2.000 Jahre Beziehungen von Kirche und Judentum

Heinrich Mussinghoff wird 1940 zu Anfang des II. Weltkrieges geboren. Er empfängt mit 20 Jahren die Priesterweihe in Münster/Westfalen. 1994 wird Heinrich Mussinghoff von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Aachen ernannt.

Seit 2006 ist Mussinghoff Vorsitzender der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz. 2015 nimmt Papst Franziskus Mussinghoffs Rücktritt an.

Das Buch besteht hauptsächlich aus Reden, die Heinrich Mussinghoff meist als Bischof gehalten hat. Sein Thema ist Rolle der katholischen Kirche im Kampf gegen den Judenhass.

Juden und Christen

von Heinrich Mussinghoff

dialogverlag Dezember 2020

ISBN-13 : 978-3944974545

224 Seiten 20 €

Seltsamerweise erwähnt der Autor, dass Rabbiner Juden sind.

Genesis 12, 1-2 lautet laut Mussinghoff: Ich will dich zu einem großen Stamm machen. Das hebräische Original lautet jedoch: Ich will dich zu einem großen Volk machen. Diese freie Interpretation der Bibel, die für Mussinghoff das Wort Gottes darstellt, lässt sich mit seinem Verhalten zum Judentum erklären. Er gibt sich als Freund der Juden, mit Ausnahme derer, die sich als Israelis (Zionisten) fühlen. Er unterscheidet zwischen Juden und jüdischen Israelis. Letztere dürfen kritisiert werden. Immerhin erkennt Mussinghoff, dass die Überwindung des Antisemitismus eine Lebensaufgabe der Katholischen Kirche ist.

Der Autor besteht darauf, dass das Christentum monotheistisch ist. Gemäß der jüdischen Propheten kritisiert er die Trennung von Religion und Ethik. Ein frommer Jude muss auch gerecht sein!

Der Bischof verlangt von wahren (katholischen) Christen, sich in die Politik zwischen Israel und den Palästinensern einzumischen. Er sei in dieser Frage neutral - aus Angst, dass zumindest die arabischen Muslime sich an den arabischen Christen rächen könnten, wenn sich die Katholische Kirche zu sehr sich auf Seiten des Judenstaates Israels stellt.

Auf Jesus Spuren. Die christliche Einmischung in Israel ist religiös, nicht politisch. Die Katholische Kirche ist für die Zwei-Staaten-Lösung, damit Israel kleiner und schwer zu verteidigen ist. Dieses Vorgehen soll den Frieden fördern! 2% der Bürger Israels sind Christen. In Deutschland sollen 0,25% der Bewohner Juden sein. Die meisten Christen im Nahen Osten sind pro-palästinensisch und antijüdisch aus Überzeugung oder aus Angst. Der Anteil der Juden in Deutschland nimmt wie der Anteil der Christen in Israel im Laufe der Zeit ab. Nach katholischem Ritus werden israelische Christen als Palästinenser betrachtet. Ob die „palästinensischen“ Christen mit den arabischen Muslimen in einem gemeinsamen Staat friedlich leben können, beantworten die Verhältnisse in Libanon. Nach derzeitiger Auffassung der Katholischen Kirche, handelt es sich im Nahen Osten um eine politische und nicht um eine religiöse Auseinandersetzung.

1938 verkündigt Papst Pius XI: Wir sind alle Semiten! Die zum Katholizismus übergetretene Jüdin Edith Stein lebt im Vatikan und wird von den Nazis als Jüdin umgebracht. Sie hat kaum Kenntnisse über das Judentum. Der nicht-orthodoxe Rabbiner Brandt erhält die Edith-Stein-Medaille. Schalom Ben Chorim: Der Glaube Jesu eint uns, der Glaube an Jesus trennt uns. Lange weigerte sich der Vatikan, Israel als Staat anzuerkennen. Als jüdischen Staat erkennt der Vatikan trotz der „gemeinsamen“ Geschichte Israel nicht an. 1947 findet der UN-Teilungsschluss statt. Der Vatikan braucht keine Stellung hierzu zu geben, da er nicht UN-Vollmitglied ist. Er ist in dieser Frage neutral. Der Vatikan fürchtet bei einer offiziellen Anerkennung Israels Racheakte der Araber im Nahen Osten gegen die Christen. Von einer Freundschaft zwischen Israel und dem Vatikan zu sprechen, ist bis heute unter Papst Franziskus falsch. Letztendlich ist eine „politische“ Normalisierung zwischen dem Katholizismus und dem Judentum nicht möglich, solange die Katholiken eine mögliche Rache der Araber und der Muslime an den Christen im Nahen Osten fürchten. Der Vatikan weiß, dass in jüdischen Israel eine Christenverfolgung ausgeschlossen ist. Trotzdem hat die Kirche keinerlei Probleme damit, den Antizionismus nicht mit dem Antisemitismus gleichzusetzen. Das antisemitische Kairos-Dokument palästinensischer Christen, die gewöhnlich nicht katholisch sind, und welches von deutschen Protestanten freundlich aufgenommen wird, ist nach Ansicht der Katholischen Kirche obsolet.

