In Bochum findet zu Beginn der Ruhrtriennale unter der Intendantin Stefanie Carp ein Déjà-vu-Erlebnis statt, dessen sich nur sehr wenige der Teilnehmer bewusst sind. Es geht um die Frage, ob Juden boykottiert werden dürfen und ob im postdemokratischen post(prä)faschistischen Deutschland zu einem Judenboykott aufgerufen werden kann. BDS bedeutet Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen und bezieht sich nur gegen Juden, offiziell sogar nur gegen Israel. Nach der neusten Antisemitismus-Definition, die auch in Deutschland gilt, fällt BDS unter Judenhass. Das ist der Intendantin nicht bewusst.

Die Intendantin Stefanie Carp lädt einige Künstler zur Ruhrtriennale ein, die der BDS-Bewegung angehören, also Antisemiten sind. Armin Laschet, der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, boykottiert deshalb die Ruhrtriennale, die das Land Nordrhein-Westfalen zum großen Teil bezahlt. Ein geschickter politischer Schachzug, der allen Seiten missfällt. Laschet will beweisen, dass man gegen Antisemitismus kämpfen kann, den man gleichzeitig mit Geld unterstützt.

Aufforderungen, Juden zu boykottieren, gibt es in Deutschland nicht erst seit Luther. Boykotte gibt es im Kaiserreich unter Wilhelm Zwo, in der Weimarer Republik, im Hitler-Reich und in der DDR. Selbst Willy Brandt versucht als deutscher Kanzel in der oben erwähnten Tradition den Judenstaat Israel in seiner schwersten Stunde zu boykottieren, glücklicherweise erfolglos. Das Déjà-vu-Erlebnis zieht die Chuzpe (März/April 1933) mit ein, dass man frei in Deutschland darüber diskutieren darf, ob man Juden schaden darf oder nicht. Offiziell ist der Aufruf zum Judenboykott heute in Deutschland verboten und strafbar. Trotzdem braucht niemand in Deutschland zu befürchten, gemaßregelt zu werden, wenn er/sie/es zu einem Judenboykott in oder außerhalb Deutschlands aufruft. In Schweden und in Großbritannien ist der Judenboykott Ehrensache und politisch korrekt. Deutschland hinkt auf Grund seiner Geschichte hinterher.

Kein Mensch ist verpflichtet, mit einem Juden Handel zu treiben. Der persönliche Judenboykott ist zulässig, da kaum fassbar. Ich gebe offen zu, keine türkischen Imbisse mehr zu betreten. Nicht weil es Türken gehört, sondern weil ich den Verzehr von Gammelfleisch ablehne. Schon der Gedanke an Döner löst einen Würgereiz aus. Ich boykottiere also Gammelfleisch und keine Türken. In der Konsequent sind beide dasselbe.

Auf offener Bühne und von Land NRW subventioniert wird in Bochum auf der Ruhrtriennale diskutiert, ob man Juden boykottieren darf: heute, nicht März/April 1933. Da in Deutschland der Angriff auf Juden noch heute niemanden aus dem Schlaf schreckt, muss ich einen unpassenden Vergleich wählen, in dem keine Juden vorkommen: Ist ein Aufruf, Neger zu klatschen oder Muslime im Mittelmeer zu ertränken in Deutschland statthaft? Nach der Logik der Ruhrtriennale trifft dies zu! Meiner Meinung nach sind selbst Überlegungen, ob man jemanden auf Grund seiner Hautfarbe oder seiner Religion den Tod wünschen darf, wert bestraft zu werden. Bis vor einigen Jahrzehnten heißt es: „Wehret den Anfängen!“. Doch das ist heute endgültig vorbei. Es ist in Deutschland statthaft, darüber zu diskutieren, wie man Juden schadet, und ob man dies freiwillig tun will.

Es hat für jüdische Bürger Deutschlands keinen Sinn, dies zu leugnen. Auch Juden dürfen sich am BDS beteiligen, wenn sie der Ansicht sind, dass niemand, auch kein Jude, ihnen vorschreiben darf, wie sie sich als Juden zu benehmen haben. Dennoch muss man einen solchen Juden kritisieren und ihn auffordern, das Judentum zu verlassen. Den Judenstaat Israel dürfen „jüdische“ Judenhasser sowieso nicht betreten. Ein gläubiger (nicht ein frommer!) Jude darf mit selbsthassenden Juden keinen Kontakt aufnehmen. Ansonsten wäre möglicherweise auch Hitler ein für Juden respektabler Nachkomme eines Juden, nach NS-Definition ein ¼-Jude! Und da Hitler wegen Mord und feigen Selbstmord niemals vor Gericht gestanden ist, wird man ihn bald politisch korrekt nur noch einen „vermutlichen“ Massenmörder nennen dürfen.

Nun dürfen sich Juden überlegen, was sie gegen Boykottaufrufe gegen sich unternehmen wollen. Dürfen Juden mit der selben Münze zurückschlagen. Wer seinen Shakespeare kennt, weiß die Antwort, die „Nein“ lautet. Selbstverständlich darf sich ein Jude auch nicht mit einem Angriff verteidigen. Die Antisemiten bestehen darauf, dass eine solche Handlung unjüdisch ist. Historistisch nachweisbar hat es gegen die Nazis einen jüdischen Widerstand gegeben. Da dies den Nazis, ihren Nachkommen und den Stolpersteinliebhabern unangenehm aufstößt, verzichten sogar Juden darauf, dies zu erwähnen.

Juden haben also spätestens seit der vom Land NRW gesponserten Ruhrtriennale in Bochum unter Stefanie Carp kein Recht, sich dagegen zu wehren, wenn man über Judenboykotte diskutiert und dazu auffordert. Es ist aber Juden erlaubt, sich darüber zu beschweren! Die Frage ist nur, bei wem.

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