Das Flüchtlingsheim ist ein Konzentrationslager

Die Dürener Zeitung DZ ist wie jeder Blog darauf angewiesen, Kommentare zuzulassen, die in Zeitungen als Leserbriefe durchgehen. Solange sich niemand persönlich durch Inhalte der Leserbriefe beleidigt fühlt, werden sie abgedruckt, um den Leser die Wichtigkeit zu vermitteln, die ihm nicht zukommt. Hier entsprechen Zeitungsleserbriefe den Blogkommentaren. Da wird in € gerechnet, dort in Klicks (und in €).

Aus Leserbriefen und aus Kommentaren erkennt man die politischen Einstellungen und geistigen Fähigkeiten der Leser, doch mehr noch die der Zeitungsredakteure und Blogger. Es gibt jedoch einen markanten Unterschied zwischen Zeitung und Blog: Was gedruckt wird bleibt auf Ewigkeit bestehen!

Nun zu dem überaus langen Leserbrief aus der DZ vom 2. März 2016, aus dem ich nur einen Ausschnitt zitiere, was ausreicht. Es handelt sich um die Flüchtlinge, die in einem Dorf in Sachsen von den Dorfbewohnern äußerst unfreundlich aufgenommen werden. Dabei wird ein Jugendlicher von einem Polizisten aus dem Bus in das Flüchtlingsheim gezerrt.

In dieselbe Kerbe schlägt der Chemnitzer Polizeipräsident, der ja nur die Flüchtlinge vor dem Pöbel schützen wollte, und deshalb musste leider etwas Gewalt gegen Flüchtlinge angewendet werden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière war auch dieser Meinung. Mit denselben Argumenten wurden Bürger in die Konzentrationslager verschleppt: Man wollte sie in Schutzhaft nehmen und vor der aufgebrachten Menge schützen.

Einem durchschnittlicher Mensch, der sich die Szene auf YouTube angesehen hat, wird der Vergleich mit der Zeit des Nationalsozialismus nicht in den Sinn kommen. Eher der Vergleich mit einer Demo, bei der einige Demonstranten von der Polizei mehr oder weniger unfreundlich weggeschleppt werden. An Letzterem werden sich sicherlich einige Leser erinnern, vor allem, wenn sie selber die Weggeschleppten gewesen sein sollten. Nun kann man von einem gesetzten Leserbriefschreiber, der sich in einer kleinbürgerlich-reaktionären Zeitung wichtig nimmt, nicht erwarten, dass er jemals als junger Mensch an einer Demonstration teilgenommen hat. Wahrscheinlich hat er schon damals CDU gewählt. (Bitte keine voreiligen Überlegungen anstellen, warum ich diese Zeitung lese!)

Der spießigen Leserbriefschreiber hingegen sieht einen Polizisten, der einen Flüchtling hart anpackt und denkt sofort an die GeStaPo. Man darf ihm eine gewisse Neigung zu dieser Organisation und der dazu passenden männlich-harten Zeit unterstellen, auch wenn er sie (leider) nicht bewusst miterlebt hat. Sein Brief klingt natürlich ganz anders, so als ob er diese Zeit und ihre Methoden verachtet. Doch auch ohne Psychologie studiert zu haben, weiß der Vernunftbegabte intuitiv und sofort: Hier haben wir es mit einem versteckten Anhänger einer Partei und ihres Führers zu tun, die es geschafft haben, den Staat Polen von Ost nach West zu verschieben. Das soll uns einer nachmachen!

Der Gedankengang wird durch die Tatsache bestärkt, dass der Leserbriefschreiber die DZ abonniert.

Die menschliche Psyche ist vielschichtig. Wir dürfen nicht die Gegenwart außer Acht lassen! Wenn wir den Leserbriefausschnitt erneut lesen, merken wir bald, dass der Leserbriefschreiber nicht nur die Polizei eines demokratische Staates mit der nationalsozialistischen GeStaPo vergleicht, sondern auch das Flüchtlingsheim mit einem KZ. Daraus können wir schließen, dass der Leserbriefschreiber noch nie ein KZ und noch nie ein Flüchtlingsheim von Innen betreten hat.

Nun ist ein Flüchtlingsheim kein Ort der Sehnsucht. Jeder normale Mensch zieht die eigene Doppelhaushälfte vor. Selbst wenn jemand zur Miete in einem lauten Hochhaus wohnt, würde ihm nicht einmal im Suff der Gedanke aufblitzen, morgens (oder mitten in der Nacht) in einem KZ aufzuwachen. Der Vergleich ist ungewöhnlich und könnte auf eine übergroße Phantasiebegabung schließen lassen. Doch auch hier muss man kein diplomierter Psychologe sein, um den tieferen, also wahren Grund des Vergleiches zu erkennen, der zur Psyche des Leserbriefschreibers an die DZ wie die Faust aufs Auge passt:

Der Leserbriefschreiber erfreut sich an den Gedanken, dass die Flüchtlinge in ein Konzentrationslager einziehen. Er wünscht ihnen, in einem KZ zu vegetieren. Ihm fehlt nur die Aufschrift am Flüchtlingsheim: Arbeit macht frei! Er hasst Flüchtlinge. Nicht sosehr weil sie Ausländer sind, sondern weil sie ihn an Juden erinnern, die ins KZ gehören.

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