Der Gedanke des Autors: Damit „die Schoah sich nicht wiederholen soll, ...“ ist zu kurz gegriffen und wird auf Gott geschoben.

Die spätgeborenen Nachkommen der Schoah, ob Deutsche oder Christen, sind unschuldig. Schuldig sind (bisher) am Tod Jesus bis heute die Juden. Herkunft ist kein Schicksal. Falsch! Der christliche Antijudaismus bereitet den Boden für den Nationalsozialismus vor. Der Niedergang des christlichen Antijudaismus basiert auf die Schwäche des Christentums und auf die Schwäche der Kirche.

Die Schoah ist Teil Europas, den das Christentum nicht erst 1.000, sondern bereits 2.000 Jahre prägt. Es ist müßig, sich zu fragen, warum die Schoah im christlichen Europa stattgefunden hat. Bis zum heutigen Tag ist die Religion Quelle der Gewalt und nicht Quelle des Friedens. Der Satz „Kein Christ kann Antisemit sein“ soll in den Gedanken münden, dass es keinen christlichen Antisemitismus gebe, dass Judenhass unchristlich sei.

Das „biblische“ Alter beträgt bei Juden nicht 100, sondern 120 Jahre!

Die vatikanische Nostra Aetate schließt nicht nur Juden, sondern auch weitere Religionen und sogar Atheisten mit ein. Es findet ein intensiver Gedankenaustausch statt. Die Protestanten sind (bisher?) wohl nicht involviert. Nicht nur beim Islam lehnt die Katholische Kirche nichts ab, was den Religionen wahr und heilig ist. Mord und Judenhass möchte der Vatikan nicht unterstützen. Da die Juden treu zum Bund mit Gott ( der Gott der Juden ist identisch mit dem Gott der Christen, zumindest der der katholischen), ist eine katholische christliche Judenmission verboten! Zumindest derzeit wird sie nicht betrieben.

(Religiöse) Wahrheiten aus katholischer (X) und jüdischer (J) Sicht, die nach Ansicht der Katholischen Kirche sich nicht widersprechen:

X: Juden und Christen beten zum gleichen Gott.

J: Der jüdische Gott hat keinen Sohn.

X: Juden und Christen stützen sich auf die gleiche Bibel.

J: a) Es gibt christliche Bücher, die kein Teil der jüdischen Bibel sind.

b) An wichtigen stellen stimmen die Übersetzungen nicht überein.

X: Christen respektieren den jüdischen Anspruch auf das Land Israel (?)

X: Christen und Juden erkennen die moralischen Prinzipien der Thora an.

J: Die moralischen Prinzipien der Thora werden unterschiedlich gedeutet.

X: Der Nazismus war kein christliches Phänomen.

J: Der Nazismus entstand/entsteht auf dem Christentum.

X: Ein erneuertes Verhältnis zwischen Christen und Juden wird die jüdische Praxis nicht schwächen.

Sind mit Christen auch nicht-Katholiken gemeint?

Orthodoxe Juden in den USA betrachten die Katholiken als Partner. Beide Gruppe sind in den USA Minoritäten.

Weltweit werden Nicht-Katholiken aufgefordert, die katholische Sicht gegenüber Juden zu übernehmen: Kein Judenhass. Keine Judenmission. Weltverbesserung mit Juden, auch gegen den militanten/radikalen Islam.

Die Nazis haben die Juden ermordet. Doch der Holocaust bleibt für immer mit Deutschland verbunden. Was geschehen ist, war möglich. Somit ist es auch möglich, dass es wieder geschieht. Das Schweigen Gottes und das Schweigen der Menschen lastet über Auschwitz.

Halle und der misslungene Angriff auf die Synagoge am höchsten jüdischen Feiertag:

Aus jüdischer Sicht hat Gott eingegriffen und die Betenden beschützt.

Es reicht nicht aus, miteinander zu sprechen. Man muss auch etwas zu sagen haben.

Mussinghoff: Jerusalem kann überall sein, auch unser Aachener Dom ist Jerusalem. Gilt nicht für gläubige Juden.

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