Seit geraumer Zeit schreibe ich nun über meine Erlebnisse rund um meine Krebserkrankung. Seit der Diagnose vor bald vier Jahren ist unheimlich viel passiert. Ich habe einen sehr langen Weg in ein neues Leben beschritten. Oft beschwerlich und schmerzhaft. Ich habe heute genug Abstand um rückblickend ohne bedrückenden Gefühlen darüber offen zu schreiben oder zu sprechen. Aber es gibt natürlich auch Erinnerungen an sehr intime Situationen, wo ich doch eine große Zurückhaltung verspüre. Eine sehr gute Bekannte aus der Salzburger Bloggerszene, die selber aus der Pflege kommt, hat mich nun doch ein wenig bestärkte auch über Tabus zu sprechen. Es gibt im Zusammenhang mit schweren Erkrankungen, eine Reihe von Themen, die nach wie vor öffentlich unbeachtet bleiben. Über Krebs und Sexualität habe ich hier schon einmal kurz berichtet. Es hat mich wirklich überrascht, wie groß die Resonanz zu diesem eigentlich sehr kurzen Artikel war.
Ein weitaus unangenehmerer Teil in so manchen Krankengeschichten, es muss sich ja nicht unbedingt um Krebs handeln, ist das Problem der Bettlägerigkeit. Die Vorstellung seine Liegestatt nicht verlassen zu können ist ohnedies schon sehr belastend. Man ist auf die Hilfe meist fremder Personen angewiesen. Besonders heikel wird die Situation, wenn es um körperliche Entleerung geht. Ich hatte die ersten Tage auf der Intensivstation und anschließend im Überwachungszimmer einen Katheder gelegt, so dass es mit dem Urinieren kein Problem gab. Mein Darm war vermutlich entleert oder so träge, dass ich nicht Gefahr lief auf die berühmte Schüssel zu müssen.
Erst in den Wochen während der Chemo/Strahlentherapie, als ich auf Grund einer sehr akuten Kachexie das Bett nicht mehr verlassen konnte, wurde die Blasen- und Darmentleerung zum wirklichen Spießrutenlauf. Anfangs konnte ich mit Unterstützung noch die drei Schritte bis zur Toilette bewältigen. Doch dann kam irgendwann diese ganz schreckliche Nacht, in der ich in Embryonalstellung in meinem Bett zusammengekauert lag und mich ganz langsam auf den Rücken drehte. Und plötzlich war es da, dieses fürchterlich unangenehme Gefühl an meinem Rücken oberhalb des Beckens. Warm, weich und feucht. Ich war damals in Dauerschmerztherapie und dementsprechend auch dauer eingenebelt. Es sind sicherlich einige Minuten vergangen, bis ich verifizieren konnte, dass ich tatsächlich in meinem eigenen Kot lag. Im wahrsten Sinne des Wortes angeschissen. Und dann dauerte es gefühlte Stunden bis ich fähig war wirklich den Schwesternknopf zu drücken. Ich war so beschämt, genierte mich bis in den letzten Winkel meines Körpers und fühlte mich total gedemütigt. Ich hatte sogar Schuldgefühle. Ich konnte damals ja kaum sprechen und habe der Nachtschwester nur ganz schwach mit der Hand Richtung Unterkörper gedeutet. Ich hatte tatsächlich darauf gewartet, dass ich für mein Verhalten gerügt werden würde, was natürlich absurd war. Erschwerend war auch der Umstand, dass ich in einem Zweibettzimmer lag und mit dieser vollkommenen Hilflosigkeit und dem Kontrollverlust über meinen Körper nicht wirklich zurechtkam.
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Ich war dann sehr erstaunt wie routiniert,professionell und ohne großes Ausehen die Schwester meine Panne beseitigte, denn ich hatte tatsächlich den Gedanken, dass meine Unpässlichkeit als Vergehen ausgelegt werden könnte. Ich musste dann über mehrere Tage gewindelt werden, denn mein Körper hatte keine Kontrolle mehr über die Ausscheidungen, an diesen Zustand konnte ich mich nicht im Entferntesten gewöhnen. Wenn ich heute daran zurückdenke, dann empfinde ich jetzt noch ein Gefühl von ausgeliefert sein und unglaublich viel Scham. Auch die Körperpflege durch fremde Hände an sehr intimen Stellen ist äußerst gewöhnungsbedürftig, selbst wenn die ausführende Kraft sehr wertschätzend und professionell vorgeht. Das waren grenzwertige Erfahrungen, die meine Achtung vor dem pflegenden Personal noch mehr gehoben haben.