Immer mehr fällt im Alltag mit den Kindern auf, dass die Phantasie verloren geht. Wo verschwindet sie hin? Wieso läuft sie kreischend davon? Oder wäre sie noch da und wird einfach ausgesperrt?

In fiktive Welten versinken war für mich immer ein kleiner Rettungsanker. Wenn die Welt draußen vor dem Fenster triest, fad und uneinladend war, habe ich ein gutes Buch aufgeschlagen und bin in eine andere Welt, ein neues Universum, abgetaucht. Die Kunst zwischen den Zeilen zu verschwinden, mit den Protagonisten zu verschmelzen oder sich einfach aus der Realität zurückzuziehen, hatte etwas Befreiendes (wenn nicht sogar Berauschendes). Ich stelle immer mehr fest, dass Kinder dieses Zwischen-den-Zeilen lesen und das wirklich vertiefte Lesen verlernen. Sie blättern in Büchern, hoffen genügend Bilder zu finden, nicht zu viel Text und starren teilweise die Seiten an ohne wirklich darin zu lesen.

Graphic Novels und Comics sind wie immer am beliebtesten. Aber sie rauben den Kindern ihre Vorstellungskraft.

Wenn ich belletristische Literatur lese, will ich mir selbst vorstellen, wie die Personen und Handlungsorte im Buch aussehen. Wenn die Bücher gut geschrieben sind, kann man sich richtig "hineindenken" und im Kopf eine Welt erstehen lassen. Sollten diese Bücher dann einmal verfilmt werden (siehe Harry Potter und Co) kann man seine vorgestellten Bilder mit den Filmbildern vergleichen und Unterschiede feststellen. So etwas kennen neue Generationen nicht mehr. Denn in den Graphic Novels sind genügend Bilder und Grafiken von den Hauptpersonen und den Orten des Buches zu sehen, somit müssen sie sich nichts mehr selbst "ausdenken". Leichter zu lesen, vielleicht für die Leseanimation ganz geschickt - aber die Phantasie wird gekillt.

Das Abschaffen der Phantasie erkennt man auch an den heutigen Geschichten der Kinder. Viele suchen nach Rahmenvorgaben, wollen weniger Freiheit beim Schreiben - mehr vorgefertigte, formale Texte (Leserbriefe, Bewerbung, Beschreibungen, Bildgeschichten...), weniger kreatives, freies Schreiben.

Da sitzen sie vor dem Blatt Papier oder dem Heft und stellen immer wieder seufzend und kopfschüttelnd fest, dass ihnen absolut nichts einfällt und stellen die Frage an die Lehrpersonen: "Was kann ich/ soll ich schreiben?"

Aber die Welt eines Kindes sollte doch voller Phantasie sein! Abenteuer, Magie, Zauberwelten, Übernatürliches, Geheimnisvolles, Entdeckerreisen, Gruselgeschichten, Forscherberichte, Detektivspiele, Tagebücher uvm.

Phantasie - quo vadis?

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