Das Leben als Kunstform: Über die Soziologie des Ruhms (Teil 1)

Blog-Bild: Selbstporträt "Narzissus", Aktfotografie 2010 (Mehr auf https://www.facebook.com/TheArtofRobEagle und hier)

„Jeder Mensch ist ein Künstler.“ - Joseph Beuys

"Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben", so Pablo Picasso. Ich habe ja hier bereits sehr @andy-mcqueen für die Plattform "Fisch und Fleisch" verfasst, mich dabei immer wieder gerne versucht kreativ auszutoben und darunter über so unterschiedliche und teils kontroverse Themen wie Selbstverwirklichung, Weltverbesserung, schlechtem GewissenGlück, Selbstzweifel, der Wertschätzung für das Leben und dessen Kuriositäten, den Marktwert für moderne und sehr teure Kunstwerke, der Macht von Oberflächlichkeiten, als auch Gebiete wie Marketing, Popkultur, Performance-Kunst, sowie Toleranz und die Vernünftigkeit des Andersseins geschrieben. Oft haben die Postings bei den LeserInnen polarisiert. Nun möchte ich versuchen, auf all diese verschiedenen Bereiche zusammen nochmals indirekt einzugehen:

In einer Welt, die quasi von Wahlmöglichkeiten und Informationen nur so überflutet wird, fällt meist nur noch der auf, der sich selbst in Szene zu setzen weiß – Fähigkeiten alleine reichen oft nicht mehr aus, sie müssen auch sichtbar gemacht und inszeniert werden. Ob das einem nun gefällt oder nicht, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Ein zu geringes Selbstwertgefühl und die veralterte Idee, dass Selbstdarstellung moralisch verwerflich sei, verhindern meiner Meinung nach oft ein effektives Darstellen der eigenen Persönlichkeit, sowohl privat als auch beruflich. Meiner Ansicht nach besitzt jeder Mensch enorm viel Potential, aber nur die allerwenigsten scheinen es leider wirklich (vollkommen) auszuschöpfen...

„Wer interessieren will, muss provozieren.“ - Salvador Dalí

Skandale gibt es immer wieder in Kunst und Werbung. "Nur wer provoziert, wird gehört", heißt es - und die Motivation dahinter muss nicht zwangsläufig dumm und negativ sein: Provozieren kommt vom lateinischen pro-vocare, "hervorrufen" - und man kann nur hervor-rufen, was schon da ist. Intelligente Provokation bedeutet also das methodische, gezielte Hervorrufen einer bestimmten Reaktion oder einer bestimmten Verhaltensweise. Es geht NICHT um Provokation nur um der Provokation selbst willen, um bösartiges Beleidigen und Verletzen oder bloße "Verwitzung" etc. - es geht um das absichtsvolle Hervorrufen von Reaktionen, um einen Veränderungsprozess in Gang zu setzen.

Gesundes Selbstbewusstsein, nicht krankhafte Selbstverliebtheit

Selbstliebe lässt sich klar vom Egoismus oder Narzissmus unterscheiden, denn während ein Egoist nur an sich selbst denkt und dabei auch über Leichen geht, ist ein sich selbst liebender Mensch stets darum bemüht, sein Ich, seine Wünsche und Bedürfnisse mit seinem Umfeld in Einklang zu bringen. Narzissten geht der Eigennutz hingegen vor das Gemeinwohl; wenn sie lieben, dann nur, um selber geliebt zu werden - ein großer Unterschied. (Buch-Empfehlung dazu: "Die Narzissmusfalle: Anleitung zur Menschen- und Selbstkenntnis" von Reinhard Haller)

Wer noch mehr über den Unterschied zwischen "positivem" und "negativem" Narzissmus erfahren möchte, kann zum Beispiel im Netz hier darüber nachlesen.

Wenn du nicht an dich selbst glaubst, wer soll es sonst tun?

