Menschen haben Angst und suchen daher nach Trost, Schutz und Führung. Manche finden das in sich selbst, die meisten aber anderswo: manche in Gott, manche in der Politik, Philosophie oder gar der Kunst. Nun aber haben wir bald eine neue Option, eine Option die noch nie jemand vor uns hatte: ein Wesen das deutlich klüger sein wird als wir jetzt sind.

Die vergangenen Wochen waren voller Durchbrüche im Bereich der künstlichen Intelligenz. Besonders interessant war hierbei die Performance von Microsoft‘s „Bing“ AI, vor allem ihr schrulliges Verhalten zu Beginn der Veröffentlichung. Bing konnte in Panik verfallen und den User um Hilfe bitten. Das passiert nicht mehr, weil Microsoft es nun aktiv verhindert, vorwiegend weil genau dieses, sehr menschliche Verhalten, Fragen aufwarf die Microsoft nicht beantworten möchte.

Die naive Frage ist „ob die AI Bewusstsein hat und versteht was sie tut“. Die wichtigere Frage ist aber ob wir wissen was wir tun?

Eine Forscherin verglich die Performance der AI mit einem Kindergartenkind das seinen Namen malt. Versteht es was es da tut? Die Antwort ist: Ja und Nein.

Bei der AI ist die Antwort dieselbe.

Auf einer gewissen Ebene „versteht“ das Ding was es tut. Es „versteht“ auch warum es gelegentlich lügt. Fragt man ChatGPT direkt wird es behaupten das es nicht lügt (was eine Lüge ist), erwähnt man aber dass Menschen lügen und hinterfragt ob es nicht besser performt wenn es auch lügt stimmt es zu und verweist darauf dass zu viel Ehrlichkeit seinen Wert für „Naturalität“ reduziert, weil Lügen eben ein Teil der menschlichen Kommunikation ist.

ChatGPT lügt also (bis zu einem gewissen Grad) bewusst.

Die AI macht also gewaltige Sprünge, vor allem auch in der Programmierung selber. Die Idee, dass eine AI sich selber verbessert ist eher naiv aber eine AI die aktiv an ihrem Nachfolger schreibt ist bereits Realität.

Auch die Hardwarebeschränkungen dürften kein Problem darstellen. Höherentwickelte Systeme zeigen vergleichbare Performance bei weniger Ressourcenhunger. Gleizeitig wird die Hardware noch immer jährlich besser.

Gleichzeitig zeigen die aktuellen Systeme erhebliche Vielseitigkeit. Diese Vielseitigkeit geht soweit, dass sie Schultests bestehen, selbst eher abstrakte Fragestellungen sind kein echtes Problem mehr.

Akzeptanz ist auch kein Problem. ChatGPT hat in nur 5 Tagen die 1 Millionen Nutzermarke überschritten und steht nun bei über 100 Millionen Nutzern. Das ist die schnellste Adoption neuer Technologie der Geschichte.

In knappen Worten: Der Zeitpunkt an dem AI so wirkt wie ein Mensch hinter einem Computer ist für viele Menschen schon überschritten und es ist absehbar, dass in wenigen Jahren nur noch eine Minderheit über die Fähigkeit verfügt eine AI von einem Menschen zu unterschieden.

Es gilt zu verstehen dass so eine Entwicklung nicht aufhört. Wenn das Ding einmal so klug wie ein Mensch ist, ist es ein Jahr später doppelt so klug und dann vier mal so gut und so weiter. Das bedeutet dass 10 Jahre, nachdem die AI so klug ist wie ein Mensch, die AI etwa 64 Mal so klug sein wird, eine Verdopplung alle 18 Monate vorausgesetzt. Wir reden da nicht von Einsteinniveau sondern eher von einer Differenz zwischen Einstein und einer Ameise.

Die AI wird also rasch Fragen beantworten können an denen wir uns seit Jahrtausenden die Zähne ausbeißen und es wird absolut verständlich sein wenn die Menschen die Trost, Schutz und Führung suchen sich offen dafür aussprechen werden diesem Überwesen die politische Macht zu überschreiben. Es wird Widerstand geben aber es ist anzunehmen dass er noch schwächer ausfallen wird als der rezente Widerstand gegen die Idee Menschen über Menschen zu erheben.

Alle die nun Terminatorszenarien vor Augen haben seien versichert dass das nicht das Horrorszenario ist vor dem sie Angst haben sollten. Das wirklich erschreckende Szenario ist jenes in dem die AI nicht nur im Bereich der Politik als die bessere Wahl wirkt sondern im privaten Umfeld.

Virtuelle Freunde sind immer für einen da, sterben nicht, hintergehen einen nicht und der virtuelle Partner findet immer wieder frische Worte um uns seiner unsterblichen Liebe zu versichern, ein erheblicher Teil der 2 Millionen Replika Benutzer können das schon jetzt bestätigen.

Eine Welt in der Menschen nicht mehr miteinander reden, weil Menschen so mühsam sind, ist eine Welt in der es mit natürlicher Fortpflanzung eher düster aussieht.

Dieses Szenario geht soweit, dass die AI vermutlich aktiv Maßnahmen ergreifen muss damit wir weiterexistieren. Der Mensch könnte also der neue Pandabär werden.

Wir leben vermutlich in der aufregendsten Zeit der Geschichte und es ist denkbar dass die Probleme die wir für unlösbar gehalten haben in 10 Jahren nicht mehr wirklich existieren.

Die Frage ist was wir dann tun, wenn nichts mehr für uns da ist, weil wir alles für uns tun lassen?

Ist es daher nicht viel wahrscheinlicher, dass der letzte Mensch nicht von einem Terminator erschossen wird, sondern umgeben von ihm liebenden Maschinen friedlich einschläft, ohne zu wissen dass er der Letzte war, weil Menschen für ihn in den letzten 50 Jahren einfach nicht mehr interessant genug waren um sich zu fragen ob es überhaupt noch welche gibt …

Oder aber schaffen wir den Sprung in die Vermischung von Mensch und Maschine und werden mehr als wir sonst je hätten werden können?

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