Von gut gemeinten Ratschlägen und Verachtung für Kinder

Durch sie haben wir gelernt wie wir das Leben meistern können: Eltern. Von Geburt an begleitet, ahmen wir unbewusst deren Verhalten nach, beobachteten wie sie auf zwei Beinen stehen und gehen können, waren angewiesen auf das, was sie uns gefüttert haben, automatisch und selbstverständlich haben wir alles für gut empfunden. Das Vertrauen in alles was sie uns gaben, uns beibrachten, in Dinge welche man besser lassen sollte, war grenzenlos. Sie sind ja schließlich unsere Eltern und wollen immer nur das Beste für uns. Soweit, so gut. Doch irgendwann kommt der Punkt, wo Kinder groß werden, wo das Leben seine Weichen stellt, wie etwa eine neue Schule, ein Studium, eine Lehre, erste Liebschaften, oder wo sie aus dem mehr oder weniger behüteten Nest flüchten, um eigene Wege zu gehen. Solche Weichen erfordern besonderes Geschick von Eltern, um den Erwachsenen in Spe die letzten Schliffe für den weiteren Lebensweg mitzugeben. Mit viel Gefühl und Liebe sanft begleitend und lenkend sollte die Devise lauten. Eigene Erfahrungen machen zu dürfen ist wichtig für den Nachwuchs, sofern sie nicht harten Drogen verfallen oder im Begriff sind sonstige schwere Fehler zu machen. Gut gemeinte Ratschläge in so einer heiklen Phase des Lebens, die mehr als nur eine bestimmte Richtung vorgeben und schon fast wie eine Drohung ausgesprochen werden, können jedoch fatale Folgen auf das spätere Glück der geliebten „Greenhorns“ haben.

„Du musst einen Job machen, bei dem du viel verdienst, denn du musst später mal für deine eigene Familie sorgen können! Hör auf zu träumen, steh mit beiden Beinen auf dem Boden! Schau dir doch die anderen an, bei denen kannst du dir eine Scheibe abschneiden! Sei vernünftig, wie sollst du deinen späteren Kindern sonst ein Haus bieten können! Spare dir das Geld, gib es nicht für unnützes Zeug aus! Und nimm dir eine/n andere/n Freund/in, die/der ist doch nichts für dich, irgendwas gefällt mir an der/dem nicht, sie/er benimmt sich komisch!“

Kinder? Haus? So viel wie möglich verdienen, um das Geld für den imaginären „Zukunftstraum“ anhäufen zu können? Andere/r Freund/in? Mitten in der Phase der Jugend? Definitiv der Punkt, wo Eltern zu weit gehen. Ständig auf Vernunft und Haben gedrillt, werden sie nie das Gefühl, etwas Beweisen zu müssen loswerden. Die Adoleszenz ist eine Zeit der persönlichen Entwicklung, mit dem nötigen Feingefühl eine Richtung vorleben und vorgeben, ja. Aber die Zukunft und das Leben bestimmen- ein no-go sondergleichen! Nicht Rücksicht nehmend auf deren Wünsche, Bedürfnisse oder Träume werden Kinder nicht zu den Individuen, die sie eigentlich wären, wenn sie nicht fremdbestimmt behandelt worden wären. Den vorgegebenen Wünschen der Erziehungsberechtigten gehorchend, versuchen sie krampfhaft den aufgezwungenen Weg des elterlichen Stolzes zu wählen, oder anderenfalls Revoluzer-artig mit ach und Krach das komplette Gegenteil zu leben.

Ein differierendes Extrem elterlicher „Erziehung“ müssen Kinder ausbaden, die eine andere Form der Nicht-Wertschätzung mit auf den Weg bekommen haben. Wo die Sprösslinge als eine Art Anlaufstelle für Seelenschmerz der Mutter fungieren, während der Vater um die Häuser zieht und wenig- bis gar kein Interesse an Mutter und Kind zeigt. Wo dem eigenen Nachwuchs keine BEachtung, sondern nur VERachtung „geschenkt“ wird. Solche Kinder durchleben eine schreckliche Vergewaltigung der Seele, die sie schmerzlich auf dem weiteren Lebensweg begleiten wird. Auch sie werden später vermutlich ständig Wege der elterlichen Anerkennung wählen, in denen es nur darum geht, von Vater und Mutter endlich Akzeptanz und Wertschätzung zu erfahren. Werden kontinuierlich versuchen zu beweisen, dass sie tolle, funktionierende und vor allem liebenswerte Persönlichkeiten sind, die Liebe und Anerkennung verdient haben. Allerdings bezahlen jene das krampfhafte Streben nach elterlicher Anerkennung womöglich wiederum mit dem Preis der eigenen Träume und Wünsche.

Weil solche Kinder hart dafür arbeiten müssen, um zu den Gewinnern zu zählen, verlieren sie leicht die Beziehung zum Geschenk Leben. Doch wenn diese Menschen später eigene Kinder haben, werden sie im besten Fall sämtliche Dinge anders machen, dem Nachwuchs das geben, was in der eigenen Kindheit gefehlt hat: bedingungslose Liebe, Toleranz, Anerkennung, Wertschätzung, Zuwendung und Fürsorge.

chilis77

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mr_mir@live.de

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Andrea Walter

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