Wie Woke und Bänker zusammenhängen

Eine der interessantesten Fragen der im aktuellen politischen Diskurs ist warum gerade die Banken, die Kathedralen des Kapitalismus, so aktiv an ESG arbeiten. Warum schmücken sich die Konzerne mit Regenbögen? Was hat sich geändert? Die Antwort ist entweder zum Lachen oder aber zum Weinen.

Aber fangen wir am Anfang an:

2008 bescherte uns einer der größten Bankkrisen der modernen Zeit und es dauerte nicht lange bis das praktisch jeder spürte. Im Gegensatz zu vorherigen Bankkrisen war man jetzt im Internetzeitalter und die Menschen mit den Protestschildern konnten etwas tun das vorher undenkbar war: sie konnten sich informieren gegen was sie überhaupt protestierten. Natürlich: der Einstieg war einfach: in der Krise wurden die Armen ärmer und die Reichen nicht. Das war unfair, das war gemein und der klassisch linke Slogan „eat the rich!“ wurde eben herumgebrüllt. Soweit, so normal.

Dann passierte aber etwas Ungewöhnliches: in Interviews wurden informierte Stimmen lauter und diese sagten gefährlich Dinge wie etwa dass die Konzerne mit Steuergeld „gerettet“ werden würden und das eine Umverteilung nach oben darstellen würde. Das aber war eine Gefahr für praktisch jeden der Lobbyisten beschäftigt. Der sehr lukrative Geldfluss vom Bürger über das Steuergeld und Subventionen hin in die Taschen derjenigen denen die Banken und Konzerne gehören und wichtiger noch: ihrer Verwalter, waren plötzlich in Gefahr. „Die Reichen“ als Feindbild ist für die Reichen kein Problem. Im Gegenteil. Solange das Volk glaubt, dass der Staat das Volk vor den Reichen, mittels Subventionierung und Bankenrettung schützt, rollt der Rubel. Wenn aber das System der Umverteilung in Frage gestellt wird ist dieses Geschäftsmodel aber in Gefahr.

Die gut Vernetzten wollen keinen echten Kapitalismus. Kapitalismus bedeutet Konkurrenz, und wer der schon oben ist will sich einem Wettbewerb stellen? Da kann man ja nur verlieren.

Es musste also ein anderes Feindbild her.

Fündig wurde man in einer Ideologie die, aufgrund ihrer Abstrusität, ein Schattendasein fristete: die Intersektionalität.

Diese basiert auf der Idee dass Unterdrückung nicht so eine einfache Sache ist wie Marx einst sagte. <Der Reiche> unterdrückt zwar <den Armen> aber zusätzlich unterdrückt <der Mann> <die Frau> und <der Hellhäutige> <den Dunkelhäutigen> und <der mit Beinen> <den ohne Beine> und der Star Trek Fan den Star Wars Fan. Oder umgekehrt, womöglicherweise, hier ist dann vermutlich noch Forschungsarbeit nötig. Diese Ideologie blüht in ihrer Fähigkeit zu verwirren auf wenn man sich fragt ob der <schwarze Mann mit Brille> von der <bisexuellen weißen Frau> unterdrückt wird oder ob es andersherum sei.

Man schoss also Geld in Richtung von Universitäten und hatte plötzlich Professoren die „wissenschaftlich erwiesen“ dass <die Bank die sich am Steuertopf bereicherte> zwar schon ein Problem war aber die Sache halt viel komplexer sei: Goldman Sachs sei zwar schon irgendwie ein Problem aber Joe Sixpack der in den Hügeln von Kentucky seine Frau verprügelt und keine Schwarzen mag könnte aber ein viel größeres Problem sein, vorwiegend weil er nichts gegen seinen Sexismus und Rassismus tat.

Die Firmen hingegen verpflichteten sich, getrieben von den Banken, sehr rasch zu Programmen um sich „zu verbessern“, der ESG Score tauchte plötzlich überall auf. Wenn jetzt eine große Bank oder ein großer Konzern sich „verbesserten“ indem sie eben bunte Flaggen aufhängten und Leute nach Hautfarbe einstellten waren sie plötzlich das kleinere Problem in der Gesellschaft, weil sie sich ja bemühten „gut“ und „virtuos“ zu sein.

Joe Sixpack hingegen war noch immer der gleiche besoffene Ungustl und daher plötzlich ein größeres Problem als der Konzern, die Bank und der Großinvestor die jetzt, aufgrund ihrer Virtuosität noch mehr Subventionen und Staatsaufträge erhielten.

Und plötzlich war nicht mehr Wallstreet der Feind sondern die Normalos die sich "nicht genug bemühten".

Ist das eine Verschwörungstheorie? Nur wenn Fernsehwerbung auch eine ist.

Was hier beschrieben wurde ist nichts anderes als eine geschickte Werbekampagne, keine Verschwörung.

Wenn Microsoft einer Universität tausend Kopien von Windows gratis zur Verfügung stellt dann tut das Konzern nicht um den jungen Menschen zu helfen sondern um sie auf ihr Produkt einzustimmen. Wenn man einen Lehrstuhl finanziert dann üblicherweise auch weil man langfristig damit was erreichen möchte.

Und es funktionierte. ESG überbesetzte sich in Profite. Wenn Filme einen diversen Cast vorzuweisen hatten konnte man kritische Kritiker als Istophoben bezeichnen und schon waren die anderen Kritiker nachsichtiger. Das führte zu guten Kritiken, das führte zu verkauften Kinotickets, das führte zu Profit. Und darum gehts halt am Ende des Tages.

Das funktionierte halt eben so lange bis den Kritikern keiner mehr etwas glaubte. Und jetzt dreht sich die Sache eben wieder.

Der Grund warum der größte Investor der Welt, Blackrock, ESG fördert ist eben keine verschwurbelte Verschwörung um irgendwie die Weltherrschaft an sich zu reißen. ESG wurde schlicht als ein Schutzschild erschaffen und zwar das beste das man sich vorstellen kann: ESG verteidigte die Konzerne nicht nur gegen die Linke sondern hielt die woke-Linke als Schild gegen die klassische Linke vor sich: Wer einen Konzern mit Regenbogenflagge kritisierte war ein Istophob und damit böse.

Der Konzern aber war womöglich nicht perfekt aber „tat wenigstens was für die wirklich wichtigen Probleme in der Welt“.

Woke war damit die vermutlich klügste Marketingkampagne der jüngeren Geschichte, erdacht von Wallstreet, für Banken und Konzerne.

Das Resultat der Sache ist dass die Kritik an den Machenschaften jetzt eben von einer anderen Seite hat kommen müssen und es ist nicht sonderlich verwunderlich dass nun Kritik am „crony capitalism“ aus der wirtschaftlich rechten Ecke laut wird und das Problem nun in wachsendem Umfang nicht mehr in den Konzernen liegt die den Staat bestechen um an Steuergeld zu kommen sondern im bestechlichen Staat gesehen wird.

Die Steuergeld –> Managergehaltpipeline ist also wieder in Gefahr und der Autor selber ist sehr gespannt wie die PR Experten und Wirtschaftspsychologen dieses Mal dem Volk Sand in die Augen werfen werden.

Woke war nur ein Meilenstein auf der immer gleichen Straße.

Das gilt es zu verstehen.

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