“Human beings are, necessarily, actors who cannot become something before they have pretended to be it; and they can be divided, not into the hypocritical and the sincere, but into the sane who know they are acting and the mad who do not.” – "The Age of Anxiety" (W. H. Auden)

Man muss an die Person glauben, die man werden möchte. Man muss vorgeben etwas zu sein, bevor man es ist, damit man überhaupt die Möglichkeit hat, es werden zu können. Dalí schrieb schon in seiner Autobiografie (frei übersetzt): "Hier ist mein Geheimnis: Wenn du das Genie lang genug spielst, dann wirst du auch eins!" Sprach aus ihm Arroganz und Überheblichkeit, oder vielleicht doch eine durchaus sinnvolle Strategie?

Produktive Egozentrik, effektives Marketing und Freiheit

“Nothing in this world can take the place of persistence. Talent will not; nothing is more common than unsuccessful people with talent. Genius will not; unrewarded genius is almost a proverb. Education will not; the world is full of educated derelicts. Persistence and determination alone are omnipotent. The slogan 'press on' has solved and always will solve the problems of the human race...” ~ Calvin Coolidge

Sieht man sich sympathische, richtig erfolgreiche Menschen an - z.B. Richard Branson, J. K. Rowling, Oprah Winfrey, Walt Disney, Steve Jobs und Co. - dann fällt eine große Gemeinsamkeit eindeutig auf: Intensive Hartnäckigkeit, Menschlich- und Herzlichkeit und die Treue zu sich selbst, allen Kritikern zum Trotz, machen sich auf Dauer bezahlt. Nicht aufzugeben und es immer und immer und immer wieder zu versuchen, allen Niederlagen zu trotzen und wirklich hart für seine Ziele und Träume zu arbeiten, ist der Schlüssel zum Erfolg.

Natürlich haben Ruhm und Erfolg auch viele Schattenseiten. "Man kann nicht die Butter und das Geld für die Butter haben", so Karl Lagerfeld. Viele können damit nicht umgehen. "Fame kills". Selbstzweifel aber auch. Es benötigt einen guten Selbsterhaltungstrieb, ein gutes Umfeld (Freunde, Familie...) und eine starke Psyche, damit man sich nicht zerstört oder von anderen zerstört wird. „Unser Charakter ist unser Schicksal“, sagte Oskar Werner in seinem letzten Interview. Er starb mit 61 Jahren an einem Herzinfakt als Folge seiner langjährigen Alkoholsucht.

"Exhibitonismus ist wie eine Droge, man will nach der ersten Erfahrung sofort die nächste Dosis", so Quentin Crisp. Wie oft hört man beispielsweise von Schauspielern und Bands die immer wieder ihr endgültiges Ende mit der Karriere ankündigen - und dann doch wieder mit einem "Comeback" zurückkehren. Süchtig nach Aufmerksamkeit und Bestätigung, aber auch einfach danach, sich selbst in irgendeiner Form auszudrücken - aber es ist ja nicht so, dass die anderen (Fans, Publikum usw.) davon nicht profitieren. Applaus für die Bühne z.B. ist mehr, als nur den Darstellern Aufmerksamkeit zu widmen - es ist der höfliche Ausdruck von Wertschätzung. Dankbarkeit für die Unterhaltung; Show-Business und Theater als Spiegel der Gesellschaft und um den Alltag entfliehen zu können. Man kann sich selbst transportieren, Eindruck schinden - Diskussionen provozieren, Gefühle emotional ausdrücken, der Welt einen Grund zum Drehen geben. Warum auch nicht? Wenn nicht wir, wer sonst?

Liest man Bücher wie "The Philosophy of Andy Warhol (From A to B & Back Again)", wird einem klar, dass der Kontext ebenso wichtig ist wie das Produkt oder die Leistung, die man bietet. Das eröffnet ungemein viele Möglichkeiten. So gesehen ist nicht nur jeder Mensch ein Künstler - auch alles andere kann Kunst sein, wenn man es dazu macht.

Ich fürchte ich habe für heute jetzt schon viel zu viel auf einmal geschrieben, aber ein zweiter Teil wird bald folgen, um alle Gedanken zufriedenstellend zu Ende zu bringen, das Positive und Negative zu analysieren und reflektieren und mit einem Fazit abzuschließen.

Ich verabschiede mich für heute, bis später!

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