Dieser Entschluss gehört zum journalistischen Ethos. Es gibt gewisse Grundlagen und Richtlinien, die auch für die Journalistinnen und Journalisten tabu sind. Aus einem guten Grund – auf lokalen bzw. regionalen Nachrichtenseiten wird des Öfteren von einem Rettungseinsatz bei Bahnübergängen berichtet. Einem Unfall auf einem Gleis, wenn man so will. Und dann? Nähere Informationen gibt es nicht – auch keinen Abdruck in ein überregionales Medium. Denn über Selbstmörder schreibt man nicht!

Am Wochenende des 10 – 12.April 2015 starben mindestens zwei Menschen in Oberösterreich, in dem sie ihr Leben beendeten und sich vor einen Zug warfen. Eine Person starb in Pinsdorf (Salzkammergut), eine andere Person in Marchtrenk (Zentralraum). Aber ob es sich bei diesen Personen um Männer, Frauen, Jugendliche usw. handelte, erfährt niemand. Nachrichtensperre, Abdrucksperre.

Bei Leserinnen und Lesern soll kein falsches Bild entstehen – die Medien wollen den Vorfall nicht vertuschen oder herunterspielen. Es ist ein tragischer Vorfall und es gibt trauernde Angehörige, die zurückbleiben mit vielen offenen Fragen. Und dennoch fährt keine Journalistin und kein Journalist für ein Interview aus. Sie berichten nicht darüber, weil sie es im Rahmen des Journalistenkodex nicht sollen/dürfen. Diese Nachrichtensperre hat aber einen guten Grund: Früher führten Massenmedien zu Massenbewegungen oder zu einer Beeinflussung von Massen. Man geht zwar heute nicht mehr davon aus, dass sich “Massen” den Selbstmördern anschließen, aber dennoch herrscht noch ein “Nachahmer”-Risiko. Aus diesem Grund werden Selbstmorde nicht in Zeitungen, Radiosendungen, Fernsehnachrichten etc. gebracht.

Der einzige Selbstmord, der bis vor kurzem die Nachrichtenwelt beherrschte, war der des Andreas L. Dieser durfte in den Nachrichten gebracht werden, denn der Co-Pilot der German Wings Maschine entschied sich, knapp 150 Menschen mit ihm in den Tod zu reißen!