Aleksandar Golubović a.k.a. Kristijan a.k.a. Kiki

30. 11. 1969 – 20??

In den „Robotermärchen“ von Stanislaw Lem erfahren wir, wie die Märchen sind, die Maschinen ihren Kindern vor dem Schlafengehen erzählen. Aleksandar Golubović wäre zweifellos eine Figur aus Gangster-Märchen, die Verbrecher ihren Kindern vor dem Einschlafen erzählen. Wie alle Gute-Nacht-Geschichten beginnt auch diese mit dem Wort von dem, was ein Mal, vor (nicht allzu) langer Zeit (in München) geschieht. In dieser Stadt ist Golubović Senior – man ahnt es – ein freischaffender Krimineller. Eines Tages geht ein Überfall schief, ein Mann stirbt und Golubović Senior entkommt der Polizei ohne Beute. Doch er weiß, dass seine Flucht nur kurz währen kann. Spätestens bei Sonnenaufgang wird die Polizei an seine Türe klopfen, seine junge Frau aus dem Bett reißen und nach ihm fragen. Also geht der zum Raubmörder gewordene nach Hause, schläft noch ein letztes Mal mit seiner jungen Frau und erzählt ihr, was in wenigen Stunden geschehen wird. Als die Polizei vor der Türe steht, ist Golubović Senior bereit und lässt sich ohne Widerstand verhaften. Das Urteil ist lebenslange Haft. Mama Golubović schwört Stein und Bein, ihr kleiner Aleksander sei genau in dieser Nacht gezeugt worden. Wenn das wahr ist, kann ein Gangster-Märchen nicht schöner beginnen.

Doch es findet seine Fortsetzung in noch einem Detail mit der Qualität eines waschechten Omens. Dass Aleksandar von einem Verbrecher in seiner letzten Nacht in Freiheit gezeugt wird, ist bereits eine wunderbare Ouverture. Nun wird sie noch vom Akt der Taufe vervollständigt. Der Taufpate des kleinen Aleksandar ist ebenfalls ein Verbrecher, der damals bereits selbst Stoff für Legenden bietet: Ljubomir Magaš aka Ljuba Zemunac. Von so viel dunklem Odem angehaucht, kann das Leben des Golubović Junior nur noch eine Odyssee der Abwege sein. Und genauso, liebe Kinder, kommt es auch. Der kleine Aleksandar wird groß. Knapp über zwei Meter. Er wird auch stark. Allein seine Oberarme sind so Dick und groß, wie der Torso eines dicken Fünfjährigen. Diese Muskeln tragen einen Kopf, der nur eine einzige Idee hat: Ich bin ein Gangster! Mit der Umsetzung dieser Idee beginnt Aleksandar bereits als Teen in München. In Interviews sagt er später, die Švabe (abfällig für Deutsche (und Österreicher)) hätten Lektionen in Respekt dringend gebraucht. Diese Erziehungsmaßnahmen an Münchener Kids und ihre Folgen zwingen Aleksandar und seine Mutter zur Rückkehr nach Beograd.

In der Neubausiedlung „Braće Jerković", die nach einem heldenhaften Brüderpaar aus Partisanenzeiten benannt ist, wächst Aleksandar auf und bildet bald eine eigene Gang aus Jungs deren Tagesbeschäftigung in der Vergrößerung ihrer Muskelmasse und dem begehen gelegentlicher Gewalttätigkeiten besteht. Einer seiner besten Freunde ist Milorad Ulemek genannt „Legija“, später rechte Hand von Arkan bei seinen „Tigern“, noch später Kommandeur der Jedinica za specijalne operacije, JSO (Einheit für Spezialoperationen) der Staatssicherheit und einer der Organisatoren des tödlichen Attentats auf den serbischen Premier Zoran Đinđić. Golubović und "Legija" – damals wegen der Zementgewichte, die er selbst gießt, "Cema" genannt – stemmen gemeinsam mit anderen Jungs, die heftig werden wollen, Gewichte. Bis sie die größte Muskelansammlung in ihrer Gegend werden. Zwischendurch trainiert Aleksander auch Kickbox und wird ein Meister dieser Kampfsportart. Erste Erfahrungen sammelt die Gang mit einem Einbruch in ein großes Sportgeschäft. Zuvor sind es noch Kioske, die rasch und brutal aufgebrochen werden um anschließend die Zigaretten zu rauben. Beim Sportgeschäft hat man bereits die erste Stufe der Selbstorganisation erreicht. Es sollen hunderte Paar Markenschuhe und Sports-Wear erbeutet werden. Der erhoffte Profit beträgt Tausende von D-Mark. Und nicht wie bisher zwei bis drei Hundert. Doch das meiste geht schief, die Gang profitiert nicht und der einzige Bonus besteht darin, dass bald alle wieder in Freiheit sind. Der Mißerfog entmutigt Aleksandar und seine Jungs nicht. Im Gegenteil: Am 25 Februar 1990 erfindet Golubovic sich selbst als der wildeste der wilden Jungs von Beograd.

In dieser kalten Winternacht stürmen Aleksandar und seine Jungs schwerbewaffnet die belgrader Discotek Mažestik, die ein Treffpunkt der schicken, schönen Oberwelt, der kriminellen Unterwelt und der Zwischenwelt des Geheimdienstes ist. Der Auftritt der jungen Banditen ist ein Spektakel, das Beograd bis dahin so nicht kennt. Die Golubović-Bande ist entschlossen, einen ihrer Feinde, den man im Mažestik vermutet, öffentlich hinzurichten. Doch der Feind ist nicht unter den Anwesenden. So zwingen die wilden Jungs alle Gäste, darunter etliche etablierte Könige der Unterwelt, höhere Offiziere des Geheimdienstes und zahlreiche Schicki-Mickies zum Liegen auf dem Boden und erschießen die Bar, die Spiegel und fast alle Möbel. Diese Aktion schafft Golubović viele neue Freunde und gefährliche Feinde. Der gefährlichste unter den Feinden ist Arkan, der ihm lange nach dem Leben trachtet. Nach einer Vermittlung durch seinen Jugendfreund Milorad Ulemek „Legija“ wird der Streit beigelegt und die neuen Freunde sorgen für florierende Geschäfte.

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

2 Kommentare

Mehr von bogumil balkansky