Das Bild ging diese Woche um die Welt: Ein Känguruh hält ein zweites, sterbendes Känguruh in seinen Armen. Ein junges Känguruh steht neben den beiden und beobachtet die Szene. Die Bildunterschrift lautete in etwa: "Känguruh trauert um seine Begleiterin"- das Bild wurde millionenfach durch das Internet gepostet(ich gebe gerne zu, auch von mir), hoch emotionale Begleittexte wurden angefügt.

Zwei Tage später die Ernüchterung: Ein Wildbiologe meinte, es sei sehr wahrscheinlich, dass das sterbende Opfer im Rahmen eines Paarungsrituals getötet wurde. Das "trauernde" Känguruh sei vermutlich auch in Zusammenhang mit dem Tod des anderen Känguruhs zu bringen.

Was wir hier in Form eines viral verbreiteten Fotos erlebten war ein krasser Fall von Anthropomorphismus - dem Wunsch des Menschen Tieren menschenähnliche Eigenschaften und Wesenszüge zuzuordnen.

Liest man einige der Texte auf dieser Plattform kann man diese These bestätigen: Ob die Zahnspange für den Hund, das Altern des geliebten Haustieres, tragische Tierschicksale - es gibt nichts im Zusammenhang mit Tieren, worüber es sich nicht lohnt zu schreiben.

Wir fordern das Ende der Jagd, die russische Raumfahrt soll keine Tiere mehr ins Weltall schiessen - das Spektrum unseres Bemühens rund um unsere tierischen Begleiter ist schier unendlich.

Und fast immer werden Tiere in diesen Texten als sehr menschlich/menschenähnlich gezeichnet.

Das führt zur Frage, was uns zu diesen hoch emotionalen Handlungen bringt - ist es die Tatsache, dass Tiere im Vergleich zum Menschen einfach annähernd keine Möglichkeit haben sich zu verteidigen? Sind Tiere einfach direkter im Retournieren von Dankbarkeit, oder sind sie für viele von uns einfach auf Grund ihrer Optik und unserer Vorstellungen hinsichtlich ihres Verhaltens einfach die besseren Menschen?

Ich lese in letzter Zeit sehr viele Artikel zum Thema Tierleid und verwandten Thematiken - ich lese im Gegenzug sehr wenig über menschliches Leid das uns umgibt(und damit meine ich nicht nur Flüchtlinge). Keine Blogposts über Kinder am Rande der Armut, Kinderarbeit in den Schwellenländer, Altersarmut, usw - die möglichen Themen sind unzählbar.

Die gesunde Mitte im inhaltlichen Bemühen zu finden ist Schwerstarbeit - trotzdem sollte man nicht davor zurückschrecken.

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Julian Tumasewitsch Baranyan

Julian Tumasewitsch Baranyan bewertete diesen Eintrag 16.01.2016 19:23:42

dohle

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