte

91.686

c) EU -Recht, EU -Aufenthaltstitel/Freizügigkeitsbescheinigung

69.561

d) Duldung

155.103

e) Aufenthaltsgestattung

349.807

f) Ohne Aufenthaltstitel, Duldung oder Gestattung

464.777

Nimmt man großzügig aufgerundet einen Anteil von 12% nichtdeutscher Staatsbürger (9.107.893/82.175.700 = 11,08%) und einen Anteil von 2% Zuwanderern (1.450.868/82.175.700 = 1,77%) an und legt diesen in eine Grafik mit den Anteiligkeiten von nichtdeutschen und zugewanderten Tatverdächtigen, sollte sich ein ähnlich hoher Wert relativ zum eben berechneten Bevölkerungsanteil ergeben, falls die Kriminalität beider Gruppen in etwa so hoch wie die der deutschen Tatverdächtigen ist.

http://www.directupload.net/file/d/4564/3b68irxt_png.htm

Eine vorläufige grafische Betrachtung der Ergebnisse lässt mit Ausnahme der Tatbestände „Nötigung“ und „Sonstige Straftatbestände“ nicht den Schluss zu, dass Zuwanderer und nichtdeutsche Tatverdächtige ähnlich viele Verbrechen wie deutsche begehen. Da die hellrote (hellblaue) Linie in den meisten Kategorien weit unter der Länge der roten (blauen) Balken liegt ist davon auszugehen, dass Zuwanderer (nichtdeutsche Staatsbürger) unter den Tatverdächtigen weit überrepräsentiert sind, im Vergleich zu ihrem Anteil an allen in Deutschland lebenden Menschen. Dies wiederum würde zu dem Schluss führen, dass deutsche Tatverdächtige in den meisten Straftatbeständen klar unterrepräsentiert wären.

Um die ersten Ergebnisse zu verifizieren soll die Anzahl Tatverdächtiger zunächst auf die Größe der Population normalisiert werden. Hierzu werden die Tatverdächtigen pro 100.000 Personen der jeweiligen Gruppe ermittelt.

Hieraus ergeben sich folgende Daten, wobei den beiden Gruppen „Nichtdeutsche“ und „Zuwanderer“ zur besseren Auswertbarkeit ein Index zum Vergleich mit deutschen Tatverdächtigen nachgestellt wurde.

http://www.directupload.net/file/d/4564/qxrt4kir_png.htm

Es fällt auf, dass in nahezu allen Straftatbeständen die Tatverdächtigen pro 100.000 Einwohner in beiden ausländischen Gruppen signifikant stärker vertreten sind als ihre deutschen Pendants. Den geringsten Unterschied zwischen den Gruppen findet man, wie schon in der ersten Grafik ersichtlich beim Straftatbestand Nötigung, bei der nichtdeutsche Tatverdächtige mit einer um 61 Prozentpunkte und zugewanderte Tatverdächtige mit einer um 7 Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit gegenüber deutschen Tatverdächtigen angetroffen werden können.

Der größte Unterschied tritt bei den Taschendiebstählen auf, deren Deliktzahl allerdings insgesamt eher gering erscheint und daher eine nicht so hohe statistische Aussagekraft besitzen könnte. Dort sind Zuwanderer ca. 69 und nichtdeutsche etwa 25 Mal wahrscheinlicher tatverdächtig als deutsche Staatsbürger.

Mit am stärksten überrepräsentiert sind beide Gruppen ebenfalls bei Raubdelikten, Erschleichen von Leistungen und Diebstahl unter erschwerenden Umständen.

3. Ergebnisse und kritische Würdigung

Mit Hilfe der Polizeistatistik des BMI könnten wir die verbreitete Meinung, dass Flüchtlinge in Form von Zuwanderern bzw. nichtdeutsche Staatsbürger insgesamt genauso kriminell wie deutsche Staatsbürger wären, nicht bestätigen. Im Gegenteil sind beide Gruppen unter den Tatverdächtigen in den meisten Deliktskategorien gegenüber verdächtigten deutschen Staatsbürgern stark überrepräsentiert. Besonders stark sind die Unterschiede in der Kategorie „Taschendiebstahl“ und besonders schwach bei „Nötigungen“.

Es ist jedoch zu beachten, dass Variablen, wie beispielsweise Armut, Wohnort in sozialen Brennpunkten oder andere Faktoren eine verzerrende Wirkung besitzen könnten. So wäre es beispielsweise möglich, dass diese in den migrantischen Populationen stark überrepräsentierten und in der deutschen Gesamtpopulation unterrepräsentierten Gruppen das Bild verzerren und bei Bereinigung dieser Faktoren eine Veränderung des Ergebnisses herbeiführen.

Es bleibt also die Frage zu klären, ob die höhere Kriminalität von Zuwanderern teilweise durch die Herkunft und oder Kultur der Herkunftsländer erklärbar ist, oder doch stärker vom sozialen Status abhängt. Klar erscheint bei der Betrachtung der Ergebnisse jedoch, dass eine Steigerung der Zuwanderung, die aus den aktuellen Herkunftsländern und sozialen Milieus erfolgt ist, möglicherweise das Potential besitzt zu einer Steigerung der Kriminalitätsrate in Deutschland beizutragen.

Eine Wertung der aktuellen politischen Situation ist durch diesen Artikel nicht beabsichtigt, er dient lediglich zur Information und Richtigstellung der oftmals in den Medien falsch interpretierten Zahlen der Polizeistatistik 2015 zur Kriminalität von Zuwanderern.

ExcelDatei mit Rohdaten und Rechnungen zum verifizieren:

http://www.file-upload.net/download-12156579/Anteile_TV.xlsx.html

Quellen:

[1]http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-11/bundeskriminalamt-fluechtlinge-deutsche-straftaten-vergleich

[2]https://www.welt.de/politik/deutschland/article160112887/Die-Wahrheit-ueber-die-Kriminalitaet-von-Zuwanderern.html

[3]https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2016/pks-2015.pdf;jsessionid=7074D15193967F903209CAB609645F00.2_cid373?__blob=publicationFile

[4]https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Bevoelkerungsstand/Tabellen/Zensus_Geschlecht_Staatsangehoerigkeit.html;jsessionid=D323A45D2A9AA7378EAE114EE0CAC5B3.cae4

[5]https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1221/umfrage/anzahl-der-auslaender-in-deutschland-nach-herkunftsland/).

[6]https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/MigrationIntegration/AuslaendischeBevolkerung/Tabellen/AufenthaltsrechtlicherStatus.html

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yawn

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Spinnchen

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