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Wie die meisten von uns, habe auch ich das neue Jahr mit einem guten Vorsatz begonnen: meiner besseren Hälfte eine noch bessere zweite Hälfte zu werden. Und zwar, in dem ich sie jeden Samstag beim Einkaufen begleite. Und so tauche ich jetzt wöchentlich ein in die Welt der Hammer-Preise, Mega-Packs und Rabatt-Sammler.

Und wie ich da an einem Super-Sonder-Spitzen-Mega-Samstag so an der Kasse stehe, fällt mein Blick auf das Einkaufswagerl vor uns. Und der Anblick verstört mich etwas – und das liegt nicht an dem schokoladeverschmierten Kleinkind im Kindersitz. Es ist der Inhalt des Wagerls, der hauptsächlich für mein Unbehagen verantwortlich ist.

Denn egal, was die junge Mutter vom Wagerl auf das Förderband hievt – es mag sie und ihre Familie vor dem Hungertod bewahren, aber mit ausgewogener, gesunder Ernährung hat nichts davon zu tun. Da hätten wir das vitaminreiche Knuspermüsli, dann viele sogenannte „schnelle Gerichte“, ein Sixpack Softdrinks darf natürlich auch nicht fehlen, genau wie die gesunden Naschereien a la „Nimm2“ oder Kindermilchschnitten für die Kleinen und natürlich Fleisch, Fleisch, Fleisch. Das brauchen wir ja alle besonders dringend zum Überleben – in möglichst großen Mengen zum möglichst kleinen Preis.

Und wie ich da so stehe, frage ich mich: Wie konnte es so weit kommen? Warum glauben wir allen Ernstes, dass es Naschereien gibt, die gesund sind? Warum sind Online-Foren für junge Mütter voller Fragen, ab wann der Nachwuchs endlich mit einem Fruchtzwerg belohnt werden kann? Wie können wir uns einreden, dass ein Kilo Schweinefleisch um 3,99 Euro von einem beschaulichen Bauernhof kommt, auf dem das Schwein bis zu seinem Ende glücklich herumgetollt ist?

Da muss doch jemand schuld sein?

Na klar, die Werbung! Die redet uns doch ein, was wir brauchen und wollen! Uns willenlosen Bündeln Mensch. Uns, die wir zwar Kinder großziehen, wählen und Kaufverträge lesen können, aber nach dem Anblick eines einzigen Plakats zombiegleich in den nächsten Supermarkt strömen, um dort wie im Wahn zu shoppen. Das wollen wir doch alles gar nicht. Ohne die böse Werbung würden wir doch unsere Zeit nicht in Shopping-Centern verplempern, sondern mit einem guten Buch verbringen, Sport machen und endlich die zweite Fremdsprache lernen. Würden wir doch, oder?

Oder sind wir doch selber schuld? Durch unsere Faulheit und Ignoranz, die es uns möglich macht zuerst genussvoll ein Schnitzerl im Mittagsmenu um 4 Euro 90 zu verputzen, um nach der Rückkehr ins Büro empört ein Facebook-Posting zum Thema Massentierhaltung zu teilen.

Denn das Bizarre an der Situation ist, dass wir es hier ausnahmsweise wirklich selbst in der Hand haben. Der Lebensmittelmarkt ist der Prototyp von Angebot und Nachfrage. Solange der Konsument billigste Lebensmittel will, wird der Markt sie ihm bieten. Egal welche Konsequenzen es für die Bauern, die Tiere oder die Umwelt hat. Und natürlich auch egal, welche Folgen es für die Konsumenten – also uns alle hat. Denn die Zahlen sprechen hier eine deutliche Sprache: Jeder zweite Erwachsene und jedes fünfte Kind sind bereits übergewichtig. Kein Wunder, dass Diabetes Typ-2 – früher bekannt als Altersdiabetes – immer öfter bei Kindern diagnostiziert wird. Und im gleichen Maße, wie falsche Ernährung unsere Gesundheit belastet, belastet sie auch unser Gesundheitssystem. Was zur Folge hat, dass entweder die Lohnnebenkosten weiter steigen oder die Zwei-Klassen-Medizin endgültig zur Realität wird.

Wenn also die Bevölkerung zu schwach ist, gegen den inneren Schweinehund anzukämpfen, wo bleibt dann die Politik? Die ist ja sonst nicht weit, wenn es darum geht „lenkend“ einzugreifen. Tja, in diesem speziellen Fall bleibt es in allen davon betroffenen Ministerien verdächtig ruhig. Deshalb hier mein Vorschlag: Wie wäre es mit einer Mehrwertsteuer von 30 % auf Junkfood wie Cola, Steinofenpizza & Co? Und als Ausgleich 0 % Steuer auf Obst und Gemüse – vornehmlich in Bioqualität? Wahrscheinlich würde dann das Einkaufswagerl inklusive Kleinkind anders aussehen und viele Produkte würden nicht länger als Grundnahrungs-, sondern endlich wieder als Genussmittel gesehen werden.

Wenn ich so drüber nachdenke: Liebe Politik, das wäre doch mal ein guter Vorsatz fürs nächste Jahr!

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Andreas Dolezal

Andreas Dolezal bewertete diesen Eintrag 11.02.2016 10:11:22

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