Gute Freunde kann niemand trennen

Man weiß nicht so genau, ob die Regierungen, die mit dem Iran vor wenigen Tagen den grässlichen Atomdeal ausgehandelt haben, zumindest selbst ernsthaft daran glauben, dass sich die nuklearen Ambitionen des Regimes in Teheran mit der getroffenen Vereinbarung entscheidend einschränken lassen. Dafür weiß man umso besser, was das Abkommen in jedem Fall bewirken wird (und bewirken soll): die Beseitigung nahezu sämtlicher Einschränkungen beim Handel mit dem Iran und infolgedessen milliardenschwere Geschäfte für die beteiligten Unternehmen. Dass das der eigentliche Sinn und Zweck der Übereinkunft ist – und das politische Drumherum kaum mehr als eine moralische Beschwichtigung der Öffentlichkeit –, hat niemand deutlicher gemacht als der deutsche Wirtschaftsminister, Vizekanzler und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel.

Denn keiner hatte es so eilig, sich mit einer »Wirtschaftsdelegation« ins Flugzeug zu setzen und in die »Islamische Republik« zu jetten, um dort anzubahnen, worauf deutsche Unternehmen so lange verzichten mussten. Zwar ist das Abkommen noch von keiner Seite ratifiziert worden, und auch die UN-Sanktionen bleiben einstweilen in Kraft. Der Iran hat zudem klar gemacht, dass er zumindest seine militärischen Einrichtungen keineswegs inspizieren zu lassen gedenkt. Aber das alles stört Gabriel nicht im Geringsten, denn wichtig ist ihm ausschließlich, keine Zeit zu verlieren. Deutsche Unternehmer haben die Sanktionen ohnehin immer nur für lästig und überflüssig gehalten, den Deal haben sie deshalb geradezu herbeigesehnt, und nun kann es ihnen gar nicht schnell genug gehen – die internationale Konkurrenz schläft schließlich nicht.

Was aber ist mit dem Existenzrecht Israels, das von der Bundeskanzlerin als Teil der deutschen Staatsräson bezeichnet, vom iranischen Regime dagegen radikal negiert wird, zuletzt während des antisemitischen Quds-Marsches? Für Gabriel ist das etwas »von großer Bedeutung«, worüber man »in Respekt miteinander reden« solle. »Wirkliche Freundschaft«, sagte er im Beisein des iranischen Ölministers, »erweist sich dann, wenn man auch offen und partnerschaftlich und respektvoll über schwierige Themen sprechen kann«. Noch einmal zum Mitschreiben: Mit den »Freunden« ist das iranische Regime gemeint, der weltweit größte Finanzier des Terrorismus, während die Existenz des jüdischen Staates nicht etwa eine Conditio sine qua non ist, sondern vielmehr zu den »schwierigen Themen« zählt, über die man mit jenen, die diese Existenz auslöschen wollen, »partnerschaftlich« und »respektvoll« plaudern will. Doch nicht mal dieses Heranwanzen half: Der Iran wies Gabriel hier kategorisch zurück.

Hat diese neuerliche Kriegserklärung gegenüber Israel dazu geführt, dass der deutsche Wirtschaftsminister umgehend seine Wirtschaftsdelegation eingesammelt und den Heimweg angetreten hat? Selbstverständlich nicht, denn »Staatsräson« war in Bezug auf den jüdischen Staat nie etwas anderes als ein Synonym für Lippenbekenntnis. Und Gabriel setzte sogar noch einen drauf: Der Iran müsse, so forderte er allen Ernstes, zum »Stabilisierungsfaktor in der Region« und zum »Motor für friedliche Konfliktlösungen« werden. Genau jener Iran, der nicht nur die Vernichtung Israels anstrebt, sondern mit seinen immer zahlreicher werdenden kriegerischen Aktivitäten und direkten Einmischungen in Syrien, dem Irak, Bahrain, dem Libanon, den palästinensischen Gebieten und dem Jemen auch die gesamte Region destabilisiert und damit jede friedliche Konfliktlösung verhindert. Der Brandstifter soll also den Feuerwehrmann geben – fürwahr eine bahnbrechende Idee.

»Deutsche Unternehmen und die Bundesregierung stehen 70 Jahre nach dem Ende der Shoa in der ersten Reihe, um Geschäfte mit dem antisemitischen iranischen Regime zu machen«, brachte es das Bündnis Stop the Bomb in einem Aufruf zum Protest gegen Sigmar Gabriels Iranreise auf den Punkt. Inzwischen hat sich der SPD-Vorsitzende auch mit dem Parlamentssprecher und Holocaustleugner Ali Larijani sowie mit dem Präsidenten Hassan Rouhani getroffen, seit dessen Amtsantritt vor zwei Jahren bereits 1.900 Menschen im Iran hingerichtet wurden. All das geschieht selbstverständlich nur, um die Welt zu einem sichereren Ort zu machen, so hat schließlich auch der amerikanische Präsident Barack Obama seine Annäherung an das Regime begründet. Und wer wollte dessen Art von Friedenspolitik schon in Zweifel ziehen?

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Unplugged 1-Stein

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Silvia Jelincic

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